Infektionskrankheiten können durch den Klimawandel mehr werden, warnt das Robert Koch-Institut.
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Ein Infektiologe an der Uniklinik in Frankfurt.

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RKI warnt: Klimawandel erhöht Risiko für Infektionskrankheiten

Wenn es um den Klimawandel geht, spricht das Robert Koch-Institut von der "größten Herausforderung für die Menschheit". Denn der Klimawandel birgt auch eine höhere Gefahr für Infektionskrankheiten.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Mehr Hautkrebs, mehr Allergien, mehr Hitzetote – Gefahren wie diese werden durch den Klimawandel mehr werden, sagt das Robert Koch-Institut (RKI) in einem neuen Bericht. Aber ein erhöhtes Risiko geht auch von Krankheitserregern aus. Der Grund dafür liegt laut RKI an der globalen Erwärmung: Heiße Sommer und anhaltend warme Herbste können auch in Deutschland zu höheren Wassertemperaturen von Seen und Meeren führen. Besonders Bakterien und Viren fühlen sich bei warmen Temperaturen wohl und vermehren sich stark. Aber nicht nur wärmere Temperaturen, sondern auch Unwetter lassen die Zahl von Infektionen steigen.

Krankheiten können sich vermehrt über Wasser verbreiten

Bei einer Infektion über Wasser auf den Menschen sind Wege dem RKI zufolge vielfältig. Wenn Menschen infiziertes Wasser trinken, Tröpfchen einatmen oder wenn Wasser verletzte Haut berührt: Legionellen, Vibrionen, Cyanobakterien oder nicht-tuberkulösen Mykobakterien führen zu Krankheiten mit zum Teil hoher Gefahr für die Gesundheit. Auch Erreger von Pilzkrankheiten vermehren sich durch den Klimawandel. Besonders betroffen sind grundsätzlich ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Vorerkrankung oder immungeschwächte Menschen.

Als ein Beispiel nennen die Autoren des RKI-Berichts Nicht-Cholera-Vibrionen: Diese Bakterien halten sich gerne in Salzwasser auf und kommen natürlicherweise im Meer vor, können sich aber auch in flachem Wasser bei erhöhter Temperatur stark vermehren. Bei einer Infektion können unterschiedliche Krankheitsbilder in Form von Magenschleimhautentzündungen, Wund- oder Ohrinfektionen entstehen, beim Einatmen von Meerwasser sind sogar Lungenentzündungen möglich.

Schon durch sehr kleine Wunden können diese Erreger in die Haut eindringen, sagte Mitautor des Berichts und RKI-Experte Klaus Stark der Deutschen Presse-Agentur. "Bei älteren Personen oder Personen mit geschwächtem Immunsystem können diese Infektionen zu schwersten Wundinfektionen oder schwersten Blutvergiftungen führen, die rasch mit Antibiotika behandelt werden müssen", so Stark. Wenn eine Behandlung nicht unmittelbar erfolge, könnten Menschen an der Infektion sterben.

Ostsee wird stärker von Vibrionen betroffen sein

Die Erreger der Nicht-Cholera-Vibrionen vermehren sich bereits ab zwölf Grad, besonders stark ab 20 Grad. Die Ostsee ist laut RKI besonders betroffen: "Eine Zunahme von Infektionen durch Nicht-Cholera-Vibrionen vor allem in den Küstengewässern der Ostsee ist mit fortschreitendem Klimawandel zu erwarten." Die RKI-Experten sprechen von derzeit 10 bis 20 Infektionen im Jahr in der Ostsee, die in Zukunft aber mehr werden. Eine Infektion durch Vibrionen kann, weil es sich um Bakterien handelt, aber mit Antibiotika behandeln kann. Das Beispiel Ostsee zeigt außerdem eine weitere Schwierigkeit auf: Wenn es wärmer ist, sind Menschen in ihrer Freizeit auch mehr an Seen und Meeren unterwegs. Dadurch kann es wiederum häufiger zu Infektionen kommen, so der RKI-Bericht.

Auch Legionärskrankheit kann häufiger auftreten

Auch die Legionärskrankheit kann sich laut RKI mit dem Klimawandel vermehren. Sie wird durch Legionellen, zum größten Teil der Spezies Legionella (L.) pneumophila, verursacht. Sie können sich in Wasser vermehren, das zum Beispiel über längere Zeit in Rohren steht. Legionellen können eine schwere Form der Lungenentzündung auslösen, wenn Menschen infizierte Tröpfchen einatmen. Das passiert beim Duschen, in Whirlpools oder durch Luft von Klimaanlagen. Das Trinken ist dagegen kein Problem.

Angesichts der steigenden Luft- und Bodentemperatur ist es dem RKI zufolge möglich, dass sich auch die Temperatur von Kaltwasser erhöht – und damit die Gefahr eines Legionellenbefalls in Haushalten. Auch warme, feuchte Wetterbedingungen können die Legionärskrankheit begünstigen, schreibt das RKI: "An Orten, wo der Klimawandel zu einem häufigeren Zusammentreffen von warmem und feuchtem Wetter führt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Inzidenz der Legionärskrankheit ansteigt und es gelegentlich auch zu ausbruchsartigen Fallhäufungen kommen kann." Außerdem diskutieren Wissenschaftler dem RKI zufolge, ob sich mit Legionellen infiziertes Wasser in Pfützen verbreiten könne. Fahren Autos durch die Pfützen, könnten Tröpfchen in die Luft wirbeln und eingeatmet werden.

Massenhaft Blaualge kann giftig sein

In Regionen wie Franken macht die Blaualge im Sommer bereits schon jetzt Ärger. Sie entsteht durch Cyanobakterien und auch sie mögen es warm. Entwickeln sich die Bakterien massenhaft, entstehen sichtbare Algenblüten. Als Folge können Badeseen gesperrt werden. Denn: Wer Wasser mit viel Blaualge trinkt, kann sich durch sie vergiften. Das Umweltbundesamt nennt Symptome wie Haut- und Schleimhautreizungen, Bindehautentzündungen und Ohrenschmerzen. Aber auch schwerwiegendere Beeinträchtigungen wie Übelkeit, Durchfall und Erbrechen, Gliederschmerzen und Atemwegserkrankungen.

Mehr Magendarm-Erkrankungen durch humanpathogene Viren

Bei Krankheiten, die durch humanpathogene Viren übertragen werden, sind dem RKI zufolge Extremwetterereignisse ein Problem. Zu dieser Kategorie zählen Noroviren, Rotaviren, Enteroviren sowie Hepatitis-A- und Hepatitis-E-Viren. Durch Unwetter können sie in Gewässer geschwemmt werden und das Wasser kontaminieren. Damit verschlechtert sich die hygienische Qualität des Wassers. Die Viren können sich im Wasser aber nicht vermehren.

Auch Resistenzen nehmen weiter zu: Antimikrobielle Resistenz gehört neben dem Klimawandel zu den zehn größten globalen Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit, schreibt das RKI. Das Institut verweist auf Studien, die eine Tendenz zeigten, dass auch der Klimawandel antibiotikaresistenten Bakterien durch Temperaturanstieg, Veränderung der Luftfeuchtigkeit und mehr Niederschlag verbreitet.

Mehr Infektionen bringen mehr Antibiotikaeinsätze

Dazu kommt auch, dass eventuell durch mehr Infektionskrankheiten mit Bakterien auch mehr Antibiotika eingesetzt werden. Das begünstigt wiederum Resistenzen für Antibiotika. Hier sagt das RKI, man wisse nicht, ob sich das auf alle Bakterien gleich auswirke, aber es werde ziemlich sicher zu einer Zunahme kommen.

Keine Panik, aber Risiko für vulnerable Gruppen geringhalten

Die Wissenschaftler warnen aber vor Panik. Es handle sich nicht um Massenausbrüche, wie bei Corona oder einer möglichen neuen Pandemie. Aber man müsse sich darauf einstellen, dass Infektionskrankheiten mehr werden. Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Ältere und Kinder ist es daher wichtig zu wissen, dass diese Gefahr besteht und von Gewässern ein Risiko ausgehen kann. Sie sollten nicht baden gehen, wenn sie Wunden und geschwächtes Immunsystem haben.

Klimaschutz ist Gesundheitsschutz

Um klimabedingte Gesundheitsrisiken für Menschen in Deutschland künftig zu verringern, ist es laut Elke Hertig, Mitautorin des Berichts, einerseits wichtig, dass die Bevölkerung auf den Klimawandel reagiert, unter anderem indem sie sich informiert oder etwa durch Impfungen schützt. Andererseits müsse versucht werden, die globale Erwärmung so gering wie möglich zu halten. Denn: "Klimaschutz ist der effektivste Gesundheitsschutz", erklärt die Wissenschaftlerin.

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