Ein Mitarbeiterin des Robert Koch-Instituts entnimmt während eines Fototermins nach einer Pressekonferenz zum Start der Studie "Corona-Monitoring lokal" dem Bürgermeister der Gemeinde Kupferzell, Christoph Spieles, einen Rachenabstrich. Der zeitweilige Corona-Hotspot Kupferzell war einer von vier Orten, an denen das RKI die Verbreitung des Coronavirus erforscht.
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Wie groß die Dunkelziffer in Corona-Hotspots ist, lässt sich nur durch aufwändige Massentests klären.

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RKI: Corona-Dunkelziffer in Kupferzell höher als erwartet

Im März war der baden-württembergische Ort Kupferzell ein Corona-Hotspot. Um herauszufinden, wie viele Menschen tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert waren, hat das Robert Koch-Institut über 2.000 Freiwillige auf das Virus getestet.

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Im baden-württembergischen Kupferzell hat das Robert Koch-Institut (RKI) fast vier Mal so viele Infektionen nachweisen können, wie bislang bekannt. Der Ort war im Mai als einer von vier Hotspots in Deutschland ausgemacht worden, bei dem mit Massentests die genaue Infektionszahl bestimmt werden sollte.

Dunkelziffer erfasst auch symptomlose Corona-Fälle

Weil viele Corona-Fälle mit nur wenigen oder sogar gar keinen Symptomen verlaufen, werden auch nicht alle Betroffenen getestet. Das bedeutet: Wahrscheinlich sind schon mehr Menschen in Deutschland mit dem Virus in Kontakt gekommen, als die bisherigen Testergebnisse nahelegen.

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"Corona-Monitoring lokal" heißt das Projekt des RKI, bei dem auch im bayerischen Bad Feilnbach Proben genommen wurden, diese Ergebnisse werden vielleicht schon Ende August vorgestellt. Hier will das RKI 2.000 Menschen testen.

Corona-Fälle nach Kirchenkonzert in Kupferzell

Mitte März gab es in Kupferzell 80 gemeldete Infektionen, am 20. Mai begann die Studie. Zu diesem Zeitpunkt waren es schon 111 bestätigte Fälle. Insgesamt wurden laut RKI 2.203 Erwachsene getestet, sie wurden zufällig ausgewählt und konnten freiwillig mitmachen. Bis zum 9. Juni wurden die Proben gesammelt.

Bei allen Teilnehmenden wurde zweierlei getestet: Einerseits, ob eine akute Infektion vorliegt. Dazu wurde ein Rachenabstrich vorgenommen und ein PCR-Test gemacht. Darüber hinaus wurde das Blut der Freiwilligen auch auf Antikörper untersucht. Die entstehen erst im Laufe der Erkrankung und bleiben auch noch eine Weile im Blut nachweisbar.

Frauen waren häufiger infiziert

Die Ergebnisse im einzelnen:

  • 7,7 Prozent der Freiwilligen hatten einen positiven Nachweis auf Antikörper, haben demnach die Infektion durchgemacht
  • im Verlauf der Studie war kein Teilnehmender akut erkrankt, die PCR-Tests waren also negativ, das Infektionsgeschehen zu Studienbeginn schon eingedämmt gewesen
  • bei Frauen (8,7 Prozent) wurden etwas häufiger als bei Männern (6,7 Prozent) Antikörper nachgewiesen
  • etwa 20 Prozent der Betroffenen hatten keine Symptome, gut 80 Prozent mindestens eines (zum Beispiel Fieber über 38°C, Atemnot, Schnupfen, Husten oder eine Geruchs- oder Geschmacksstörung)

Auffällig: Bei fast 30 Prozent der Erwachsenen mit einem positiven Test auf SARS-Cov-2 konnten keine Antikörper mehr nachgewiesen werden. Diese Teilnehmenden hatten in einem Fragebogen angegeben, dass sie schon unabhängig von der Studie einen Test gemacht hatten. Was das für eine Immunität vor der Krankheit Covid-19 bedeutet, ist noch unklar.

Vier Mal so viele mit SARS-Cov-2-Infizierte wie gedacht

Anhand der Daten konnten die Forscherinnen und Forscher des RKI auch die Dunkelziffer für Kupferzell berechnen: 3,9 Mal mehr Menschen waren mit dem Coronavirus infiziert, als bisher angenommen. Die Zahl ist spezifisch für Kupferzell, lässt sich nicht ohne weiteres auf andere Städte und Gemeinden übertragen, so die Projektleiterin des RKI, Claudia Santos-Hövener.

Auch die Zahl von 7,7 Prozent Infizierten im ehemaligen Hotspot Kupferzell reicht noch nicht aus, um eine Herdenimmunität vor der Krankheit zu gewährleisten. Dazu müssten 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung die Krankheit durchgemacht haben. Experten gehen davon aus, dass das nur mit einem Impfstoff gegen das Coronavirus erreicht werden kann. Bislang gibt es nur begrenzte Möglichkeiten, Menschen mit Covid-19 zu behandeln.

Bundesweite Studie geplant

Noch im August sollen die Ergebnisse aus Bad Feilnbach veröffentlicht werden, dann folgen noch zwei weitere lokale Studien. Alle haben nur eine begrenzte Aussagekraft, genau wie die Studie im nordrhein-westfälischen Gangelt bei Heinsberg. Darum plant das RKI auch eine deutschlandweite Studie. Dabei sollen rund 30.000 Menschen aus rund 14.000 Haushalten in allen Regionen Deutschlands teilnehmen.

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Mediziner im Labor
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Antikörperstudie: Warten auf erste Ergebnisse