Pandas genießen mehr Schutz als Regenwürmer, weil sie süßer aussehen.
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Der Weltbiodivesitätsrat IPBES warnt vor dem weltweiten Artensterben.

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Regenwurm gegen Panda - Artenschutz ist ungleich verteilt

130 Tier- und Pflanzenarten sterben aus - Tag für Tag. In Paris findet gerade die UN-Weltkonferenz zur Artenvielfalt statt. Die Delegierten wollen zumindest für einzelne Lebewesen das Überleben sichern.

Über dieses Thema berichtet: nano am .

Bis zu eine Million Tier- und Pflanzenarten drohen in den nächsten Jahrzehnten von der Erde zu verschwinden. Am Montag, 6. Mai, wird die Öffentlichkeit informiert: Der Weltbiodivesitätsrat IPBES wird die bisher fundierteste und umfassendste wissenschaftliche Bestandsaufnahme zum Zustand des Lebens auf unserem Planeten vorlegen: "Wir wissen, dass das ein kritischer Moment in der Menschheitsgeschichte ist", sagt die Generaldirektorin der Unesco, Audrey Azoulay.

Massensterben bei Pflanzen und Tieren ist kaum noch zu stoppen

Experten sprechen heutzutage vom größten Artensterben seit dem Ende der Dinosaurier. Dieses Massensterben lässt sich nicht so einfach aufhalten, auch weil immer mehr Menschen den Planeten besiedeln.

"Wir holzen zu viel Wald ab. Wir zerschneiden den Lebensraum von Pflanzen und Tieren mit Straßen, Schienen und Siedlungen. Wir überbeanspruchen Luft, Boden und Wasser. Wir drehen am Thermostat der Erde. Wir plündern die Weltmeere und müllen sie zu mit Plastik. Wir wildern, überfischen und beuten alles aus." Günter Mitlacher, Leiter Internationale Biodiversitätspolitik bei der Naturschutzorganisation WWF

Wichtige Arten fürs Ökosystem brauchen mehr Schutz

Ziel der 130 Delegierten in Paris, die aus aller Welt zusammengekommen sind, ist es, eine 10-Jahres-Strategie auf den Weg zu bringen, um das Artensterben abzumildern. Das wird nicht in allen Bereichen gelingen. Also geht es nun darum auszuloten, welche Tiere und Pflanzen fürs biologische Gleichgewicht und für den Fortbestand des Planeten besonders wichtig sind.

"Ich glaube, dass wir uns weltweit auf einige Arten beschränken sollten, deren Funktionalität wir kennen oder auf Ökosysteme, in denen diese Arten so interagieren, dass wir damit wesentliche Elemente der Biodiversität schützen können." Andreas Bürkert, Agrarökologe an der Universität Kassel

Artenschutz muss sich am Ökosystem orientieren

Laut einer US-Studie lassen sich Entscheider beim Artenschutz manchmal nicht allein von der ökologischen Bedeutung einer Spezies leiten. Sie setzen sich eher für süße Pandas als für glitschige Regenwürmer ein. Das spiegelt sich auch in den Roten Listen bedrohter Arten wider.

"Spinnen, Maden, Ratten und Schlangen etwa sind äußerst nützliche Tiere - aber beim Artenschutz fällt kaum Augenmerk auf sie. Arten wie der Regenwurm wirken eher wie primitive Außerirdische als Tiere, mit denen ein Mensch sich identifizieren kann." Hal Herzog, emeritierter Professor für Psychologie an der US-Universität Western Carolina

Zuschauermagnet: Pandas, Nashörner und Elefanten

Außerdem spielen große Säugetiere mehr Geld ein als Asseln oder Ratten. In Delfinarien und Nationalparks zahlen Besucher viel Geld, um beispielsweise Nashörner, Koalas oder Elefanten sehen zu können. Mit diesen Einnahmen lassen sich die Tiere auch schützen. Dagegen lassen sich, so Christo Fabricius, Systemökologe bei der Naturschutzorganisation WWF, "Reptilien nicht so gut verkaufen".

Artenschwund bedroht die Menschheit ähnlich wie der Klimawandel

Besonders bedroht sind Insekten. Es gibt heute 80 Prozent weniger als noch vor 30 Jahren. Aber viele Insekten hätten schlicht keine "Lobby", klagt der Präsident des französischen Rechercheverbunds für Biodiversität, Jean-François Silvain. Auch aussterbende Mikroorganismen, Pilze oder Farne spielen im öffentlichen Bewusstsein kaum eine Rolle.

Viele Experten sind sich einig, dass der Artenschwund bei Tieren und Pflanzen den selben Stellenwert hat wie der Klimawandel. Sie rufen die Weltgemeinschaft auf, rasch zu handeln, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.