Ausgetrocknete Viehweiden stehen hinter den Weinbergen der Hallburg in der gleißenden Mittagssonne im Sommer 2022
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Ausgetrocknete Viehweiden stehen hinter den Weinbergen der Hallburg in der gleißenden Mittagssonne im Sommer 2022.

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Klimawandel in Bayern: Droht ein neuer Dürresommer?

Hitzewellen und Dürren kommen durch den Klimawandel jetzt öfter auf uns zu. Für Bayern zeichnen die Langzeitberechnungen führender internationaler Forschungsinstitutionen in diesem Jahr ein dunkles Bild. Genaue Vorhersagen gibt es aber noch nicht.

Der langfristige Erwärmungstrend ist unbestritten - im Unterschied zu den "Nebenwirkungen", die unter den Experten lebhaft und durchaus kontrovers diskutiert werden: Nehmen mit den Temperaturen auch Extremwetterereignisse zu? Zumindest bei den Hitzewellen und Sommerdürren zeichnet sich mehr und mehr ein Konsens ab, der beunruhigt.

Heißere Sommer sind zu erwarten

Die Mehrheit der Klimaforscher sieht für die nächsten Jahrzehnte eine zunehmende Hitze- und Dürregefährdung. Und das gleich in dreifacher Hinsicht: Häufigkeit, Intensität und Andauer dieser Extremwettersituationen sollen zunehmen.

Bereits die vergangenen Jahre machten mit ihren häufigen Hitzewellen deutlich, wohin die Reise geht. Der vergangene Sommer brachte Teilen Europas eine Rekordglut, wie sie zuvor noch nie erlebt wurde. 40 Grad registrierten die Wetterdienste nicht nur in England, sondern auch in Deutschland bis hoch nach Hamburg. Auch die erfahrensten Meteorologen hätten zuvor eine Gluthitze in Regionen, die für ihr gemäßigtes Klima bekannt sind, für unmöglich gehalten.

Schnee fungierte bisher als Notdepot fürs Wasser

Dieser Winter war, wie auch viele Winter zuvor, zu mild und zu schneearm. Außerdem fiel in etwa 90 Prozent West- und Südeuropas samt Alpenraum zu wenig Regen. In den Alpen liegt so wenig Schnee wie schon lange nicht mehr in einem Spätwinter.

Das Wasserdefizit im Boden zusammen mit dem Schneemangel in den Bergen ist besonders für Regionen wie Bayern in puncto Dürregefahr eine tickende Zeitbombe. Der Schnee, der im Frühjahr schmilzt und mit seinem abfließenden Schmelzwasser Flüsse und Grundwasser auffüllt, fungiert als eine Art Ausfallsicherung im Falle fehlender Niederschläge.

Auch der Grundwasserspiegel sinkt immer weiter ab

In unserem Land kommt hinzu, dass die Böden nicht nur im oberen Stockwerk unter einem Wassermangel leiden. Auch in der Tiefe, von wo wir unser Grundwasser beziehen und das für Haushalt (Trinkwasser) und Industrie besonders wichtig ist, nimmt das Wasserdefizit zu beziehungsweise der Grundwasserspiegel sinkt immer weiter ab.

Diesen Wassermangel gibt es schon seit Längerem. Wer sich die im Internet jedem zugänglichen Trendkurven des Niedrigwasser-Informationsdienstes Bayern anschaut, muss erschrecken. Die Trendkurven an den meisten Messstellen kennen seit Jahren nur eine Richtung: nach unten.

Lage in Norditalien besonders kritisch

In Frankreich und Norditalien sieht es derzeit noch ernster aus. Besonders die Wasserversorgung Oberitaliens hängt ganz wesentlich vom Wasser ab, das im Winter im Schnee der Südalpen gespeichert ist und das im Frühjahr und Sommer als Schmelzwasser den Flüssen und Feldern in den Tälern und der Po-Ebene zugute kommt.

Dieses natürliche Reservoir ist durch die derzeit extreme Schneearmut nur noch ein Schatten seiner selbst. Knapp 70 Prozent beträgt das Defizit des in den Alpen im Schnee gespeicherten Wassers. Der aktuelle Wasserspiegel des Gardasees liegt bei 45 Zentimeter - normal für den Spätwinter wären Werte nahe 100 Zentimeter.

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Wasserstand Gardasee. Aktuell, verglichen mit früheren Jahren

Sirmione am Gardasee im Februar 2023. Dürrealarm: Am Gardasee droht Rekordtiefwasser.
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Sirmione am Gardasee im Februar 2023. Dürrealarm: Am Gardasee droht Rekordtiefwasser.

So wäre es in diesem Jahr in Westeuropa samt Alpenraum mit südlichem Mitteleuropa bis nach Norditalien besonders fatal, sollten auch Frühjahr und Sommer deutlich zu trocken ausfallen. Der meteorologisch bedingte Wassermangel kann dann nicht annähernd durch das Wasser der Schneeschmelze aufgefangen werden und der erhöhte Bewässerungsbedarf auf den Feldern würde den defizitären Trend im Grundwasserbereich verschärfen.

Langzeitprognosen haben sich verbessert

Bekanntlich sinkt die Qualität von Wetterprognosen deutlich, wenn es um einen Zeithorizont jenseits von sieben bis zehn Tagen geht. Andererseits arbeiten Wissenschaftler intensiv an der Verbesserung sogenannter Langfristvorhersagen. Und es gibt da auch schon bescheidene Erfolge zu vermelden - sofern die Ansprüche an diese Prognosen regional-zeitlich nicht zu detailliert sind und man nur wissen möchte, ob es eher wahrscheinlich oder eher unwahrscheinlich ist, dass bestimmte Monate oder Jahreszeiten zu kalt/warm oder zu trocken/nass ausfallen werden.

Im Folgenden eine Zusammenfassung der Ergebnisse aktueller Langfristberechnungen führender internationaler Forschungsinstitutionen für Bayern (Regenmenge/Temperatur):

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Langfristberechnungen für Bayern (Regenmenge/Temperatur)

Für den August dramatische Dürre zu befürchten

Insgesamt stehen die Zeichen wegen der erwarteten Überwärmung der Luft - die eine erhöhte Wasserverdunstung des Bodens zur Folge hat - auf eine Fortdauer der Trockenheit in Bayern bis in den Hochsommer hinein. Besonders kritisch mit Blick auf die Austrockung des Bodens ist eine Kombi aus zu wenig Regen und übernormalen Temperaturen. Eine solche Konstellation wird für die Sommermonate eher erwartet als für April und Mai. Vor allem für den August dieses Jahres zeichnet sich auf Grundlage der aktuellen Berechnungen eine dramatische Disposition zur Dürre ab.

Die Ergebnisse sind unter dem Vorbehalt zu sehen, dass die Jahreszeitenprognosen noch in den Kinderschuhen stecken. Auch hat eine im Spätwinter berechnete Sommerprognose natürlich nicht die Sicherheit einer später erstellten Prognose. Mit großer Spannung werden deshalb die Ergebnisse der Rechenläufe erwartet, die Anfang April neu gestartet werden.

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