Gut zweieinhalb Wochen ist die neue Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in Kraft, in der neue Verkehrsregeln und härtere Strafen etwa für zu schnelles Fahren gesetzlich festgelegt sind.
Doch dagegen gibt es Proteste, wie zum Beispiel eine Petition mit dem Titel "Führerschein-Falle der StVO-Novelle rückgängig machen", die mehr als 135.000 Unterstützer hat. Konkret geht es darum, dass nun schon ein Monat Fahrverbot droht, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt oder außerorts 26 km/h.
Nun will Scheuer die verschärften Regelungen zu Fahrverboten bei zu schnellem Fahren zurücknehmen. Der Bundesverkehrsminister teilte mit, dass er auf die Länder zugehen und vorgeschlagen werde, dass künftig kein Monat Fahrverbot mehr drohe - dafür solle das Bußgeld leicht erhöht werden.
Die Regelungen der neuen Straßenverkehrs-Ordnung im Überblick
Problemfall Rettungsgasse
Immer wieder haben Rettungskräfte damit zu kämpfen, dass Autofahrer im Falle eines Staus keine Rettungsgasse bilden. Durch die Rettungsgasse sollen Notärzte, Feuerwehr und Polizei zu einer Unfallstelle kommen können, auch wenn der Verkehr stockt. Wenn Autofahrer keine Rettungsgasse bilden, wurde das bisher mit einem Bußgeld von 200 bis 320 Euro und einem Punkt in Flensburg geahndet. Nun kommt ein weiterer Punkt hinzu. Außerdem droht ein Monat Fahrverbot nun auch, wenn keine konkrete Gefahr oder Behinderung vorliegt.
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Autofahrer, die sich an den Krankenwagen dranhängen, werden zukünftig bestraft.
Missbrauch der Rettungsgasse
Künftig können auch die Autofahrer kräftig zur Kasse gebeten werden, die eine Rettungsgasse unerlaubt nutzen und sich zum Beispiel an Fahrzeuge der Rettungskräfte dranhängen. In diesem Fall drohen ebenfalls Bußgelder zwischen 200 und 320 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot. Autofahrer, die durch die Rettungsgasse fahren, um den Stau zu vermeiden, sorgen immer wieder für Empörung.
Weitere Geldbußen
Außerdem werden besonders bei fehlerhaften Abbiegevorgängen oder wenn beim Ein- bzw. Aussteigen die Sorgfaltspflicht verletzt wird die Geldbußen verdoppelt.
Die Änderungen in der Straßenverkehrsordnung in Bildern
Parken und Halten in zweiter Reihe, auf Radweg und Schutzstreifen
Nur mal schnell etwas aus der Reinigung abholen - das kann zukünftig teuer werden. Unzulässiges Halten eines Fahrzeugs in zweiter Reihe, verbotswidriges Parken auf Geh- und Radwegen und das nun unerlaubte Halten auf Schutzstreifen kostet ein Bußgeld von bis zu 100 Euro. Bisher lagen die Bußgelder bei mindestens 15 Euro. Wenn Fahrradfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden, eine Sachbeschädigung erfolgt oder das Parken länger als eine Stunde dauert, kommt ein Punkt in Flensburg hinzu, so das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).
Hier darf nicht mehr gehalten werden
Schwerbehindertenparkplatz: Falsch Parken wird teurer
Wer unberechtigt auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz parkt, muss statt 35 künftig 55 Euro bezahlen.
Parkplatz für E-Fahrzeuge
Außerdem wird ein neuer Tatbestand für das unberechtigte Parken auf einem Parkplatz für Elektroautos eingeführt: Das Verwarngeld beträgt hier 55 Euro.
Abstand beim Parken vor Kreuzungen mit Radwegen
Wenn neben der Straße ein Radweg verläuft, gilt beim Parken an Kreuzungen und Einmündungen künftig: Autos müssen einen Abstand von bis zu je 8 Metern von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten oder bis zu je 5 Metern vom Beginn der Eckausrundung einhalten. Diese Regel greift, wenn der Radweg durch ein Schild als "benutzungspflichtig" gekennzeichnet ist.
Halt- und Parkverstoß
Der allgemeine Halt- und Parkverstoß kostet jetzt bis zu 25 Euro statt bisher bis zu 15 Euro.
Parken in Kurven
Rechtswidriges Parken an engen oder unübersichtlichen Straßenstellen oder im Bereich einer scharfen Kurve kostet zukünftig 35 statt bisher 15 Euro.
Blitzer-Apps werden verboten
Bisher eine juristische Grauzone, wird auch das Thema jetzt klar geregelt: Blitzer-Apps, die Autofahrer vor Blitzern warnen, sollen verboten werden. Wird ein Autofahrer dabei erwischt, dass er eine App benutzt, droht ein Bußgeld von 75 Euro und ein Punkt in Flensburg.
Höhere Strafen für Raser
Innerorts droht Rasern künftig ein Monat Fahrverbot, nämlich schon, wenn sie 21 Kilometer pro Stunde schneller sind als erlaubt. Außerorts liegt die Grenze bei 26 Kilometer pro Stunde.
"Auto-Poser" werden zur Kasse gebeten
Auch unnötige Lärm- und Abgasbelästigung, sogenanntes "Auto-Posing", wird teurer - künftig könnten statt 20 Euro bis zu 100 Euro fällig werden.
Parkplätze für Carsharing-Fahrzeuge
Ein neues Sinnbild soll das Parken für Carsharing-Fahrzeuge erleichtern. Professionelle Anbieter müssen bei Benutzung eine Plakette sichtbar hinter der Windschutzscheibe liegen.
Freigabe von Busspur wurde abgelehnt
Vorgesehen war von der Bundesregierung auch die Freigabe von Busspuren für Pkw mit mindestens drei Insassen. Dies wiederum hatte zu Debatten geführt, ob dadurch der ÖPNV ausgebremst werden könnte. Der Bundesrat zeigte sich mit der Freigabe nun nicht einverstanden. Dafür wird jetzt ein Sinnbild für "mehrfachbesetzte Personenkraftwagen" eingeführt. Dieses können Straßenverkehrsbehörden fortan beispielsweise für die Durchführung von Verkehrsversuchen verwenden.
Hier die neuen Verkehrsschilder und Sinnbilder im Überblick:
Das wird für die Radfahrer gemacht
Radfahrer leben im Straßenverkehr häufig gefährlich. Deswegen sind gerade für sie einige Veränderungen eingeplant, die ihnen das Leben erleichtern und das Fahren im Straßenverkehr sicherer machen sollen.
Abstand halten beim Überholen
Aus einem "ausreichenden Seitenabstand" wird jetzt eine klar definierte Abstandsgröße: Kraftfahrzeuge, die Fußgänger, Radfahrer etc. überholen, müssen innerorts mindestens 1,5 Meter und außerorts sogar 2 Meter Abstand halten.
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Innerorts muss der Abstand 1,5 Meter betragen.
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Außerhalb von Ortschaften muss der Abstand beim vorbeifahren 2 Meter betragen.
Rechtsabbiegen in Schrittgeschwindigkeit
Kraftfahrzeuge wie Busse oder Lastwagen, die über 3,5 Tonnen wiegen, müssen ihr Tempo beim Rechtsabbiegen auf Schrittgeschwindigkeit (7 bis 11 km/h) drosseln. Das soll für mehr Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger sorgen. Wer dagegen verstößt, soll mit 70 Euro belangt werden und bekommt einen Punkt in Flensburg.
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Wagen über 3,5 Tonnen dürfen nur noch in Schrittgeschwindigkeit um die Rechtskurve.
Grüner Abbiegepfeil für Radfahrer
Der grüne Pfeil, der Autofahrern das Rechtsabbiegen erlaubt, soll auch für Radfahrer gelten, die von einem Radweg aus rechts abbiegen wollen. Zudem wird es einen gesonderten Grünpfeil nur für Radfahrer geben.
Schutzstreifen – Halten verboten
Auf einer Straße mit Schutzstreifen grenzt eine gestrichelte Linie den Rad- und Autoverkehr voneinander ab. Bisher war es erlaubt, dass Autos auf diesen Schutzstreifen bis zu drei Minuten halten durften. Das ist zukünftig verboten, sodass Fahrradfahrer nicht mehr blockiert werden können.
Eigene Fahrradzonen
Vergleichbar mit den Tempo 30-Zonen sollen zukünftig auch Fahrradzonen eingerichtet werden können, die sich an den Regeln der Fahrradstraßen orientieren sollen. Hier gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und der Radverkehr darf nicht behindert oder gefährdet werden. Ebenso ist es Elektrokleinstfahrzeugen erlaubt, hier zu fahren. Die Straßenverkehrsbehörden können Fahrradzonen unter erleichterten Voraussetzungen anordnen.
Nebeneinander zu fahren ist erlaubt
Wenn die Fahrradfahrer den Verkehr nicht behindern, dürfen sie auch nebeneinander fahren.
Personenbeförderung auf Fahrrädern
Personen dürfen auf Fahrrädern mitgenommen werden, wenn diese zur Personenbeförderung gebaut und eingerichtet sind und der Fahrzeugführende mindestens 16 Jahre alt ist.
Extra Verkehrsschilder für Lastenfahrräder
Für Lastenfahrräder wird ein eigenes Schild eingeführt, um für sie Parkflächen und Ladezonen freizuhalten.
Schild: Überholen verboten
Ein neues Verkehrsschild kann Kraftfahrzeugen das Überholen von Fahrrädern oder Motorrädern (einspurigen Fahrzeugen) an Engstellen verbieten.
Öffnung von Einbahnstraßen
Die Straßenverkehrsbehörden sollen überprüfen, ob weitere Einbahnstraßen in der Gegenrichtung für Radfahrer geöffnet werden können.
Parkverbote vor Kreuzungen und Einmündungsbereichen
Das Parken vor Kreuzungen und Einmündungen wird in einem Abstand von bis zu je 8 Metern von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten verboten, wenn ein straßenbegleitender baulicher Radweg vorhanden ist.
Neues Verkehrszeichen für Radschnellwege
Das Verkehrszeichen „Radschnellweg“ soll in die StVO aufgenommen werden, um die Kennzeichnung von Radschnellwegen auch unabhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit, wie z. B. auf sandigem Untergrund, möglich zu machen.
Die StVO-Novelle tritt in Kraft
Bundesminister Andreas Scheuer hatte eine Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) im Herbst 2019 vorgelegt, um die Straßen "noch sicherer, klimafreundlicher und gerechter zu machen". Nach der Länder- und Verbändeanhörung wurde die Änderungsverordnung am 6. November 2019 vom Bundeskabinett beschlossen und an den Bundesrat weitergeleitet. Am 14. Februar 2020 haben die Länder im Bundesrat der Änderungsverordnung zugestimmt, wenn auch mit mehreren Änderungen. Das Kabinett hat die Novelle am 23. März 2020 in der Fassung mit den Änderungen des Bundesrates zu Kenntnis genommen. Die Novelle wurde am Montag, 27. April 2020, im Bundesgesetzblatt (Nr. 19) veröffentlicht und trat am Dienstag, 28. April 2020, in Kraft. Hier alle Verkehrsregeln zum Runterladen.
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Achtung Autofahrer! Damit das Radfahren sicherer wird - und somit attraktiver - werden einige Regeln im Straßenverkehr neu eingeführt oder verschärft. Eine kleine Auswahl: