Enthornte Braunviehkuh mit zwei gelben Ohrmarken steht am Futtertisch und schaut in die Kamera
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Eine enthornte braune Kuh im Laufstall

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Methan-Ausstoß durch Rinder: Welche Wege es zur Reduzierung gibt

Von Rindern stammt mehr als die Hälfte der Methan-Emissionen in Deutschland. In der Atmosphäre richtet das Gas großen Schaden an. Gleichzeitig sind Kühe wichtig für eine nachhaltige Nahrungsmittelerzeugung. Wie kann man ihren Methan-Ausstoß senken?

Insgesamt ist die Landwirtschaft nach Angaben des Umweltbundesamtes für rund zwei Drittel des Methan-Ausstoßes in Deutschland verantwortlich. Und den will Deutschland bis 2030 eigentlich um 30 Prozent reduzieren. Dazu hat sich die Bundesregierung 2021 bei der Klimakonferenz in Glasgow verpflichtet - im Rahmen des "Global Methane Pledge".

Methan: besonders schädlich und besonders kurzlebig

Methan ist das zweitwichtigste Treibhausgas nach Kohlendioxid. Es heizt das Klima umgerechnet auf 100 Jahre 28 mal stärker auf als Kohlendioxid. Doch es hat auch eine "gute" Seite: Es ist bereits nach zwölf Jahren wieder aus der Atmosphäre verschwunden. Das heißt, jeder "Rülpser" eines Wiederkäuers, der nicht zustande kommt, ist der Erdatmosphäre dienlich.

80 Prozent des Methans, das auf das Konto der deutschen Landwirtschaft geht, stammt von Rindern. Ein Hausrind rülpst am Tag rund 100 bis über 200 Liter Methan. Deshalb lohnt es sich, hier anzusetzen. Rund 20 Prozent des Methans aus der Landwirtschaft stammt dagegen aus der Lagerung von Gülle und Mist - nicht nur vom Rind sondern auch von Schwein und Geflügel.

Weniger Methan-Emissionen, wenn Gülle in Biogasanlage verwertet wird

Welche konkreten Maßnahmen hat die Politik bisher ergriffen, um den Methanausstoß der Landwirtschaft zu senken? Das Bundeslandwirtschaftsministerium setzt an den Methan-Emissionen an, die bei der Lagerung von Wirtschaftsdüngern entstehen und fördert seit vergangenem Jahr eine verbesserte Abdichtung von Biogasanlagen und allgemein die Vergärung von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen.

55 Vorhaben sind bereits bewilligt worden. In dem Bereich müsste man noch schneller vorankommen, meint Bernhard Osterburg, der beim Thünen-Institut für Klima und Boden zuständig ist: "Da könnte auf jeden Fall noch gezielter geguckt werden, wie wir wirklich zu diesem großen Ziel kommen, dass die Gülle in Zukunft geregelt über Biogas verwertet wird." Biogas besteht - genau wie Erdgas - hauptsächlich aus Methan. Das wird von den Mikroorganismen im Reaktor bei der Vergärung der Gülle erzeugt und danach verbrannt, um Strom zu gewinnen.

Je länger die Kuh Milch gibt, umso besser ist es rechnerisch fürs Klima

Es macht fürs Klima einen großen Unterschied, ob eine Kuh zwei oder fünf Jahre lang Milch gibt. Weil die ersten beiden bis zweieinhalb Lebensjahre frisst und rülpst ein weibliches Rind, gibt aber noch keine Milch. Je mehr Kälber die Kuh anschließend bekommt - das heißt: je mehr Jahre die Kuh Milch gibt, desto günstiger ist der Methan-Fußabdruck.

Wie viele Jahre eine Kuh gemolken wird, hängt von ihrer Rasse ab: Fleckvieh und schwarzbunte Kühe geben im Durchschnitt nicht so lange Milch wie Braunvieh. Außerdem spielt es für die Klimabelastung auch noch eine Rolle, ob das Kalb, das die Kuh zur Welt bringt, viel Fleisch ansetzt oder nicht. Hier ist das Fleckvieh im Vorteil gegenüber den Schwarzbunten.

Nutzen von Algen-Zusätzen im Futter noch unklar

Kühe, die lange Milch geben und eine dichte Biogasanlage für die Gülle sind laut Experten zwei große Hebel, um Methan zu sparen. Alles, was jetzt noch kommt, fällt nach allem, was man bisher weiß, nicht groß ins Gewicht. Zum Beispiel die Futterzusatzstoffe, die die Methanbildung reduzieren sollen. Gleichgültig, ob sie aus australischen Algen, einheimischen Kräutern oder aus dem Labor stammen.

Bislang ist nicht klar, ob sie den Methan-Ausstoß nachhaltig senken können. Hier bestehe noch Forschungsbedarf, sagt Osterburg vom Thünen-Institut - "und der sollte auch systematischer und gezielter und vielleicht etwas beschleunigter vorangetrieben werden".

Spitzenleistung bringt's nicht immer

Der Methan-Ausstoß je Kilo Milch sei umso geringer, je höher die Milchleistung einer Kuh ist – zu diesem Ergebnis kommen einige Studien, die immer wieder zitiert werden. Wenn eine Kuh beispielsweise 12.000 Liter Milch im Jahr gibt, verteilt sich ihr Methan-Ausstoß, der ohnehin anfällt, auf 12.000 Liter und sonst auf bloß 4.000 oder 7.000 Liter.

Doch in der Praxis zeigt sich, dass der Liter Milch bei einer mittleren Milchleistung von gut 7.000 Litern Milch unter Umständen nicht klimaschädlicher produziert wird als bei einer sehr hohen Milchleistung. Denn zahlreiche weitere Faktoren spielen eine Rolle: wie effizient wird gedüngt? Steht die Kuh auf der Weide? Dann muss kein Futter mit dem Traktor geholt werden. Und weil sich auf der Weide Kuhfladen und Harn nicht vermischen, entsteht aus den Exkrementen weniger Methan.

Landwirt: Kuh ist per se kein "Klimakiller"

Das Rind ist neben Schaf und Ziege das einzige Nutztier, das kein Getreide braucht, sondern von Gras und Wiesenblumen lebt und uns dann Milch und Fleisch liefern kann. "Also per se ist die Kuh kein 'Klimakiller'", sagt Matthias Brauchle aus Leutkirch, der 55 Milchkühe hält.

Der Landwirt legt Wert darauf, dass man die Vorteile der Rinderhaltung für eine nachhaltige Ernährungsweise immer mitdenkt, wenn es ums Methan geht: "Vor allem im süddeutschen Raum gibt es ja viele Standorte." Man müsse nur an die Berggebiete denken, die könnten nicht zum Acker werden. "Und da ist eigentlich die Kuh immer noch die effizienteste Verwertung." Und zugleich gibt es nur bei den Wiederkäuern das Potenzial, den Methanausstoß der Landwirtschaft deutlich zu senken.

Im Audio: Rülpsende Rinder als "Klimakiller"?

Rinder auf einer Weide (Symbolbild)
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Rinder auf einer Weide (Symbolbild)

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