Ein Kind erhält eine Masernimpfung (Symbolbild)
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Ein Kind erhält eine Masernimpfung (Symbolbild)

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Masernimpfpflicht: Viel Arbeit für die Gesundheitsämter

Die neue Pflicht zur Masernimpfung, die seit 1. August gilt, sorgt für viel Arbeit bei den Gesundheitsämtern. Schulen, Kitas und Kliniken müssen Impfnachweise verlangen und Ungeimpfte melden. Die große Anzahl der Neumeldungen überfordert die Ämter.

Auf die Gesundheitsämter kommt viel Arbeit zu. Seit Anfang August müssen alle Schulen und Kitas die Kinder melden, die keine Masernimpfung nachweisen können. Gleiches gilt für die Pfleger oder Ärztinnen, bei denen ein Impfnachweis fehlt.

Am Gesundheitsamt Regensburg zum Beispiel spürt das auch dessen Leiter, Bernhard Edenharter. Jeden Tag kämen Meldungen per Post oder per Mail, berichtet er: "Das sind zum Teil Listen oder Tabellen mit 40 oder 50 Personen oder Kindern, die dann ins System erstmal eingegeben werden müssen."

Masernimpfpflicht gilt seit 1. August

Schon in den vergangenen zwei Jahren haben Schulen oder Kitas Masern-Impfnachweise erfassen müssen – allerdings vor allem von Neuzugängen. Aber Pflicht für alle ist das jetzt erst seit 1. August. Und so kamen am Gesundheitsamt Regensburg zu den 800 Fällen der letzten Jahre innerhalb einer Woche gleich 200 neue dazu.

Ähnliches schildert Wolfgang Hierl, Leiter des Gesundheitsamts Rosenheim, das bisher rund 700 Fälle hatte:" Jetzt zum Fristablauf ist nochmal eine große Zahl an Meldungen eingegangen und die werden überprüft."

Nachweis muss fristgerecht vorgelegt werden

Das Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München rechnet insgesamt mit rund 7.700 Fällen allein im Kita- und Schulbereich, zu den Fällen in medizinischen Einrichtungen gibt es keine Schätzung. Bayernweite Zahlen gibt es nicht. Landet ein Fall beim Gesundheitsamt, dann schreibt Behörde die gemeldete Person an - bei Kindern die Erziehungsberechtigten.

Die Person werde aufgefordert, innerhalb einer Frist von vier bis sechs Wochen diesen Nachweis vorzulegen, sagt Wolfgang Hierl vom Gesundheitsamt Rosenheim. "Und wenn dieser Nachweis nicht vorgelegt wird, dann gibt es ein zweites Schreiben."

Überzeugungsarbeit gelingt häufig

Manche Gesundheitsämter verpflichten die Betroffenen auch zu einer Impfberatung beim Arzt. Das kann ein Amtsarzt am Gesundheitsamt sein – oder ein Niedergelassener, der dann eine Bescheinigung über die erfolgte Beratung ausstellt.

In Rosenheim ist die Beratung nur ein Angebot - das aber oft wahrgenommen werde, sagt Amtsleiter Hierl. Während der Beratungen und bei dem Schriftverkehr gelinge es häufig, die Personen im Lauf des Verfahrens zu überzeugen.

Masern können zum Tod führen

Medizinische Argumente für die Impfung gibt es viele, so Hedwig Roggendorf, Leiterin der Impfberatung am Klinikum Rechts der Isar in München: "Masern sind hochansteckende Erkrankung, und das Problem ist, wenn man das jetzt mit Covid-19 vergleicht, dass viel mehr Menschen von einem Menschen mit Masern angesteckt werden."

In vielen Fällen äußert sich die Krankheit nur in Hautausschlag und hohem Fieber. Aber, so Ärztin Roggendorf: Gelegentlich komme es auch zu Schwerhörigkeit nach Mittelohrentzündung. "Die ist nicht so ganz selten" Auch zu einer Masern-Enzephalitis, also einer Gehirnhautentzündung, könne es kommen. Und in manchen Fällen auch zum Tod.

WHO: "Ausrottung der Masern"

Deswegen hat die WHO das Ziel "Ausrottung der Masern" ausgeben – 95 Prozent der Bevölkerung müsste dazu vollständig geimpft sein. In Deutschland sind es bisher 92 Prozent. Ein Grund, warum nach langem Ringen im Bundestag vor zweieinhalb Jahren die Impfpflicht kam.

Wenn Nichtgeimpfte auch nach zwei Aufforderungen des Gesundheitsamtes keine Masernimpfung nachweisen können, dann geht der Fall ans Ordnungsamt – und das heißt, ein Bußgeld droht. Bis zum 2.500 Euro können das sein.

Bußgeld bis zu 2.500 Euro

Dass es tatsächlich so weit kommt, sei bisher selten der Fall, schildert Wolfgang Hierl aus Rosenheim: "In der Regel liegt im ersten Bescheid das Bußgeld im Bereich 200 bis 300 Euro." Aber im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, wenn auch dann keine Reaktion komme, könne ein erneutes Bußgeld verhängt werden, dass dann in der Höhe auch gesteigert werde.

Solche Bußgelder kommen auf Familien zu, die die Masernimpfung hartnäckig ablehnen. Denn von der Schule ausgeschlossen werden können Kinder nicht. Bei Kindern in Krippe oder Kindergarten, oder bei medizinischem Personal, kann das Ordnungsamt aber auch ein sogenanntes Betretungs- oder Beschäftigungsverbot verhängen.

Nur zwei Masernfälle in Bayern im Jahr 2021

Die Masern selbst, die Krankheit, die mit der Impfung ausgerottet werden soll, sind in den vergangen zwei Jahren so selten wie nie gewesen: Zwei Fälle gab es in Bayern 2021, und im Jahr davor, 2020, nur zwölf. Das allerdings kommt nicht von der Impfpflicht – sondern weil allgemeine Infektionsschutzmaßnahmen und geschlossene Kitas den Masernerreger ausgebremst haben. Zum Vergleich: 2018 gab es insgesamt 108 Fälle. Wenn das Leben jetzt wieder normaler wird, bleibt als Schutz gegen Masern weiter nur die Impfung.

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