Kartoffeln mögen keine Wärme: Sind die Temperaturen zu hoch, bildet die Pflanze deutlich weniger Knollen, mitunter gar keine mehr. Biochemiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben nun herausgefunden, woran das liegt: Steigt die Temperatur, blockiert eine sogenannte kleine RNA (Ribonukleinsäure) die Knollenbildung. Den Wissenschaftlern ist es gelungen, diese kleine RNA auszuschalten und so wärmeresistente Kartoffelpflanzen zu erzeugen. Angesichts des Klimawandels könne dies ein wichtiger Beitrag sein, um Ernteerträge in der Zukunft zu sichern. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht.
Grüne Triebe, kleine Knollen
Die Kartoffel ist neben Mais, Reis, Weizen und Maniok eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel auf der Welt. Die höchsten Erträge lassen sich bei gemäßigten Temperaturen erzielen. Ideal für die Knollenbildung sind rund 21 Grad Celsius tagsüber und 18 Grad nachts. Bei diesen Temperaturen und der richtigen Tageslänge entsteht in den Blättern ein Eiweiß. Dieses signalisiert der Pflanze, Knollen zu bilden, um auf Kälteperioden vorbereitet zu sein. Wenn die Temperaturen jedoch am Tag über 29 Grad und nachts über 27 Grad liegen, schaltet die Kartoffel auf Wachstum um: Sie bildet mehr grüne Triebe und Blätter, aber weniger bis keine Knollen mehr. Die wenigen Knollen haben zudem einen geringeren Stärkegehalt und keimen schneller. Das bedeutet, sie sind weniger nahrhaft und verderben rascher als Kartoffeln, die bei niedrigeren Temperaturen gewachsen sind.
Wärme blockiert Wachstum der Knolle
Bisher war unbekannt, welcher Mechanismus die Knollenbildung bei Hitze verhindert. Uwe Sonnewald, Professor für Biochemie an der Friedrich-Alexander-Universtität Erlangen-Nürnberg, und sein Forscher-Team haben nun eine kleine RNA ausgemacht, die die Knollenbildung abhängig von der Temperatur reguliert. Bei niedrigeren Temperaturen ist sie inaktiv. Wenn es aber wärmer wird, blockiert sie das Knollenwachstum.
Kartoffel ohne Hitzebremse
Die Wissenschaftler zogen nun Kartoffelpflanzen auf, bei denen die Wirkung der kleinen RNA aufgehoben war, und setzten sie hohen Temperaturen im Gewächshaus aus. Das Ergebnis: Auch bei mehr als 29 Grad tagsüber und 27 Grad nachts entstanden weiterhin Knollen von guter Qualität. "Unsere Ergebnisse bieten die Chance, dass wir auch in Zukunft bei steigenden Temperaturen noch Kartoffeln anbauen können", sagt Professor Sonnewald. Als nächstes wollen die Forscher die Kartoffelpflanzen unter Feldbedingungen testen und prüfen, ob die Pflanzen auch unter realen Bedingungen der Hitze trotzen.