Neben den Koordinaten müssen die kognitiven Leistungen, die der Mensch beim Autofahren einbringt, von Sensoren übernommen werden. Wie zum Beispiel von Radar, Kamera und Laser-Scanner. Diese Sensoren geben Auskunft über das Verkehrsgeschehen: Wo sind die Fahrbahnmarkierungen, Leitplanken oder andere Verkehrsteilnehmer. Über GPS kann lokalisiert werden, wo sich das Fahrzeug gerade befindet. Nur so könnte ein Fahrzeug autonom Fahren.
Navis und Sensoren alleine sind zu ungenau
Die Genauigkeit von Navigationssysteme reicht aber nur soweit, um einen Weg von A nach B zu finden. Sie sind nicht so präzise und zuverlässig, um exakt angeben zu können, auf welcher Fahrspur sich das Auto gerade befindet. Vor allem können sie nicht vorhersagen, was hinter einer Kurve kommt, um eventuell rechtzeitig abzubremsen. Eine neue Entwicklung mit hochauflösenden Karten, die der Computer im Fahrzeug direkt verarbeitet, kann diese Informationen in Zusammenspiel mit den Sensoren liefern.
Hochauflösende Karten geben exakte Positionen
Diese sogenannten DriveMark-Karten sind detaillierte Straßenkarten die Fahrbahnbegrenzungen exakte Koordinaten zuweisen können und mit den Positionsinformationen der Sensoren abgleichen. So kann das Fahrzeug die Spur genau einhalten und weiß frühzeitig, wann ein Wechsel auf eine Abbiegespur wirklich möglich ist. Die Daten stammen von Satelliten von über 500 km aus dem All, die am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen ankommen und dort für diese hochauflösenden Straßenkarten genutzt werden.
Informationen liefern Satelliten aus dem All
Der Wissenschaftler Hartmut Runge und sein Team haben diese DriveMark-Karten entwickelt. Das DLR arbeitet eng mit der Industrie zusammen. Noch sind sie in der Entwicklungs- und Erprobungsphase. Sie möchten mithilfe von Satelliten und Fernerkundungstechnologie die Produktionsmethoden für die hoch aufgelösten Karten entscheidend verbessern, so dass sicheres autonomes Fahren möglich wird.
"Im Gegensatz zu herkömmlichen Navigationskarten liefern wir Karten in denen sich das Auto in seiner Umgebung orientieren kann. Objekte die es mit dem Radar, Lidar und den Kameras gut erkennen kann, verorten wir in unseren Karten mit wenigen Zentimeter Genauigkeit. Das Auto erkennt diese Landmarken, wie wir sie auch nennen und kann dann mit den Sensoren Winkel und Entfernungen zu diesen Objekten messen und über Triangulation die eigene Position immer bestimmen." Hartmut Runge, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Oberpfaffenhoffen
Straßenschilder und Beleuchtungsmasten sind markante Orientierungspunkten
Eine Triangulation, wie sie auch bei den DriveMark-Karten zum Einsatz kommt, wird in der Vermessungstechnik angewendet. Damit werden die Abstände durch einen Dreieckswinkel berechnet. Die Landmarken geben die Orientierung und liefern die exakten Koordinaten. Diese Landmarken sind markante Objekte, wie Schilder, Beleuchtungsmasten und Hydranten. Auf den Satellitendaten sind sie weiße Punkte, die aufgrund der Rückstrahlung über die Radaraufnahmen entstehen. Sie bilden ein Netz von Referenzpunkten und sind die Grundlage für die digitalen Straßenkarten. Mit künstlicher Intelligenz werden die empfangenen Daten zu Karten übersetzt.
Bildrechte: BR/DLR
Die Karten besitzen detaillierte Informationen. Das Fahrzeug kann die Spur einhalten und auf Hindernisse reagieren.
Von der Vermessung der Erde bis zu hochauflösenden Straßenkarten
Die beiden deutschen Satelliten TerraSAR-X, seit 2007 im All unterwegs und Tandem-X, seit 2010, erkunden die Erde. Ihre ursprüngliche Aufgabe war zunächst für geodätische Anwendungen, eine weltweite 3D-Kartierung und das Monitoring von Umwelt-Parametern Daten zu liefern. Am DLR in Oberpfaffenhofen werden die Satelliten gesteuert, die Daten empfangen und verarbeitet. Daraus nun Informationen für exakte Straßenkarten zu erstellen, entwickelte sich eher zufällig.
"Wenn wir zum Beispiel die Koordinaten der Passpunkt-Netze von Aufnahmen vergleichen, die ein paar Jahre auseinanderliegen, können wir sehr schön die Richtung und Größe der Kontinentaldrift messen. Das gleiche gilt für tektonische Verschiebungen verursacht durch Erdbeben. Das brachte uns auf die Idee, diese Technik auch für genaue Karten zu nutzen, die man für das autonome Fahren benötig." Hartmut Runge, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Oberpfaffenhoffen
Die Satellitendaten können nicht eins zu eins übernommen werden. Für die DriveMark-Karten müssen die Wissenschaftler die Messungen aufbereiten und genau diese Bewegungen der Erdoberfläche, die die Genauigkeit verfälschen würden, herausrechnen. Diese Bewegungen der Erde, von denen wir als Mensch nichts spüren, werden ähnlich wie die Meeres-Tiden vom Stand des Mondes und der Sonne verursacht.
Satelliten liefern Daten von jedem Winkel der Erde
Vorteile dieser Technik ist in jedem Fall: Aus dem Erdorbit können innerhalb kürzester Zeit riesige Flächen erfassen werden und dadurch die Karten regelmäßig auf Stand gehalten werden. Da die Auswertung automatisch läuft, können Updates sehr schnell zur Verfügung gestellt werden. Vor allem muss für die Kartenerstellung kein Vermessungsteam vor Ort sein. So können Daten von allen Teilen der Erde erfasst werden.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Straßen, Wege und Markierungen sind noch nicht in den HD Karten erfasst. Autonomes Fahren mit HD Karten ist deshalb erst in begrenzten Gebieten möglich. Bis zur Marktreife sind allerdings noch viele Tests notwendig im Zusammenspiel mit allen Sensoren, die in einem Fahrzeug eingebaut sind. Schließlich muss die Technik völlig autonom alle Verkehrssituationen bewältigen können, um sicheres und autonomes Fahren zu ermöglichen. Im ersten Schritt könnte sie jedenfalls helfen, Unfälle zu vermeiden.
"Darüber spricht Bayern": Der BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!