Marmorierte Baumwanze (Pentatomidae), auch Stinkkäfer genannt
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Marmorierte Baumwanze (Pentatomidae), auch Stinkkäfer genannt

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Invasive Stinkwanzen – der Preis der Globalisierung

Mit dem globalen Handel reisen auch blinde Passagiere um die Welt. Auf Schiffen, Lastern und Zügen kommen neue Schädlinge zu uns, die vor allem Landwirten zu schaffen machen – wie die aus Asien stammende marmorierte Baumwanze, auch Stinkwanze genannt

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Als "Worst Case Szenario eines invasiven Schädlings" bezeichnet Olaf Zimmermann vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg die aus Asien stammende marmorierte Baumwanze, die auch Stinkwanze genannt wird. Sie mieft, frisst unser Obst und Gemüse und vermehrt sich explosionsartig.

Die Stinkwanze hat einen gewaltigen Appetit

Für die Stinkwanze gibt es über 300 Wirtspflanzen: Obst, Gemüse, Soja – sogar Nüsse – sie mag alles. Landwirte sind in großer Sorge. Wo das Tier auftaucht, sind die Ernten in Gefahr. In der Schweiz, in Südtirol und Deutschland wird auf Hochtouren zu dem Schädling geforscht.

Nervig in Häusern und Wohnungen

Auch den Städtern ist das Tier vielerorts gut bekannt. Die Wanze überwintert in Ritzen und Nischen von Häusern, um dann im Frühsommer in Parks und Gärten ihre Population aufzubauen. In Bayern ist sie bislang vermehrt im Raum München, Augsburg und Nürnberg aufgetreten. Viele Menschen ekeln sich vor dem Insekt, das fliegen kann und zur Gefahrenabwehr seine Stinkdrüsen aktiviert.

Das Ehepaar König aus München-Bogenhausen ist genervt, wenn die Wanzen im Frühjahr und Herbst in Scharen auf ihrem Balkon sitzen und durch die Wohnung brummen. Oft seien es 30, 40 Stück auf einmal, so Fred König, der sich besonders an dem Geruch der Tiere stört.

Wirtschaftliche Schäden für Landwirte

Betroffene Landwirte sind verzweifelt und fordern schnelles Handeln. Besonders schlimm ist es in der Schweiz und in Italien. Die Südtiroler Apfelbäuerin Ulrike Laimer spricht von einer "existenzbedrohenden" Situation. Über den Rheingraben sind die Insekten nach Deutschland gelangt und wandern nun immer weiter Richtung Norden und Osten.

Hier ist vor allem Baden-Württemberg stark betroffen. Familie Kiemle betreibt einen Gemüsebaubetrieb in Bietigheim-Bissingen. Gleichmäßig warme Temperaturen und das Fehlen von Gegenspielern machen ihre Gewächshäuser zum Wohlfühlbetrieb für die Wanze. Die Schäden – vor allem in den Paprika-Kulturen – sind enorm.

Nussbauer Matthias Schott aus dem Kaiserstuhl hat die Schäden an den Haselnüssen. Von außen sind sie unsichtbar. Er muss inzwischen alle Nüsse knacken, ehe sie in den Handel kommen, um befallene Haselnüsse auszusortieren, denn sie schmecken ranzig. In der Verarbeitung – zum Beispiel bei Nuss-Nougatcreme – können sie das ganze Produkt verderben.

Olaf Zimmermann vom LTZ Augustenberg bei Karlsruhe berät die Landwirte. Doch ihm sind die Hände gebunden, denn es gibt noch keine wirksamen Schädlingsbekämpfungsmittel gegen den robusten Newcomer.

Biologischer Gegenspieler: Die Samurai-Wespe

Seit Jahren arbeiten Wissenschaftler an Strategien zur Bekämpfung des Schädlings. Und tatsächlich gibt es einen biologischen Gegenspieler: Die winzige asiatische Samurai-Wespe. Sie parasitiert die Eier der Wanze, das heißt sie legt ihre eigenen Eier in die des Schädlings, so dass die Wanzeneier sich nicht weiter entwickeln können. Vereinzelt wurde die Samurai-Wespe auch in Deutschland schon nachgewiesen.

Ob es eine gute Lösung ist, das Insekt aktiv bei uns auszubringen? Vertreter von Naturschutzorganisationen und Umweltbehörden sind skeptisch. Die Sorge, dass die kleine Schlupfwespe das Gleichgewicht der Natur stören könnte, ist groß. Sie befürchten eine Gefahr für heimische Wanzen durch die zugewanderte Schlupfwespe. Während die Samuraiwespe in Italien schon zu Freilandversuchen ausgebracht wird und die Schweiz nachzieht, ist in Deutschland keine Entscheidung in Sicht.

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