Ein Fußknochen, der in der Callao-Höhle im Norden der Philippinen entdeckt wurde. Er ist 61 Millimeter und mindestens 67.000 Jahre alt.
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Ein Fußknochen, der in der Callao-Höhle im Norden der Philippinen entdeckt wurde. Er ist 61 Millimeter und mindestens 67.000 Jahre alt.

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Homo luzonensis: Neue Menschenart auf den Philippinen

Ein rund 67.000 Jahre alter Fußknochen aus der Callao-Höhle auf den Philippinen passt nicht zu den bislang bekannten Hominiden-Arten. Der Fund weiterer Knochen und Zähne lässt vermuten, dass es sich um eine neue Menschenart handelt.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Mehrere Fuß- und Handknochen, Teile eines Oberschenkelknochens und sieben Zähne von Hominiden sind in der Callao-Höhle in der Provinz Cagayan im Norden der Philippinen gefunden worden. Die daraus gezogenen Schlüsse und Erkenntnisse veröffentlichen die Forscher am 10. April 2019 in der Fachzeitschrift Nature.

Hinweise auf neue Hominiden-Art auf philippinischer Insel Luzon

Diese Fossilien sind für Archäologen von der Universität der Philippinen und dem französischen Naturkundemuseum in Paris ein ausreichender Beweis für die Entdeckung einer neuen Homo-Spezies. Sie lebte vor 50.000 Jahren - im späten Pleistozän - auf der philippinischen Insel Luzon. Es wäre eine weitere neue Menschenart, von der man nicht weiß, wie ihre Vertreter aussahen.

Homo luzonensis erreichte wohl nur die Größe eines Kindes

In der Callao-Höhle fanden die Wissenschaftler Florent Détroit, Armand Salvador Mijares und ihre Kollegen neben dem schon vor einigen Jahren entdeckten Fußknochen zwölf weitere Hominidenknochen und -zähne. Sie stammen von mindestens drei Personen.

Die Größe der Hand- und Fußknochen, des Oberschenkelfragments und der sieben Zähne lassen vermuten, dass Homo luzonensis wohl unter 1,20 Meter klein war. Der Name geht auf den Fundort, die Insel Luzon, zurück.

Konnte die neue Spezies auf zwei Beinen gehen?

Die Untersuchungen der Zähne und der Hand- und Fußknochen haben ergeben, dass deren Merkmale sich eindeutig unterscheiden von den derzeit bekannten Arten der Gattung Homo (Homo sapiens, Homo neanderthalensis, Homo floresiensis, Denisova-Mensch). Bemerkenswerte Ähnlichkeiten in der Anatomie von Händen und Füßen entdeckten die Wissenschaftler dagegen zwischen Homo luzonensis und dem Urmenschen Australopithecus.

Der Australopithecus lebte vor drei Millionen Jahren in Afrika. Vertreter dieser Spezies werden allgemein als Zwischenstufe zwischen den Menschenaffen und dem modernen Menschen bezeichnet. Daher stellen sich die Forscher die Frage, ob Homo luzonensis vielleicht nicht aufrecht ging, sondern sich von Baum zu Baum hangelte.

Den Ursprung des Homo luzonensis und wie er in Beziehung steht zu den anderen Hominiden in Ostasien, das wollen die Forscher noch bestimmen. Steinwerkzeuge und die Überrestes eines geschlachteten Nashorns im nahe gelegenen Cagayan Tal deuten jedenfalls darauf hin, dass Hominiden schon seit mehr als 700.000 Jahren auf der Insel Luzon gelebt haben.

Insellage wichtig für die Entwicklung des Menschen

Die Insellage mag erklären, warum die Anatomie der neu entdeckten Menschenart sich von anderen bekannten Arten unterscheidet. Denn auf Inseln wie Luzon können sich neue Arten schneller ausbilden, und Südostasien war spätestens seit 2004 mit der Entdeckung des Homo floresiensis ("Hobbit") ein gutes Beispiel dafür.

Offensichtlich waren Homo luzonensis und Homo floresiensis vor 50.000 Jahren zeitgleich und vielleicht sogar über einen ähnlich langen Zeitraum auf Luzon anwesend. Jedoch sind hier noch weitere Entdeckungen und endgültige Beweise erforderlich.

Mit der Entdeckung von Homo luzonensis wird deutlich, dass Entwicklung, Verbreitung und Vielfalt der Gattung Homo außerhalb Afrikas und insbesondere auf den Inseln Südostasiens komplexer waren als gedacht. Es gab noch viele weitere Menschenarten in der Frühzeit der Menschwerdung, zum Beispiel den Homo heidelbergensis, den Denisova-Mensch oder den Homo naledi.

Warum nur Homo sapiens übrig blieb ist unklar

Warum sie, genau wie der Neandertaler, am Ende ausgestorben sind, ist nicht abschließend geklärt. Und dass Neandertaler nicht dümmer oder primitiver gewesen sind als Homo sapiens, gilt mittlerweile als gesichert. Sie konnten zum Beispiel mit Feuersteinen Feuer machen, haben auch Höhlenmalereien angefertigt und nach Fischen und Meeresfrüchten gejagt. Auch Homo heidelbergensis war schon vor 300.000 Jahren ein ausgezeichneter Jäger, zum Beispiel mit Speer und Wurfstock.

Hören Sie dazu am Freitag, 12. April, ein Interview mit dem Wissenschaftsjournalisten Michael Stang in IQ - Wissenschaft und Forschung, 18:05 Uhr, Bayern 2