Elektrolyse im Mainzer Energiepark
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Mit Elektrolyse wird Wasserstoff hergestellt.

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Grüne Wasserstoffwirtschaft: So kann sie funktionieren

Wasserstoff soll zur Energiewende beitragen. Das Gas kann Emissionen einsparen und könnte so die Erderwärmung minimieren. Doch kein Land weltweit betreibt bisher eine Wasserstoffwirtschaft. Sie scheint zu teuer, zu aufwendig - und zu gefährlich.

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Im Energiepark Mainz wird an einer der größten Anlagen weltweit "Grüner Wasserstoff" mit Strom aus benachbarten Windkraftanlagen erzeugt. Vor acht Jahren ging der Energiepark als Forschungsprojekt an den Start. Inzwischen werden 180 Tonnen umweltfreundlicher Wasserstoff pro Jahr für Haushalte, Verkehr und Industrie produziert.

Wasserstoff lässt sich gut speichern

Ein wichtiger Vorteil von Wasserstoff ist, dass man ihn gut speichern und vielfältig als Energieträger einsetzen kann. In dem Forschungsprojekt nutzen die Stadtwerke Mainz den Wasserstoff und speisen rund zehn Prozent Wasserstoff in das normale Gasnetz ein. Das ist ein wichtiger Schritt zu einer Wasserstoffwirtschaft, denn bislang existiert kein Wasserstoffnetz analog zu einem Strom- oder Erdgasnetz.

"Hier in Mainz erzeugen wir aus erneuerbaren Energien, Windkraft in dem Fall, Wasserstoff. Wasserstoff ist das Multi-Talent der Energiewende. Mit dem Wasserstoff können wir verschiedene Nutzungen mit erneuerbaren Energien befeuern, das ist der Verkehr, das ist die Industrie, dass der Wärmemarkt. Denn die Energiewende soll nicht eine reine Stromwende bleiben, sondern wir wollen alle Bereiche der Gesellschaft dekarbonisieren und das über eine Wasserstoffwirtschaft erreichen.“ Jonas Aichinger, Projektleiter der Stadtwerke Mainz AG

Grüner Wasserstoff soll CO2 Emissionen reduzieren

Nur eine Grüne Wasserstoffwirtschaft, so die Überzeugung vieler, schafft eine sogenannte Dekarbonisierung, bei der CO2-Emissionen durch den Einsatz kohlenstoffarmer Energiequellen reduziert werden. In Europa werden zurzeit 9,8 Millionen Tonnen Wasserstoff im Jahr vor allem durch den Einsatz von fossilen Energieträgern produziert. Die EU-Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2024 die Produktion von sauberem Wasserstoff auf eine Million Tonnen steigt und sich bis 2030 auf zehn Millionen Tonnen erhöht.

Wasserstoff mit Elektrolyse herstellen

Wasserstoff kommt in der Natur hauptsächlich in gebundener Form vor. Das Element ist im Wassermolekül fast unbegrenzt verfügbar, jedoch nicht leicht zu gewinnen. Wenn man das Gas nutzen will, dann muss man die Verbindung von Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Doch für dieses sogenannte Elektrolyse-Verfahren, mit der Wasserstoff und Sauerstoff chemisch getrennt werden, wird viel Energie benötigt. Wenn dafür Strom von Solaranlagen oder Windrädern verwendet wird, dann wird er als Grüner Wasserstoff bezeichnet. Stammt er von fossilen Energieträgern, spricht man von Grauem Wasserstoff.

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An zwei Elektroden, die sich in einer Flüssigkeit befinden, wird eine elektrische Spannung angelegt, um Wasserstoff von Sauerstoff abzuspalten.

Wirkungsgrad der Wasserstoff-Elektrolyse erhöhen

Neue technische Entwicklungen sollen die Wasserstoffwirtschaft unterstützen. Eine Technologie aus Erlangen versucht zum Beispiel, den Wirkungsgrad der Elektrolyse, mit einer besonderen Membran zu erhöhen. Diese soll als dünne Trennschicht in der Mitte einer Elektrolyse-Einheit den Prozess beschleunigen. Die Entwickler sind davon überzeugt, damit die Kosten der Herstellung von Grünem Wasserstoff zukünftig zu reduzieren.

"Wenn wir zurückblicken, was wir in den letzten fünf Jahren erreicht haben, was uns dort gelungen ist, den Wirkungsgrad unserer Elektrolyse 10 Prozent zu erhöhen, das ist ein gewaltiger Sprung. Nun sind wir auch zuversichtlich, dass wir hier nicht aufhören." Dr. Kai Schulz, Siemens Energy, Erlangen

Zwei Verfahren: Elektrolyse und Brennstoffzelle

Mittels der Elektrolyse wird Wasserstoff hergestellt, der dann in Tanks gespeichert wird und bei Bedarf in einer umgekehrten Reaktion in einer Brennstoffzelle wieder zusammengeführt wird. Bei dieser elektrochemischen Reaktion wird Energie freigesetzt. Es entstehen Wasser, Strom und Wärme. Man bezeichnet sie auch als "kalte Verbrennung". Für die Herstellung und Anwendung von Wasserstoff als Energieträger sind deshalb zwei Verfahren notwendig.

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In der Brennstoffzelle werden Wasserstoff und Sauerstoff wieder zusammengebracht. Durch die chemische Reaktion entstehen Energie und Wasser.

Wettbewerb Brennstoffzelle gegen Batterie

Wasserstoff-Fahrzeuge sind mit Brennstoffzellen ausgestattet. Sie tanken Wasserstoff und die Brennstoffzelle wandelt den Kraftstoff in elektrische Energie um. Der Elektromotor wird mit dieser Energie angetrieben. Es entstehen keine Abgase, so wie bei Elektrofahrzeugen mit Batteriebetrieb. Bei diesen Fahrzeugen kommt der Strom direkt aus der Batterie. Vor ein paar Jahrzehnten wurden die Wasserstoff-Fahrzeuge als Antriebsart der Zukunft gefeiert. Inzwischen haben die batteriebetriebenen Elektroautos aufgeholt und sind im Kaufpreis günstiger als Wasserstoff-Autos.

Vorteile- und Nachteile von Wasserstoff-Fahrzeugen

Doch es gibt Vor- und Nachteile bei beiden Fahrzeug-Antrieben. Zum Beispiel reicht die Tankfüllung mit Wasserstoff, die zwar in wenigen Minuten erledigt ist, immerhin 500 km weit, doch eine Infrastruktur an Tankstellen gibt es nicht flächendeckend. Vorteile der Brennstoffzelle gegenüber Batterien zeigen sich besonders bei großen Fahrzeugen. Der Wasserstoff liefert für Busse und LKWs genügend Energie, um ausreichend zu heizen oder zu kühlen, ohne jedoch an Reichweite einzubüßen. Es sind auch keine zusätzlichen Batterien zur Energieversorgung notwendig. Viele Forschungsprojekte bestätigen die Stärken des Wasserstoff-Antriebs.

Nationale Wasserstoffstrategie in Deutschland

In Deutschland verbrauchen Chemieindustrie und Raffinerien große Mengen an Wasserstoff, den sie hauptsächlich aus fossilen Rohstoffen, wie Erdgas, gewinnen. Mit einer nationalen Wasserstoffstrategie will die Bundesregierung nun eine umwelt- und klimaschonende Speicherung und Bereitstellung von Energie in Haushalt, Verkehr und Industrie erreichen. Unter anderem sollen 5 Gigawatt an Elektrolysekapazitäten bis 2030 aufgebaut werden. Experten schätzen jedoch, dass 100 Gigawatt Strom notwendig sind, um ausreichend Wasserstoff herzustellen, der in Deutschland im Jahr 2050 benötigt wird. Diese Lücke kann nur mit Importen aus anderen Ländern erreicht werden.

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