Aufnahme des Infrarotteleskops, das innerhalb der Druckluftkabine im Jet 474 SOFIA  montiert ist.
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Aufnahme des Infrarotteleskops, das innerhalb der Druckluftkabine im Jet 474 SOFIA montiert ist.

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Große Teleskope: Der Wettlauf um die Erforschung des Universums

Seit 30 Jahren liefert uns "Hubble" einzigartige Bilder aus dem Weltall. Das Weltraumteleskop hat aber längst Konkurrenz bekommen. Mit immer größeren Geräten beobachten Astronomen das All - mit stets neuen Ideen, um noch genauere Bilder zu bekommen.

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Schon Galileo Galilei entdeckte Anfang des 17. Jahrhunderts mit dem damals gerade erfundenen Fernrohr einen Krater auf dem Mond und, dass die Erde um die Sonne kreist und nicht umgekehrt. Heute, vier Jahrhunderte später, herrscht ein Konkurrenzkampf unter Wissenschaftlern - nach dem Motto: Wer baut das effektivste Teleskop, das jede Besonderheit im All erfassen kann? Mit den unterschiedlichsten Konstruktionen soll das gelingen.

Warum Teleskope groß sein müssen

Teleskope, die vom Boden das Universum beobachten, sind enorm groß und die neuen Modelle werden immer noch größer. Warum das so sein muss, erklärt Jochen Liske, Professor für beobachtende Astronomie an der Universität Hamburg, so:

"Ein bodengestütztes Teleskop hat natürlich das Problem, dass es durch die Erdatmosphäre durchgucken muss, um das Universum zu beobachten. Und diese Erdatmosphäre ist ein turbulentes Medium. Das ist so, als würde man am Boden eines Schwimmbads sitzen und wenn die Wasseroberfläche nicht perfekt ruhig ist, [...] dann sieht man eben eine verzerrte Außenwelt. Und das ist eben genau das gleiche, wenn ich mit einem Teleskop von der Erdoberfläche ins Universum rausgucke."

Konkurrenz für "Hubble" in der Atacama-Wüste

Ausgerechnet in der lebensfeindlichen Atacama-Wüste in Chile stehen die derzeit mächtigsten Teleskope der Europäischen Südsternwarte. In der marsähnlichen Landschaft, auf 2.600 Metern, haben die Astronomen den bestmöglichen Blick auf die Sterne. Die Astronomen und Techniker wohnen dort fernab jeder Zivilisation in der sogenannten "Residenzia", einem Hotel, exklusiv für Wissenschaft und Forschung.

Ein Hotel in der Wüste als idealer Standort für Astronomen

Um den Astronomen eine bestmögliche Sicht zu den Sternen zu gewährleisten, wird nachts die Kuppel des Gebäudes verdunkelt. Kein Lichtstrahl soll die hochempfindlichen Teleskope bei der Arbeit stören. Ein weiterer Vorteil der Atacama-Wüste ist: Dort sind die mondlosen Nächte so dunkel, dass man vom Licht der Milchstraße seinen eigenen Schatten wirft. Astronomen aus der ganzen Welt reißen sich um Beobachtungszeit an diesem sogenannten "Very Large Teleskope" mit seinen acht Meter großen Hauptspiegeln.

Die unruhige Atmosphäre und der Trick der Astronomen

Das Besondere an diesem VLT-Teleskop ist: Aus ihm schießen Laserstrahlen. Mit deren Hilfe können die Astronomen die Unruhe der Atmosphäre exakt messen. Und schließlich mit einem Trick ausgleichen.

Die Laserstrahlen erzeugen in etwa 90 Kilometern Höhe einen künstlichen Stern. Der springe mit einer sehr hohen Frequenz, also sehr schnell, ganz leicht hin und her, erklärt Jochen Liske, Astronom aus Hamburg. "Und diese Verzerrung, dieses Hin- und Herspringen kann das Teleskop selbstständig ausgleichen, indem ich einen Spiegel im Strahlengang habe, und der kann sich exakt so deformieren, um die Verzerrungen, die in der Atmosphäre auftreten, wieder rückgängig zu machen".

ALMA - das größte Radioteleskop der Welt

Dank dieser Technik ist der Größe von Teleskopen fast keine Grenze mehr gesetzt. Deshalb baut die Europäische Südsternwarte auf dem Cerro Armazones, einem 3.046 Meter hohen Berg in der Atacama-Wüste in Chile, das "Extremely Large Telescope" (ELT). Ein Koloss mit einem Spiegeldurchmesser von 39 Metern.

In unmittelbarer Nachbarschaft, auf dem 5.000 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen chilenischen Chajnantor Hochplateau, steht das derzeit größte Teleskop der Welt. Es heißt ALMA und ist ein Zusammenschluss von 66 Schüsseln, die hier ins All horchen. Um die Parabol-Antennen mit ihren 12 Metern Durchmesser an ihre Beobachtungsposition zu transportieren, sind spezielle Lastfahrzeuge notwendig. Für die Arbeit in dieser Höhe brauchen Menschen Sauerstoff. Doch die Höhe hat auch Vorteile: Weil es dort fast keinen Wasserdampf mehr gibt, herrscht nahezu ungetrübte Sicht ins All.

"Event Horizon Telescope“: Fotos eines Schwarzen Lochs

Aber selbst ALMA ist den Astronomen nicht groß genug. Deshalb haben die Wissenschaftler Radioteleskope aus der ganzen Welt zum sogenannten "Event Horizon Telescope" zusammengeschlossen. Selbst ein Radioteleskop am Südpol zählt zu dem Verbund. So gelingt es den Astronomen, aus vielen kleinen Empfängern einen riesigen zu machen: mit Erfolg. Vergangenes Jahr konnten die Wissenschaftler mit dem Event Horizon Telescope zum ersten Mal Aufnahmen eines Schwarzen Lochs machen.

Hindernis für Teleskope: Infrarotstrahlung

Doch für einige Informationen aus dem All ist unsere Atmosphäre ein unüberbrückbares Hindernis. So wird zum Beispiel ein Teil der Infrarotstrahlung von unserer Atmosphäre geblockt. Dabei ist diese Wärmestrahlung für die Astronomen besonders spannend.

SOFIA - das in Deutschland gebaute Infrarotteleskop im Jet

Um diese Strahlung aufzufangen, brauchen Astronomen teure Spezialteleskope im All. Oder sie bauen sich eine fliegende Sternwarte. So wie SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie), ein 747 Jumbo-Jet. Im Heck trägt das Flugzeug ein Infrarotteleskop mit einem Durchmesser von 2,70 Metern. Damit können die Astronomen in 14 Kilometern Höhe ins All blicken – nahezu ungestört von der lästigen Atmosphäre.

"Wir haben noch immer nicht alles gesehen im Universum, was es dort zu sehen gibt. Wir sind also immer noch in einer Entdeckungsphase. Und das zeigt sich immer dann, wenn wir ein Instrument entwickeln, ein neues Teleskop oder irgendeine Fähigkeit, Beobachtungsfähigkeit entwickeln, die wir vorher nicht hatten." Jochen Liske, Professor für beobachtende Astronomie an der Universität Hamburg
Bildrechte: NASA/ C. Thomas
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Fliegendes Infrarot-Observatorium: Teleskop im Heck eines 474 Jumbo-Jets.