Das deutsche Forschungsschiff "Polarstern" fährt in der Pine-Island-Bucht in der Westantarktis.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/ Fotograf: Thomas Ronge/ Alfred-Wegener-Institut

Seit 60 Jahren Schutz und Frieden in der Antarktis dank Antarktis-Vertrag. Doch Experten sind frustriert über fehlende Fortschritte.

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Für Schutz und Frieden am Südpol: 60 Jahre Antarktis-Vertrag

Am 1. Dezember jährt sich die Unterzeichnung des Antarktis-Vertrages zum 60. Mal. Er ist das Fundament zum Schutz der um den Südpol gelegenen Land- und Meeresgebiete. Trotz seiner Erfolgsgeschichte sehen Experten die Zukunft des Vertrages in Gefahr.

Am 1. Dezember 1959 - mitten im Kalten Krieg - unterzeichneten die USA und die Sowjetunion gemeinsam mit zehn weiteren Staaten in Washington D.C. den Antarktis-Vertrag. Damals war das Regelwerk nicht nur von ökologischer Bedeutung. Auch politisch war der Antarktis-Vertrag außergewöhnlich: Mit dessen Unterzeichnung konnten sich die beiden rivalisierenden Supermächte nach dem Zweiten Weltkrieg auf die gemeinsame friedliche Nutzung eines unbewohnten Kontinents einigen. Und sieben der zwölf Unterzeichnerstaaten ließen aufgrund des Antarktis-Vertrages ihre bis dahin dort erhobenen Gebietsansprüche ruhen. Manfred Reinke, zwischen 2009 und 2017 erster deutscher Chef des Vertragssekretariats in Buenos Aires, bezeichnet den Antarktis-Vertrag wohl auch deshalb als "Friedensvertrag". Doch trotz des Erfolges sind Experten unzufrieden. Sie bemängeln die fehlenden Fortschritte bei den Umweltschutzbemühungen für das Gebiet rund um den Südpol, sehen gar den Fortbestand des Vertrages in Gefahr.

Geschichte des Antarktis-Vertrages

Das Internationale Geophysikalische Jahr 1957/1958, in dem sich Wissenschaftler weltweit mit der Forschung auf dem Gebiet der Geophysik beschäftigten, gab den Anstoß für den Antarktis-Vertrag. Die friedliche und rein wissenschaftliche Nutzung des Gebietes im Ewigen Eis war das Ziel des Antarktis-Vertrages. Unterzeichnende Staaten waren - neben den USA und der Sowjetunion - Argentinien, Australien, Belgien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Japan, Neuseeland, Norwegen und die Südafrikanische Union. Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und Norwegen hatten zuvor auf ihre Gebietsansprüche - die sogenannten claims - verzichtet. Am 23. Juni 1961 trat der Vertrag in Kraft.

Probleme des Antarktis-Vertrages

Bisher schützt der Antarktis-Vertrag den südlichsten Kontinent vor Ausbeutung hinsichtlich der dort existierenden Tiere, Pflanzen und Bodenschätze. Doch die Begehrlichkeiten werden immer größer. Insbesondere China und Russland verärgern die Vertragsstaaten.

So gelingt es den Teilnehmerstaaten beispielsweise seit acht Jahren nicht, sich auf die Schaffung eines großen Meeresschutzgebietes im Osten des Kontinents zu einigen. Entgegenstehende Fischerei-Interessen sind der Grund. Russland und China haben erst vor Kurzem wieder entsprechende Bemühungen blockiert. Und das nicht zum ersten Mal.

Auch der Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen werde nach Ansicht Walery Lukin, einem russischen Polarforscher, wahrscheinlich "erhebliche Auswirkungen" auf das weitere Vorgehen der Antarktis-Vertragspartner haben.

Antarktis-Vertrag und Umweltschutzprotokoll

Ein weiteres Problem des Antarktis-Vertrages ist nicht der Vertrag selbst. Er und damit der Schutz der Antarktis gilt zeitlich unbefristet. Befristet ist aber das 1991 dazu beschlossene Umweltschutzprotokoll. Es kann 2048 - 50 Jahre nach seinem Inkrafttreten im Jahr 1998 - auf Antrag eines Vertragsstaates zur Verhandlung gestellt werden. Laut Umweltbundesamt handelt es sich dabei um die schärfsten und umfangreichsten Regeln, die jemals für eine Region der Erde international erarbeitet wurden. Darin verankert ist etwa das Verbot, Rohstoffe abzubauen.

Die Antarktis - ein wichtiges Forschungsgebiet

Für die Forschung sind die um den Südpol gelegenen Land- und Meeresgebiete inzwischen längst unverzichtbar: Wissenschaftler sammeln dort Unmengen an Daten - unter anderem zum Wetter, zur Luftqualität und zum Ozonloch. Dutzende Forschungsstationen gibt es inzwischen in der Antarktis, zum Beispiel die vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) betriebene "Neumayer-Station III", in der ganzjährig Wissenschaftler leben und arbeiten.

Bei der Arbeit dort geht es aber nicht nur um unseren Planeten. Auch Grundlagen für einen längeren Aufenthalt im All werden dort erforscht. Deutsche Forscher haben in der Antarktis zum Beispiel verschiedene Gemüsesorten in einem Gewächshaus gezüchtet - als Testlauf für künftige Weltraum-Missionen, wie etwa zum Mars.

Die Rolle des Umweltbundesamtes für die Antarktis

Eine besondere Rolle für das Gebiet der Antarktis hat das Umweltbundesamt. Es ist Genehmigungsbehörde für jede Tätigkeit in der Antarktis, die in Deutschland organisiert wird oder von deutschem Hoheitsgebiet ausgeht.

ATCM - das Steuerungsgremium des Antarktis-Vertrages

Mitarbeiter des Umweltbundesamtes nehmen auch an den Treffen der sogenannten Konsultativertragsparteien des Antarktis-Vertrages (ATCM – Antarctic Treaty Consultative Meeting) teil. Konsultativstaaten sind Länder, die aufgrund erheblicher wissenschaftlicher Forschungstätigkeiten ein besonderes Interesse an der Antarktis haben. Nur sie sind auf den Treffen stimmberechtigt und können so den Vertrag bearbeiten oder ergänzen. Von den derzeit 54 Vertragsparteien sind 29 sogenannte Konsultativstaaten.

Die wichtigsten Vertragsbestandteile

Die wichtigsten Bestandteile des Antarktis-Vertrages sind:

- die friedliche Nutzung der Antarktis

- freie internationale Zusammenarbeit in der Forschung mit ungehindertem Informationsaustausch

- Zurückstellung der Gebietsansprüche einzelner Länder

- Verbot militärischer Aktivitäten

- Einfuhrverbot radioaktiver Abfälle in der Antarktis beziehungsweise deren Beseitigung