Der Auszubildende Omar Secka hat keinen Schulabschluss. Denn er flüchtete 2015 im Alter von 17 Jahren aus Gambia nach Deutschland. Ein Münchner Malereibetrieb hat ihn auch ohne Abschlusszeugnis als Auszubildenden für den Beruf des Malers und Lackierers eingestellt. "Am Anfang war ich nervös", erzählt er. Aber vor allem dank eines Kollegen, der ihn gut eingelernt hat, hat Omar inzwischen seine Gesellen-Abschlussprüfung mit Bravour bestanden.
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6.000 Jugendliche in Bayern ohne Mittelschulabschluss
Doch nicht nur Menschen mit eigener Migrationserfahrung haben oft keinen Schulabschluss. Allein im vergangenen Schuljahr sind bayernweit über 6.000 Jugendliche ohne Mittelschulabschluss geblieben. Einige von ihnen kommen von Förderschulen.
Besonders betroffen sind außerdem Jugendliche aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status, zum Beispiel wenn die Eltern erwerbslos sind oder nur ein sehr geringes Einkommen haben. Jugendliche aus diesen Familien haben etwa drei Mal so häufig keinen Schulabschluss wie Jugendliche mit hohem sozioökonomischem Status.
Orientierungslosigkeit und fehlender Halt
"Das sind oft zerrüttete Familienverhältnisse", weiß Anian Rutz, der an der Staatlichen Berufsschule München-Land Jugendliche ohne Schulabschluss in sogenannten Berufsvorbereitungsjahren unterrichtet. Manche von ihnen kämen aus Familienverhältnissen, in denen es Kindeswohlgefährdung gegeben habe und die begünstigten, "dass da kein Halt da ist."
Berufsvorbereitungsjahr soll Jugendlichen Teilhabe ermöglichen
Die Berufsvorbereitungsjahre werden für Jugendliche ohne Schulabschluss an Berufsschulen angeboten. In den Klassen werden neben Kernfächern wie Mathematik und Deutsch auch Lernbereiche wie "Lebensgestaltung", "Medienwelten", oder "berufliche Handlungsfähigkeit" angeboten. "Man sieht schon an diesen Bezeichnungen, dass es ganz viel darum geht, Jugendliche zu befähigen, in der Welt da draußen irgendwie mit teilzuhaben", erklärt Berufsschullehrer Rutz.
Berufsschullehrer Anian Rutz im Unterricht
So schaffen es nach Schätzung des Lehrers etwa 30 bis 80 Prozent der Jugendlichen eines Jahrgangs, nach einem Berufsvorbereitungsjahr eine Ausbildung anzufangen. Wichtig seien vor allem viele Praktika und eine gute Klassendynamik.
Zusätzlich werden auch von den Volkshochschulen oder der Arbeitsagentur berufsvorbereitende Bildungsmaßahmen angeboten. "Übergeordnetes Ziel aller Maßnahmen ist eine möglichst schnelle Vermittlung in Ausbildung und Vermeidung eines längeren Verbleibs im Übergangssystem", erklärt das Kultusministerium.
Betriebe auch auf Jugendliche ohne Schulabschluss angewiesen
Auch Omar Secka hat einen Berufsvorbereitungskurs gemacht. Sein Chef Ivo Fuhrmann ist sehr zufrieden mit ihm und froh, ihn zu haben. Denn das Unternehmen ist auch wegen des Fachkräftemangels dringend auf Mitarbeiter angewiesen.
Fuhrmann ist der festen Überzeugung, ein fehlender Schulabschluss heiße nicht, dass er oder sie kein gutes Handwerk abliefern könne. "Manche haben in der Schule keine Lust. Aber in dem Moment, wenn sie dann eine Lehre anfangen und nicht nur mit Lesen und Schreiben punkten können, dann können sie endlich zeigen: Ich kann was", so der Unternehmer.
Der Auszubildende Omar Secka.
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