Gewitterwolke über Bayern
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Unwetter über Bayern

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#Faktenfuchs: Sind Hagelflieger Humbug?

In einigen Regionen Deutschlands und auch Bayerns steigen Hagelflieger in die Luft, um Wolken zu "impfen" – in der Hoffnung, Schäden abzuwenden. Ob das zum Ziel führt, ist umstritten. Ein #faktenfuchs zum wissenschaftlichen Stand.

Das Unwetter in Bayern am Montag hat nicht nur Schaden hinterlassen, sondern auch Fragen. Zum Beispiel auf BR24-Facebook, wo Nutzer wissen wollten, warum die Hagelabwehr mit Hilfe von Fliegern und ausgebrachtem Silberiodid nicht funktioniert habe.

Auf diese Frage gibt es zwei Antworten, eine einfache und schnelle. Aber auch eine etwas komplexere, die über das einzelne Gewitter in Bayern hinausgeht.

Die einfache Antwort ist, dass das Unwetter am Montag das Gebiet nicht betraf, in der es Hagelflieger in Bayern gibt – nämlich im Raum Rosenheim, Miesbach und Traunstein.

Wirksamkeit wissenschaftlich nicht abschließend erforscht

Die komplexere Antwort betrifft die Wirksamkeit. Denn wissenschaftlich ist nicht endgültig geklärt, ob Hagelabwehr funktioniert.

Die Idee und in Regionen wie Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, aber auch in Frankreich oder China die Praxis: Ein Flieger "impft" eine sich entwickelnde Gewitterwolke mit einigen Litern Silberiodid – in der Hoffnung, dass die kleinen Teilchen Wasser an sich binden und gefrieren lassen. Damit werden die Hagelkörner in ihrer Zahl zwar mehr, in ihrem Durchmesser werden sie aber kleiner, als sie vielleicht ohne Silberiodid würden. Das soll die Schäden für Landwirte und andere Bewohner in Grenzen halten.

In Rosenheim etwa beauftragt der Landkreis Hagelflieger. Dennoch ist diese Praxis heftig umstritten.

Vorwurf des Betrugs

Der aus Fernsehen und Internet bekannte Meteorologe Jörg Kachelmann nennt die vom Steuerzahler finanzierten Hagelflieger "Betrug".

Doch auch andere Meteorologen sind skeptisch – aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Einige Experten melden den Piloten von Hagelfliegern durchaus solche Wolken, die zum "Impfen" geeignet sind – aufgrund der theoretischen Überlegung, dass es etwas nützen könnte.

Wolken zu "impfen" hat eine Wirkung – die Frage ist nur, welche

Wissenschaftlich aber lässt sich die gewünschte Wirkung des "Impfens" nicht belegen. Denn dafür müssten Forscher ein- und dieselbe Wolke und den Niederschlag zweimal untersuchen können, einmal "geimpft" und einmal "ungeimpft". Das aber geht nicht.

Genau das aber lässt den Sprecher der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, Frank Böttcher, zweifeln, ob man tatsächlich Hagelflieger losschicken sollte.

"Alles, was der Mensch in die Atmosphäre einbringt, hat eine Wirkung", sagte Böttcher gegenüber BR24. "Die Frage ist nur, welche – und wie groß sie ist." Physikalisch seien zwei Richtungen möglich: dass das hinzugefügte Silberiodid die Cumuluswolke und den Hagel verstärkt; oder dass es die Hagelkörner kleiner macht. "Also sollte man es auch nicht tun, weil das Ergebnis nicht vorhersehbar ist", sagte Böttcher.

Fazit

Hagelabwehr durch Silberiodid wird in verschiedenen Regionen Deutschlands und anderen Ländern betrieben. Die gewünschte Wirkung – nämlich dass Hagel weniger stark und damit weniger schädlich ausfällt – ist allerdings wissenschaftlich nicht gesichert.