Ein Duschkopf verteilt Wasser
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Legionellen: Wenn die Warmwassertemperatur zu niedrig eingestellt ist, steigt das Risiko der Keimvermehrung.

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Gas sparen beim Warmwasser: Steigt das Legionellen-Risiko?

Viele Menschen suchen derzeit nach Möglichkeiten, Gas zu sparen. Manche erwägen dabei das Absenken ihrer Warmwasser-Temperatur. Welche Vorgaben es gibt und warum Behörden und Versorger davon abraten, erklärt dieser #Faktenfuchs.

  • In größeren Wasseranlagen sind für Warmwasser 60 Grad Celsius vorgeschrieben, um vor Legionellen zu schützen.
  • Laut Umweltbundesamt sollte die Temperatur in keinem Warmwassersystem unter 55 Grad betragen.
  • Auch der Wasserdurchlauf beeinflusst die Vermehrung von Legionellen.

Das Gas wird knapp und teurer. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bereits die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen und zum Gassparen aufgerufen. Wegen einer weiteren drohenden Verknappung der Liefermenge oder gar einem Lieferstopp durch Russland und der steigenden Kosten suchen viele Verbraucher nach Möglichkeiten, Gas einzusparen.

Ein Twitter-User schrieb etwa, er habe die Temperatur seines Warmwassers von 60 auf 50 Grad Celsius reduziert. Während der User behauptet, das reiche vollkommen aus, kommentieren andere, dass sich dadurch die Gefahr eines Legionellen-Wachstums massiv erhöhe. Was stimmt? Der #Faktenfuchs hat bei Experten nachgefragt.

Legionellen: In geringer Zahl harmlos, bei hoher Konzentration gesundheitsgefährdend

Legionellen sind Bakterien, die von Natur aus in geringer Anzahl in Gewässern, aber auch im Grundwasser vorkommen. Zu einer Infektion kommt es nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI), wenn Legionellen sich vermehren können und sich dann kontaminierte Aerosole bilden. Das kann etwa beim Duschen der Fall sein, wenn das Wasser zerstäubt.

Wer diesen Legionellen-haltigen Wasserstaub einatmet, kann eine schwere Lungenentzündung, die Legionellose oder sogenannte Legionärskrankheit, entwickeln. Daran sterben laut RKI rund fünf bis neun Prozent der Infizierten, geschätzt sind das in Deutschland jährlich einige Tausend Menschen.

Legionellen im Wasser: Temperatur für Vermehrung entscheidend

Ob Legionellen sich derart vermehren können, hängt von der Wassertemperatur ab, der sie ausgesetzt sind. Hat das Wasser weniger als 20 Grad Celsius, können sich Legionellen nicht ausbreiten. Die Temperatur des Grundwassers liegt in Deutschland meist zwischen etwa 10 und 15 Grad.

Ein Legionellen-Risiko gibt es also vorrangig bei Warmwasser - die besten Bedingungen für eine Vermehrung finden Bakterien laut RKI bei Temperaturen zwischen 25 und 45 Grad Celsius. Ab 55 Grad breiten sich Legionellen nicht mehr aus, ab 60 Grad sterben sie ab. Was bedeutet das für das Warmwasser in Haushalten?

Wegen Gesundheitsschutz: Experten empfehlen Warmwassertemperatur von 60 Grad

Die Warmwassertemperatur sollte auf mindestens 60 Grad eingestellt sein - das empfehlen übereinstimmend das Umweltbundesamt (UBA), der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Bayern (LGL) sowie mehrere vom #Faktenfuchs angefragte bayerische Stadtwerke. Das bedeutet: Das warme Wasser, das aus der Leitung kommt, sollte vorher auf mindestens 60 Grad Celsius erhitzt werden.

Auch der Gesetzgeber macht Vorgaben für die Beschaffenheit des Wassers. In der Trinkwasserverordnung des Bundes heißt es in Bezug auf Bakterien, die "Konzentrationen von Mikroorganismen, die das Trinkwasser verunreinigen oder seine Beschaffenheit nachteilig beeinflussen können, sollen so niedrig gehalten werden, wie dies nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik mit vertretbarem Aufwand unter Berücksichtigung von Einzelfällen möglich ist".

Die genaue Temperatur ist also nicht gesetzlich geregelt, sie ist Teil der "allgemein anerkannten Regeln der Technik", erklärt Biologe Benedikt Schaefer vom UBA im Gespräch mit dem #Faktenfuchs. Da etwa Branchenverbände wie der DVGW oder auch das Deutsche Institut für Normung (DIN) übereinstimmende Regeln aufstellen, gelte dies eben allgemein anerkannt. Auf diese Regeln verweist die Trinkwasserverordnung an zahlreichen Stellen.

Branchenverband: Nirgendwo im System sollte Warmwasser weniger als 55 Grad haben

Der DVGW schreibt auf seiner Homepage etwa: "Das erwärmte Trinkwasser am Ausgang des zentralen Trinkwassererwärmers muss 60 °C haben, um eine Vermehrung von Legionellen zu verhindern." Das bedeutet, dass dort, wo das Trinkwasser im Gebäude erhitzt wird, eine Temperatur von 60 Grad Celsius herrschen muss, erklärt Trinkwasser-Experte Schaefer. Es gebe aber noch einen anderen wichtigen Wert: "Nirgendwo im System sollte es unter 55 Grad sein. Denn das Wasser verliert ein bisschen an Temperatur auf dem Weg durch die Rohre."

Ein Thermometer unter den auf Rot gedrehten Wasserhahn zu halten, ist keine Möglichkeit, die tatsächliche Warmwassertemperatur zu überprüfen, sagt Schaefer. "In vielen Haushalten gibt es einen Verbrühschutz, das ist eine Zwangszufuhr von Kaltwasser, damit man sich nicht verbrüht." Wer also seinen Wasserhahn auf heiß dreht, bekommt dennoch nicht die tatsächliche Warmwassertemperatur heraus.

Die durch den Fachmann eingestellte Temperatur, etwa an der Gastherme, sollte laut Schaefer nicht eigenständig verändert werden. Dass auch das UBA im Hinblick auf den eventuell höheren Gasverbrauch an der Vorgabe von 60 Grad Celsius festhält, mag irritierend wirken. "Wir sind uns der Diskrepanz bewusst", sagt Benedikt Schaefer. Gesundheitsschutz gehe hier aber vor.

Eigentümer für Legionellenkontrolle verantwortlich, Risikogruppen sollten besonders aufpassen

Verantwortlich für die Einhaltung ist indes der Hauseigentümer. Die 60 Grad sind für Großanlagen (ab Dreifamilienhäusern) vorgeschrieben, hier gelten verpflichtende Überprüfungsintervalle. In Ein- und Zweifamilienhäusern gibt es keine Pflichtuntersuchungen, die Kesseltemperatur darf auch auf 55 Grad abgesenkt werden. Die Behörden empfehlen jedoch auch hier 60 Grad.

Wer selbst eine Immobilie besitzt, kann also verpflichtet sein, das Wasser auf Legionellen zu überprüfen. "Der Vermieter muss testen, der Eigentümer, der im eigenen Haus wohnt, kann testen", sagt Benedikt Schaefer vom UBA. Der Wasserversorger, also etwa die Stadtwerke, spielen bei Legionellose-Ausbrüchen in der Regel keine Rolle, sagt Schaefer. Die Ursache für Ausbrüche liege meist in privaten oder öffentlichen Gebäuden.

Was Privatpersonen und Bewohner des eigenen Einfamilienhauses machen, liegt letztlich in ihrer Verantwortung. Ein Sprecher der Stadtwerke Augsburg schreibt: "Rechtlich dürfen wir ein Absenken auf 50°C nicht empfehlen. Privates Verhalten muss jeder für sich entscheiden."

Besonders achtgeben auf die Warmwassertemperatur sollten laut UBA-Experte Benedikt Schaefer Hochrisikogruppen. Insbesondere Immungeschwächte sind durch Legionellen gefährdet. Wer etwa nach einer Krebsbehandlung wieder nach Hause kommt, dem werde manchmal der Einsatz von speziellen Filtern empfohlen.

Geringer Wasserdurchlauf kann Keimvermehrung begünstigen

Wo Wasserhahn und Dusche ständig benutzt werden, besteht ebenfalls ein geringeres Keimrisiko. Wer plant, etwa das Gästebad nicht mehr zu nutzen, um Wasser zu sparen, sollte laut Benedikt Schaefer vorsichtig sein: Dies müsse professionell vom Wassersystem abgetrennt werden. "Wenn irgendwo ein unbenutzter Wasseranschluss ist, kann es dazu führen, dass das Wasser dort steht und das ganze Wassersystem verunreinigt." Den Hahn einfach nicht mehr aufzudrehen ist also keine Option.

Es gibt daher nicht viele Möglichkeiten, über das System anstelle des Verbrauchs Wasser zu sparen. "Wassersparen funktioniert am besten bei der Planung oder durch energetische Sanierung", sagt Schaefer. Dann könne darauf geachtet werden, dass es nur dort im Haus Wasseranschlüsse gibt, wo es wirklich notwendig ist.

UBA empfiehlt technische Vorrichtungen nicht

Vermeintliche technische Lösungen, wie sogenannte Legionellenschaltungen, empfiehlt das Umweltbundesamt nicht. Eine Legionellenschaltung erhitzt das Wasser in bestimmten Abständen und soll es so desinfizieren.

Es wird schon seit Jahren an verschiedenen Techniken geforscht, die einen hygienisch sicheren Betrieb bei geringen Temperaturen ermöglichen sollen, sagt der UBA-Experte dem #Faktenfuchs. "Leider liegt bisher für keine dieser technischen Lösungen der Nachweis vor, dass sie in der Praxis genauso sicher funktionieren wie die Einhaltung der vorgegebenen Temperaturen."

Fazit

Der Branchenverband DVGW und das Umweltbundesamt (UBA) empfehlen, dass die Warmwassertemperatur nirgends in einem System unter 55 Grad beträgt. In Großanlagen sind 60 Grad Kesseltemperatur Pflicht, hier wird auch überprüft. Auch in Gebäuden mit kleineren Anlagen werden 60 Grad empfohlen.

Legionellen vermehren sich optimal bei Temperaturen zwischen 25 und 45 Grad Celsius. Wer seine Warmwassertemperatur unter 60 Grad absenkt, verursacht zwar nicht zwingend sofort ein kritisches Legionellen-Wachstum, das Risiko erhöht sich jedoch.

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