Hund mit hechelnder Zunge und gespitzten Ohren
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Ist diese Hundeschnauze ansteckend? Nein, sagen Wissenschaftler.

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#Faktenfuchs: Corona - Brauchen Hunde eine "Maulkorb-Maske"?

Manche Haustiere können an Covid-19 erkranken - aber können sie auch den Menschen anstecken? Welche Gefahr geht von Hunden aus, die Spaziergänger beim Gassigehen beschnüffeln? Ein #Faktenfuchs.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Gassi gehen mit dem Hund ist auch während des Lockdowns erlaubt. Ebenso wie Spazierengehen. Das kann für manch einen zu herausfordernden Situationen führen. Ein Leser schildert in einer Mail an den BR24-#Faktenfuchs seine Begegnungen: "Heute ist mir wieder mehrmals passiert (...), dass Hundebesitzer ihre Hunde mit langer Leine an mir schnuppern lassen. (...) Überall soll man derzeit Abstand halten aber gerade die Coronaübertragung durch Hundeschnauzen wird öffentlich gar nicht thematisiert."

Der Leser fügt in seiner Mail an den #Faktenfuchs hinzu:

"Zumindest sollten sich Hundebesitzer in diesen Zeiten im Klaren sein, dass der Abstand auch für Hunde und ihre feuchten Schnauzen gelten sollte, die ja nicht einmal mit einer Maske abgedeckt sind" - und er fragt: "Kommt noch die Maulkorbmaske?"

Diskussion in den sozialen Netzwerken

Der Mailschreiber geht davon aus, dass eine Übertragung des Virus vom Hund auf den Menschen möglich - oder gar erwiesen ist - doch dem ist nicht so.

Auch in den sozialen Medien tauchen immer wieder Fragen diesbezüglich auf. So schreibt ein Twitternutzer unter das Foto eines Polizeihundes der Polizei Oberpfalz: "Wo hat der Hund denn seine Maske? Hunde und Katzen übertragen doch auch angeblich Corona?"

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Twitter-Kommentar zu Hunde-Masken

Seit Juli gilt für Corona-infizierte Haustiere eine Meldepflicht. Das heißt: Werden zum Beispiel Hunde und Katzen aus einem Haushalt, in dem Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, ebenfalls positiv getestet, muss der Tierarzt dies an die Veterinär-Untersuchungsämter oder Tiergesundheitsämter melden. Dabei besteht keine Test-Pflicht, aber - wenn es einen positiven Test am Haustier gibt - eine Melde-Pflicht. Die Meldepflicht soll dazu beitragen, einen Überblick zu erhalten und Informationen zu Ansteckungsszenarien zu gewinnen. Bei einem Corona-Test werden übrigens wie beim Menschen auch Hund und Katze Rachen- oder Nasentupfer in die Schnauze gesteckt.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte im Zusammenhang mit der Verordnung, es bestehe für Haustierhalter keine Pflicht, ihre Tiere testen zu lassen. Das sei nur sinnvoll, wenn das Tier klinische Symptome zeige.

Hier sind die Tiere aufgelistet, für die die Meldepflicht gilt.

Kaum Nachweise bei Hund und Katz in Deutschland

Seit Beginn der Meldepflicht im Juli wurde in Deutschland vier Mal SARS-CoV-2 bei Hund und Katze nachgewiesen. Franz Conraths ist Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, er leitet dort das Institut für Epidemiologie. Im Gespräch mit dem #Faktenfuchs sagte Conraths: An einer Katze und drei Hunden sei bislang das Coronavirus nachgewiesen worden - wobei zwei Hunde aus einem Haushalt stammten. Einer der infizierten Hunde lebte in München. Alle Tiere kamen aus Haushalten, in denen Menschen an Covid-19 erkrankt waren.

Nicht alle Tierarten können sich infizieren

Dabei wurden die Tiere offenbar von ihren Frauchen und Herrchen angesteckt und nicht umgekehrt. Bei Studien des Friedrich-Loeffler-Instituts zur Empfänglichkeit von Tieren gegenüber SARS-CoV-2 zeigte sich, dass Hunde, Katzen, Kaninchen, Goldhamster und Frettchen für das Virus empfänglich sind. Dagegen konnten weder Schweine noch Hühner, Enten oder Puten mit dem Virus infiziert werden. Rinder weisen eine geringe Empfänglichkeit auf und können das Virus nicht weitergeben. Auch Meerschweinchen ließen sich nicht mit dem Virus infizieren.

Im Gespräch mit dem #Faktenfuchs betonte Wissenschaftler Conraths: "Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass Haustiere wie Hunde und Katzen eine Rolle bei der Verbreitung von SARS CoV-2 spielen." Eine Ausnahme gilt bei Nerzen, die aber nicht als Haustiere gelten.

Ausschlaggebend für die Verbreitung sei bei der Covid-19-Pandemie die Übertragung von Mensch zu Mensch.

Können Haustiere Menschen anstecken?

Das sieht auch die Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der EU-Kommission so, welche im Mai bekannt gab:

"Es gibt derzeit keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Hunde und Katzen eine Rolle bei der Verbreitung von SARS-CoV-2 auf den Menschen spielen. Trotz einzelner Infektionsfälle bei Hunden und Katzen gibt es darüber hinaus keinen wissenschaftlichen Beleg für die Annahme, dass Tiere, die von Menschen infiziert wurden, in der Epidemiologie der derzeitigen Covid19-Pandemie eine Rolle spielen. Covid19-Ausbrüche beim Menschen sind durch Mensch-zu-Mensch-Ansteckungen verursacht."

("There is no current scientific evidence of dogs or cats playing a role in the spread of SARS-CoV-2 towards humans. In addition, despite isolated cases of infection reported in dogs and cats, currently there is no scientific evidence to suggest that animals infected by humans are playing a role in the epidemiology of the current COVID-19 pandemic. Outbreaks of COVID-19 in humans are driven by person-to-person.")

Infektionszahlen: Weltweit 30 Hunde - 74 Millionen Menschen

Conraths veranschaulicht das anhand der weltweiten Infektionszahlen: "Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, haben wir inzwischen nahezu 74 Millionen weltweit. Bei Haustieren ist die Zahl im Moment so um die hundert - etwa ein Drittel davon sind Hunde. Weltweit."

Rund dreißig positiv auf das Coronavirus getestete Hunde stehen also rund 74 Millionen positiv getestete Menschen gegenüber. "Das Risiko, überhaupt mit einem Hund in Kontakt zu kommen, der sich mit dem Coronavirus infiziert hat, ist verschwindend gering", sagte Conraths dem #Faktenfuchs. Die meisten Hunde und Katzen seien übrigens wieder gesund geworden.

Kritik an spanischer Studie

Der eingangs erwähnte Leser berief sich in seiner Mail an den #Faktenfuchs auch auf eine in Spanien durchgeführte Studie zum angeblich erhöhten Infektionsrisiko bei Hundehaltern. In ihrer Untersuchung kommen die Universität von Granada und die Andalusian School of Public Health zu dem Schluss, das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, sei 78% höher, wenn man einen Hund habe.

Die Studie basiert auf der Befragung von rund 2.000 Personen in der Zeit zwischen März und Mai. Die Autorin der Studie, Cristina Sánchez González, räumt allerdings auf der Internetseite der Universität Granada selbst ein:

"Die Ergebnisse unserer Untersuchung warnen vor einer erhöhten Ansteckungsgefahr unter Hundebesitzern, und der Grund für diese höhere Verbreitung muss noch geklärt werden. Berücksichtigt man die derzeitige Knappheit an Mitteln, um SARS-CoV-2 bei Menschen zu diagnostizieren, ist die Möglichkeit der Diagnose in Hunden sehr unwahrscheinlich."

("The results of our research warn of increased contagion among dog-owners, and the reason for this higher prevalence has yet to be elucidated. Taking into account the current scarcity of resources to carry out the diagnosis of SARS-CoV-2 in humans, the possibility of diagnosis in dogs is extremely unlikely.")

Ein "Gassi-Hund" gegen den Lockdown?

Der stellvertretende Leiter des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit, Conraths, ordnet die Studie im Gespräch mit dem #Faktenfuchs ein - und kritisiert sie.

In der Zeit des ersten Lockdowns in Spanien - als die Studie durchgeführt wurde - durften die Menschen ohne triftigen Grund das Haus nicht verlassen. Ein triftiger Grund war aber das Gassi gehen mit dem Hund. Conraths erläutert: "Was die Leute dann gemacht haben war, die Hunde in den Häusern anzubinden, dass jeder, der mal raus wollte, sich den Hund genommen hat und spazieren gegangen ist." Man nahm also den Hund mit, wenn man sich einfach mal wieder mit den Nachbarn habe unterhalten wollen - dabei dürften sich die vermeintlichen Hundehalter dann angesteckt haben - und nicht beim Hund.

Die statistischen Wege, solche "Störvariablen" zu erkennen, seien in der Studie nicht ausführlich genutzt worden, sagt Conraths und fügt hinzu: "Ich möchte den Gehalt dieser Studie von der wissenschaftlichen Seite her sehr deutlich kritisieren."

Ansteckung von Mensch zu Hund - nicht umgekehrt

Belege dafür, dass Hunde oder Katzen ihre Herrchen oder Frauchen angesteckt haben, gibt es bisher nicht - und die liefert auch die Studie nicht. Warum aber können Menschen ihre Katzen und Hunde anstecken - umgekehrt ist aber bisher kein Fall bekannt?

Das Friedrich Loeffler-Institut für Tiergesundheit erklärt, eine mögliche Infektion von Haustieren bedeute "nicht automatisch, dass sich das Virus in den Tieren vermehren kann und von ihnen auch wieder ausgeschieden wird (mit z.B. Nasensekret, Hustenauswurf oder Kot)".

Katzen stecken Katzen an

Vor allem in Hunden vermehre sich SARS-CoV-2 nicht stark genug, damit ausreichend Virus für die Weitergabe bzw. Ansteckung an den Menschen vorhanden sei. Auch für die gegenseitige Ansteckung von Hunden reiche das nicht aus. Bei Katzen ist das anders: Sind sie infiziert, scheiden sie genug Virus aus, um Artgenossen infizieren zu können, teilt das Friedrich-Loeffler-Institut auch eine schriftliche Nachfrage des #Faktenfuchs mit. Und fügt hinzu: Dass eine Katze einen Menschen angesteckt hat wurde "bisher aber nicht beobachtet, hierfür ist die Virusmenge nicht ausreichend."

Anders beim Menschen: Vor allem coronainfizierte Personen mit Krankheitssymptomen könnten große Virusmengen über Nase und Mund ausscheiden - es sei davon auszugehen, "dass ihre Umgebung entsprechend mit Virus belastet ist".

Hygiene-Regeln auch im Umgang mit Haustieren

Brauchen Hunde nun also eine "Maulkorb-Maske", wie sie der Spaziergänger in seiner Mail an den #Faktenfuchs ins Gespräch bringt? Franz Conraths gibt auf diese Frage eine eindeutige Antwort:

"Nein, das braucht man nicht." Für Menschen seien aber auch im Umgang mit Tieren die allgemeinen Hygieneregeln notwendig: Den Tieren nicht ins Gesicht fassen, sich nicht vom Tier das Gesicht abschlecken lassen, nach dem Streicheln des Tieres und dem Gassi gehen Hände waschen.

Fazit

Seit Mitte Juli wurde in Deutschland bei einer Katze und drei Hunden eine Infektion mit dem Corona-Virus nachgewiesen. Bislang gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Hund und Katze oder andere Haustiere das Virus an den Menschen weitergeben. In den Körpern von Hund und Katze wird das SARS-CoV-2-Virus nicht ausreichend vermehrt, um einen Menschen anstecken zu können. Eine "Maulkorb-Maske" ist deshalb für Hunde nicht nötig.

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