Heliumhydrid-Ionen im Universum entdeckt
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Heliumhydrid-Ionen im Universum entdeckt

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Erstes Molekül im All - Chemielabor Universum

Am 17. April 2019 verkündeten Forscher, dass sie das erste nach dem Urknall entstandene Molekül im All nachgewiesen haben. Das ist bemerkenswert, weil es die Existenz eines lange gesuchten Phantomteilchens bestätigt.

13,8 Milliarden Jahre ist unser Universum alt. Es hat sich explosionsartig nach dem Urknall entwickelt. Kurz darauf bildete sich ein Molekül: das Heliumhydrid-Ion. Soweit die Theorie. Seit 1925 war das erste Molekül im Universum ein Phantomteilchen, das zwar im Labor belegbar war, aber nicht im All gefunden werden konnte. Bis jetzt! Nun ist es nachgewiesen und im Fachmagazin "nature" beschrieben worden.

Warum ist das Heliumhydrid-Ion so bedeutend?

Kurz nach dem Urknall sank die Temperatur im Universum ab: auf weniger als 4.000 Kelvin (3.726,85 Grad Celsius). Dadurch konnten die ersten neutralen, das heißt nicht elektrisch geladenen, Atome im All - Wasserstoff, Helium und Spuren von Lithium - chemische Verbindungen eingehen. Das Heliumhydrid-Ion entstand. Mit Entwicklung dieses einen Moleküls fing es im Universum an zu brodeln und chemische Reaktionen setzten sich in Gang.

"Die Chemie des Universum hat mit Heliumhydrid-Ion (HeH+) begonnen. Der fehlende Nachweis für die Existenz dieses Moleküls im interstellaren Raum hat für lange Zeit ein Dilemma für die Astronomie dargestellt." Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR), Studien-Autor und bis Oktober 2018 Projektleiter für den GREAT-Empfänger.

💡 Was ist ein Molekül?

Ein Molekül ist ein Teilchen, das aus zwei oder mehreren Atomen besteht, die einem oder verschiedenen chemischen Elementen angehören. Jedes Molekül hat eine charakteristische Infrarot-Strahlung, durch die es nachgewiesen werden kann.

Wie wurde das erste Molekül im All aufgespürt?

Ende der 1970er-Jahre verdichteten sich in astrochemischen Modellen die Anzeichen, dass das Heliumhydrid-Ion in planetarischen Nebeln innerhalb unserer Milchstraße versteckt sein könnte. Planetarische Nebel sind Gashüllen von sterbenden Sternen, die Weiße Zwerge genannt werden. Sie sind extrem heiß und leuchten stark. Perfekte Voraussetzungen für die Entstehung des gesuchten Moleküls. Weiter kamen die Forscher damals nicht. Zum endgültigen Nachweis fehlt die perfekte Technik.

Fliegende Sternwarte SOFIA und Ferninfrarot-Spektrometer GREAT

Auf die Schliche kam man dem Heliumhydrid-Ion, da jedes Molekül eine charakteristische Infrarot-Strahlung hat. Allerdings ist es von der Erde aus unmöglich, fern-infrarote Wellenlängen zu erspähen. Die Erdatmosphäre ist in diesem Wellenbereich undurchlässig. Die Suche nach dem ersten Molekül im All setzte voraus, dass die Forscher abhoben: entweder in den Weltraum oder in eine Flughöhe von mindestens 13 Kilometern. Ein internationales Forscherteam um Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie wählte letzteres und entwickelte in mehr als zehn Jahren Forschung das Ferninfrarot-Spektrometer GREAT, kurz für German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies, und die fliegende Sternwarte SOFIA, das Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie in einer umgebauten Boing 747.

Fundort: der planetarische Nebel NGC 7027

Mithilfe von GREAT und SOFIA wurden die Forscher im planetarischen Nebel NGC 7027 fündig, der etwa 3.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Bei einer Wellenlänge von 149 Mikrometern, also der Frequenz von 2,01 Terahertz, konnte man das Heliumhydrid deutlich sehen. Das Molekül versteckte sich wie vermutet am Innenrand der heißen, stark strahlenden Gaswolke des Nebels. Damit meinen Forscher nun zu wissen, nach welchen Regeln Moleküle im Universum entstehen und vergehen.