Erdbeben-Seismograph
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Internet-Nutzer können die Lokalisierung von Erdbeben beschleunigen.

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Erdbeben schneller finden mit dem Internet

Wenn die Erde bebt, greifen viele Menschen zum Smartphone. Sie wollen Informationen bekommen, aber auch ihre Erfahrungen teilen. Forscher können das nutzen, um Erdbeben schneller zu lokalisieren.

Über dieses Thema berichtet: radioWissen am .

Zugriffsdaten und Nachrichten von Internetnutzern helfen bei der Lokalisierung von Erdbeben: Wenn Wissenschaftler diese Daten mit den Aufzeichnungen seismischer Stationen kombinieren, können sie im Schnitt über eine Minute schneller mitteilen, wo ein Beben in etwa stattgefunden hat. Das berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin Science Advances. Behörden und die Öffentlichkeit müssten schnellstmöglich wissen, wo die Erde bebte, um effektiv darauf reagieren zu können, etwa um Hilfsmaßnahmen zu organisieren.

Drei bis acht Minuten bis zur Erdbeben-Meldung

Erdbeben werden üblicherweise von seismischen Stationen erfasst, die es überall auf der Welt gibt. Das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam betreibt zum Beispiel einen Erdbeben-Monitoring-Dienst, der auf Daten von hundert eigenen seismischen Stationen des Netzwerks Geofon und etwa 800 weiterer Stationen beruht.

"Für die zuverlässige Lokalisierung eines Bebens benötigt man die Daten von mehreren Stationen. Man muss ausschließen, dass es sich bei einem Signal nicht etwa nur um eine lokale Erschütterung gehandelt hat." Joachim Saul, Deutsches Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam

Normalerweise dauert es etwa drei bis acht Minuten, bis aus den gelieferten Daten errechnet ist, wo ein Erdbeben in welcher Stärke stattgefunden hat. Sind sich die Fachleute sicher, dass es ein Erbeben gegeben hat, veröffentlichen sie ihre Informationen und leiten sie auch an das European-Mediterranean Seismological Centre (EMSC) weiter. Dieses verbreitet die Informationen über die eigene Webseite, eine App und via Twitter.

Erdbeben-Suche mit App und Twitter

Die Forscher unter Leitung von Robert Steed vom EMSC wollten nun prüfen, ob sich die Lokalisierung eines Bebens beschleunigen lässt, wenn man Daten aus dem Internet heranzieht. Sie nutzten dafür die Zugriffsdaten auf die EMSC-Webseite und dessen Erdbeben-App und durchforsteten zudem den Kurznachrichtendienst Twitter nach Tweets, die den Begriff "Erdbeben" (in 59 Sprachen) enthielten. Nach einem Beben greifen viele Menschen zum Smartphone, um in sozialen Medien zu berichten, was sie erlebt haben, und um ihre Erfahrungen zu teilen.

Eine Minute schneller als ohne Internet

Insgesamt analysierten die Forscher Daten zu mehr als 1.500 Erdbeben aus dem Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 31. Dezember 2017. Die Auswertung ergab, dass sie bei der Lokalisierung mithilfe der Internet-Daten durchschnittlich mehr als eine Minute schneller waren, als wenn sie nur die Daten der seismischen Stationen genutzt hätten.

"Die Ergebnisse sind spannend und auch für Geofon relevant, da sie die Reaktion von Menschen, die ein Erdbeben selbst verspürt haben, unmittelbar mit einbezieht. Wir stehen aber erst am Anfang einer Entwicklung. Besonders die genaue Bestimmung der Erdbebenstärke bleibt eine Herausforderung." Joachim Saul, Deutsches Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam