"Very handsome", also sehr hübsch soll sie gewesen sein. Das schrieb zumindest der London Standard im Dezember 1868. Für eine Ampel, noch dazu die erste, ist das kein schlechtes Kompliment. Am 9. Dezember 1868 wurde das "neue Straßensignal" in London am Parliament Square errichtet und am 10. Dezember in Betrieb genommen. Eine gusseiserne, fast sieben Meter hohe Säule mit drei Zeigern und einer gasbetriebenen Laterne oben drauf sollte Ordnung in den Verkehr an der gefährlich gewordenen Kreuzung bringen. Die Konstruktion des Unternehmens Saxby & Farmer nach dem Entwurf von John Peake Knight, wurde zur ersten Ampel der Welt.
Die erste Ampel der Welt explodierte
Der Eisenbahningenieur John Peake Knight wollte die hilfreichen Signalgeber aus dem Schienenverkehr auf die Straße übertragen. Seine Idee sah allerdings noch einen Polizisten vor, der die Ampel mittels eines Hebels bediente: Standen ihre Zeiger waagrecht, mussten Reiter und Kutschen anhalten. Standen sie im 45-Grad-Winkel nach unten, war der Weg frei. Nachts leuchtete zusätzlich eine Lampe in Rot oder Grün und signalisierte so Halten oder Fahren. Die Gaslaterne sollte der Konstruktion allerdings zum Verhängnis werden: Sie explodierte rund drei Wochen nach dem Aufstellen.
Diese grüne Plakette erinnert in London an das Aufstellen der ersten Ampel der Welt am 9. Dezember 1868.
Aus Cleveland stammt die erste elektrische Ampel der Welt
Eine verbesserte Version der Ampel, die erste elektrische der Welt, ging am 5. August 1914 in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio in Betrieb. Sie regelte den Verkehr nur noch mit rotem und grünem Licht. In den 1920er-Jahren wurde es auch in Deutschland Zeit, Ordnung in das zunehmende Verkehrsaufkommen zu bringen: Der Potsdamer Platz in Berlin galt damals als der verkehrsreichste Platz Europas. 1924 wurde dort ein fünfeckiger und acht Meter hoher Ampelturm errichtet. In der Kabine auf dem Turm saß ein Polizist und steuerte das Signal per Hand.
In Berlin wurde die erste Ampel 1924 aufgestellt, am Potsdamer Platz. Jetzt steht dort eine Nachbildung.
Wir verbringen zwei Wochen unseres Lebens an der roten Ampel
Insgesamt habe die Ampel ihren Siegeszug in Deutschland allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg angetreten, berichtet der Historiker Christopher Kopper von der Universität Bielefeld. Vorher habe es einfach flächendeckend noch nicht so viel Verkehr gegeben. Heute soll Deutschland die höchste Ampeldichte der Welt haben. Zwei Wochen seines Lebens verbringt man hier mit dem Warten an einer roten Ampel.
Mit dem Kreisverkehr bekommt die Ampel Konkurrenz
Doch mit den Jahren hat die leuchtende Signalanlage Konkurrenz bekommen: "Was Verflüssigung des Verkehrs und Unfallrisiko angeht, ist der Kreisel überlegen", sagt Kopper. In den 1990er-Jahren habe die Aufrüstung Ampel-Deutschlands nachgelassen, berichtet Frank Steinbeck vom Deutschen Technikmuseum Berlin. "Ab da hat man vermehrt auf den Kreisverkehr zurückgegriffen."
Warum die Ampel nie überflüssig oder langweilig wird
Und wenn sich das autonome Fahren durchsetzt, erlischt die Ampel dann ganz? Wegen der Fußgänger und Radfahrer werde es weiter Ampeln geben, sind sich die Experten der Bundesanstalt für Straßenwesen sicher. "Die Ampel wird niemals überflüssig", meint Leo Birkner, Siemens-Produktmanager für urbane Verkehrssysteme. Und langweilig auch nicht: Mittlerweile gibt es nicht nur das Ampelmännchen, sondern unter anderem auch die Ampel-Frau, Ampel-Paare, den Ampel-Kasperl, den Ampel-Luther, den Ampel-Bergmann und den Ampel-Elvis.