Die Gewinner des Deutschen Zukunftspreis 2021: das Team um die Firmengründer Özlem Türeci und Ugur Sahin des Mainzer Unternehmens BioNTech, sowie Katalin Kariko und Christoph Huber. Links daneben steht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der den Zukunftspreis verliehen hat.
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Die Gewinner des Deutschen Zukunftspreis 2021: das Team um die Firmengründer Özlem Türeci und Ugur Sahin des Mainzer Unternehmens BioNTech.

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Deutscher Zukunftspreis 2021 für Biontech-Impfstoff

Einer der bedeutendsten Wissenschaftspreise Deutschlands geht an die Entwicklerinnen und Entwickler des mRNA-Impfstoffs von Biontech. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verlieh dem Team am Mittwochabend den Deutschen Zukunftspreis 2021.

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2021 wurde der Zukunftspreis zum 25. Mal vergeben. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verlieh die Auszeichnung am 17. November in Berlin. Welches der drei nominierten Teams den Preis erhält, bleibt bis zuletzt geheim - auch wenn sich dieses Mal die Überraschung über die Gewinner vielleicht in Grenzen hielt: Er ging an die Entwickler des Corona-Impfstoffs von Biontech, an die Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci sowie an Christoph Huber und Katalin Karikó.

Der Deutsche Zukunftspreis ist mit 250.000 Euro dotiert und gehört zu den bedeutendsten Wissenschaftspreisen in Deutschland. Um die Auszeichnung zu erhalten, muss ein Produkt nicht nur innovativ, sondern bereits bis zur Marktfähigkeit entwickelt sein. Schon die Nominierung gilt als hohe Auszeichnung.

Im Gegensatz zu den Entwicklungen der beiden anderen Forscher-Teams war der Biontech-Impfstoff Produkt bereits seit vielen Monaten in den Medien. Dem Biontech-Team gelang es als erstes, einen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln und bis zur Zulassung zu bringen. Basis des Impfstoffs von Pfizer/Biontech ist die mRNA-Technologie, deren Möglichkeiten die Nominierten bereits seit Jahrzehnten erforschen, etwa bei Immuntherapien gegen Krebserkrankungen.

Aber auch die anderen beiden nominierten Teams haben neuartige Produkte bis zur Marktreife gebracht. Eines der Teams kommt aus Franken und hat das bildgebende Verfahren der Computertomographie weiterentwickelt.

Für den Zukunftspreis nominiert: Quantenzählender Computertomograph

Die Computertomographie (CT) ist seit Jahrzehnten eines der wichtigsten Verfahren, um Bilder aus dem Inneren des menschlichen Körpers zu gewinnen. Die dreidimensionalen Aufnahmen zeigen feine Unterschiede oder Veränderungen an Organen, Gefäßen und Knochen und helfen, Erkrankungen oder Verletzungen zu erkennen. Thomas Flohr, Björn Kreisler und Stefan Ulzheimer von Siemens Healthineers in Forchheim haben neue Techniken entwickelt, um die Computertomographie zu verbessern.

Eine davon ist ein neuartiges Prinzip, mit dem der Detektor im Computertomographen die Röntgenstrahlen erkennt. Ein spezielles kristallines Material erlaubt, einzelne Röntgenquanten zu zählen und zu analysieren. So sind CT-Aufnahmen in einer bislang unerreichbaren Auflösung möglich, die zugleich viele wertvolle zusätzliche Informationen liefern. Medizinische Diagnosen bekommen so eine bessere Basis, wie auch die daraus folgende Entscheidung, welche Therapie angebracht ist.

Der von den Nominierten entwickelte Detektor erfasst jedes auftreffende Röntgenquant einzeln und verwandelt es direkt in ein vom Computer verwertbares digitales Signal. Experten sprechen dabei von "Quantenzählen". Die Grundlage dafür ist Cadmium-Tellurid, eine kristalline Verbindung, die das Team erstmals als Material für die medizinische Ganzkörper-Computertomographie nutzbar gemacht hat. Der neuartige Werkstoff erhöht nicht nur die Qualität der CT-Bilder, sondern reduziert auch die Belastung des Körpers durch die Röntgenstrahlung um bis zu 40 Prozent. Erste Prototypen von CT-Bauteilen mit der neuen Technik wurden 2008 gebaut, 2014 folgten die ersten klinischen Tests. Seit 2021 sind mehrere Computertomographen mit quantenzählenden Detektoren im klinischen Routineeinsatz.

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Stefan Ulzheimer, Thomas Flor und Björn Kreisler haben Techniken entwickelt, um die Computertomographie zu verbessern.

Nachhaltige Reifen mit Löwenzahn waren für den Zukunftspreis 2021 nominiert

Autoreifen enthalten 10 bis 40 Prozent Naturkautschuk. Doch der hochwertige Rohstoff ist rar und seine Gewinnung in Monokulturen des Kautschukbaums (Hevea brasiliensis) auf riesigen Plantagen im tropischen Süd- und Südostasien belastet oft die Umwelt. Carla Recker, Dirk Prüfer und Christian Schulze Gronover (Continental AG, Westfälische Wilhelms-Universität und Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME, Münster) haben eine Alternative gefunden: Russischen Löwenzahn.

Aus der unscheinbaren Pflanze lassen sich auf ökologisch verträgliche Weise Produkte herstellen, die denen mit Kautschuk aus herkömmlicher Fertigung ebenbürtig sind. Derzeit werden jährlich rund 14 Millionen Tonnen Kautschuk gewonnen, von denen mehr als zwei Drittel zur Herstellung von Reifen dienen. Der Bedarf an Naturkautschuk wächst ständig, deshalb könnte der Rohstoff schon in einigen Jahren knapp werden.

Der Russische Löwenzahn stammt aus Zentralasien und ist neben dem Kautschukbaum eine der wenigen Pflanzen, die Naturkautschuk produzieren. Das geschieht in den Wurzelzellen des Löwenzahns, wo bestimmte Proteine biologische Reaktionen in Gang setzen. Sie lassen einen dickflüssigen, klebrigen Milchsaft entstehen, der den Kautschuk enthält. Allerdings: In seiner natürlichen Form ist der Russische Löwenzahn für eine landwirtschaftliche Nutzung kaum geeignet.

Um einen wirtschaftlich rentablen Anbau der Pflanze und eine effiziente Verwertung ihres Kautschuks zu ermöglichen, hat das Team um Dirk Prüfer und Christian Schulze Gronover daher zunächst die Eigenschaften des Löwenzahns optimiert. Sie züchteten Pflanzen mit einem Kautschukanteil in den Wurzeln von rund zehn Prozent. Damit kann der optimierte Russische Löwenzahn in puncto Ertrag inzwischen fast mit dem Kautschukbaum konkurrieren. Zudem entwickelte das Team spezielle landwirtschaftliche Anbaumethoden sowie neue Techniken zur Bekämpfung von Unkraut, zur Ernte der Pflanzen und ein Verfahren, den natürlichen Rohstoff direkt aus den getrockneten und gereinigten Wurzeln zu extrahieren.

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Naturkautschuk mit Russischem Löwenzahn? Christian Schulze Gronover, Carla Recker und Dirk Prüfer haben diese Alternative gefunden.

Der Zukunftspreis für den ersten Covid-19-Impfstoff mit mRNA-Technologie

"Was Biontech in der Pandemie geleistet hat, ist bahnbrechend und inspirierend", so gratulierte die amtierende Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) in einer Mitteilung. "Mit der Entwicklung eines sicheren und wirksamen Impfstoffes haben die Forscherinnen und Forscher von Biontech mutmaßlich Millionen von Menschen weltweit das Leben gerettet und vor schweren Krankheitsverläufen geschützt."

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Gewinner des Zukunftspreises: Ugur Sahin, Özlem Türeci und Christoph Huber, sowie Katalin Karikó (nicht im Bild)

Neben der erfolgreichen Entwicklung eines Impfstoffs gegen Covid-19 verfolgen Ugur Sahin und Özlem Türeci weiterhin das von Anfang an gesteckte Ziel, die mRNA-Technologie zur Entwicklung von innovativen Medikamenten und Impfstoffen gegen eine Vielzahl von Erkrankungen zu nutzen. Besonders weit fortgeschritten sind sie im Bereich der Krebsbehandlung. Dazu hat das Team bei Biontech bereits mehrere neuartige Immuntherapien in der klinischen Testphase. In den nächsten Jahren sollen die ersten davon Marktreife erreichen.

Zudem arbeiten sie an der Entwicklung immuntherapeutischer Arzneimittel und Impfstoffe gegen Erkrankungen wie HIV, Tuberkulose, verschiedenen Entzündungs- und Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose. Selbst Allergien, so die Hoffnung des nominierten Teams, könnten sich künftig mithilfe von Medikamenten, die auf Basis der mRNA-Technologie entwickelt wurden, kurieren lassen.

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