Ein Kind wird in einem Gesundheitszentrum im Süden Madagaskars gegen Masern geimpft
Bildrechte: dpa-Bildfunk

Ein Kind wird in einem Gesundheitszentrum im Süden Madagaskars gegen Masern geimpft

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Deutlich mehr Todesopfer durch Masern

Die Masern breiten sich weltweit gefährlich aus. Vor allem in Afrika infizieren sich viele Menschen mit der hoch ansteckenden Krankheit. Die Zahl der Todesfälle steigt und eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Nach großen Erfolgen bei der Bekämpfung der Masern breiten sie sich derzeit wieder weltweit aus. Rund 140.000 Menschen sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO im vergangenen Jahr an der hochansteckenden Krankheit gestorben, zumeist Kinder unter fünf Jahren. Die Zahl der Todesopfer ist im Langzeit-Vergleich zwar gesunken. Im Jahr 2000 erlagen noch mehr als 535.000 Menschen der Krankheit. Seit Kurzem steigen die Zahlen jedoch wieder.

Zahl der Toten und Infektionen steigt

So gab es 2018 den WHO-Schätzungen zufolge rund 16.000 Masern-Tote mehr als 2017. Vor allem im Kongo breiten sich die Masern aus. Ein Grund ist laut der WHO eine zu niedrige Impfrate. Experten beklagen unter anderem Lücken in der Versorgung mit Impfstoffen.Wie die Zahl der Todesopfer stieg auch die Zahl bei den geschätzten Infektionen an. Nach WHO-Schätzungen gab es 2018 knapp 9,8 Millionen Masernfälle, im Jahr davor fast 7,6 Millionen.

Gefährliche Komplikationen

Zu den Masernsymptomen zählen ein Ausschlag der Mundschleimhaut und die charakteristischen bräunlich-rosafarbenen Hautflecken. Die Infektion schwächt vorübergehend das Immunsystem, so dass es leichter zu Mittelohrentzündung, Bronchitis, Lungenentzündung oder Durchfall kommt. Eine besonders gefürchtete Folge sind bestimmte Hirnentzündungen, die tödlich enden können.

Hohe Dunkelziffer

Da in vielen Ländern keine Meldepflicht besteht, wird laut WHO nur ein Bruchteil der Masernfälle bekannt. Die weitaus meisten Ansteckungen wurden 2019 bis Mitte November aus dem Kongo gemeldet. Die Behörden gehen davon aus, dass allein dort mehr als 5.000 Menschen an Masern gestorben sind, weit mehr als beim Ebola-Ausbruch seit Sommer 2018 mit bislang rund 2.200 Toten.

Große Masern-Ausbrüche in Europa und Afrika

In Europa kam es in der Ukraine zu einem großen Ausbruch mit fast 57.000 gemeldeten Fällen. Auch in Liberia, Madagaskar und Somalia gibt es große Probleme mit den Masern. Auf diese fünf Staaten entfällt letztlich fast die Hälfte aller gemeldeten Masern-Fälle. Auch in den USA, die schon einmal als masernfrei galten, ist die Tendenz wieder steigend: Das Land verzeichnete so viele Fälle wie seit 25 Jahren nicht mehr. Im polynesischen Inselstaat Samoa sind seit Ende November mindestens 62 Menschen bei einem Masernausbruch gestorben.

Schwache Gesundheitssysteme

"Die Gesundheitssysteme sind in manchen Ländern sehr geschwächt. Da gibt es dann oft Lücken in der Versorgungskette, insbesondere beim Masern-Impfstoff", sagte Marcus Bachmann, der für die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" zuletzt mehrmals als Einsatzleiter im Kongo war. Der Masern-Impfstoff müsse bis zur Verabreichung permanent gekühlt werden. Das sei in vielen Ländern eine große Herausforderung.

Masern in Konkurrenz zu Ebola

Speziell im Kongo stehe zudem der Kampf gegen Ebola im Mittelpunkt, was sich auch finanziell deutlich bemerkbar mache. "Die Menschen vor Ort können dieses Ungleichgewicht gar nicht verstehen. Sie haben große Sorgen wegen der Masern, weil die ihre Kinder oft töten", sagte Bachmann. Für das kommende Jahr gebe es wenig Grund für Optimismus, sagte Bachmann. Die typischen Probleme in einigen Ländern - schlechte Überwachung und zu langsame Prüfung neuer Fälle, fehlende Impfungen und grundsätzlich Unsicherheit durch Konflikte - ließen sich schließlich nicht "von heute auf morgen" lösen.

"Kollektives Versagen beim Schutz der Verletzlichsten"

"Die Tatsache, dass ein Kind aufgrund einer Krankheit wie Masern stirbt, der durch Impfung vorgebeugt werden kann, ist offen gesagt, ein Frevel und ein kollektives Versagen beim Schutz der Verletzlichsten", sagte Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO. Der Organisation zufolge sind die Impfraten im vergangenen Jahrzehnt aber weltweit konstant geblieben.

Zu wenig Kinder erhalten die zweite Impfdosis

Die WHO schätzt, dass 86 Prozent der Kinder eine erste Impfung erhalten, nur rund 70 Prozent dann aber die empfohlene zweite Dosis. Nach WHO-Angaben ist eine Impfrate von 95 Prozent mit zwei Dosen in jedem Land nötig, um die Bevölkerung vor der Krankheit zu schützen. In Deutschland wurden nach Angaben des Robert Koch-Instituts von Januar bis Ende November 501 Masern-Fälle gezählt - 2018 waren es im selben Zeitraum 528 Fälle. Die Zahlen in Deutschland schwanken von Jahr zu Jahr jedoch sehr. Sie lagen in den vergangenen zehn Jahren zwischen 165 und 2465 Fällen pro Jahr.

Masern-Impfpflicht in Deutschland

Zum stärkeren Schutz vor der hoch ansteckenden Krankheit hat der Bundestag im November ein Gesetz für eine Impfpflicht beschlossen. Es soll zum 1. März 2020 in Kraft treten. Eltern müssen dann vor der Aufnahme in Kitas oder Schulen nachweisen, dass ihre Kinder geimpft sind. Für Kinder, die schon zur Kita oder in die Schule gehen, muss der Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erfolgen. Bei Verstößen drohen bis zu 2.500 Euro Bußgeld. Greifen soll die Impfpflicht auch für Lehrkräfte und Erzieherinnen sowie für Personal in medizinischen Einrichtungen.