Apothekerin Stephanie Schnare zeigt in der Torhaus-Apotheke den Impfstoff Comirnaty von Biontech.
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Impfstoff Comirnaty von Biontech

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Impfstoff aus Deutschland: Die teuerste Apotheke der Welt

Man kann darüber streiten, wie sich Deutschland in der Corona-Pandemie geschlagen hat. Aber: Ein Unternehmen aus Mainz, hat gezeigt, dass Spitzentechnologie "made in Germany" global helfen kann. Trotzdem haben ärmere Staaten immer noch das Nachsehen.

Professor Uğur Şahin und Dr. Özlem Türeci haben Medizingeschichte geschrieben. Die Firmenchefs von Biontech entwickelten in weniger als einem Jahr einen der besten Corona-Impfstoffe weltweit und machten ihn Millionen Menschen zugänglich.

Bei der Verleihung des Deutschen Zukunftspreises durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte Uğur Şahin: "Wir sind glücklich dass wir mit unserem Impfstoff einen Unterschied für Menschen machen konnten. Und dass wir dafür auch gewürdigt worden sind."

Weltweit über drei Milliarden Biontech-Dosen verimpft

Weltweit ist das Vakzin laut Biontechs US-Kooperationspartner Pfizer inzwischen rund dreieinhalb Milliarden Mal verimpft worden. Die Mainzer Firma – gerade noch ein kleines Unternehmen - steht plötzlich im Zentrum der Weltgeschichte.

Der kometenhafte Aufstieg beginnt am 24. Januar 2020. Biontech hat bis dahin an einem Impfstoff gegen Krebs geforscht. Die Idee: Das Immunsystem der Patienten ganz individuell gegen ihre Krebsart zu trainieren. Mit Hilfe von mRNA, einem künstlichen Botenstoff.

Impfstoffentwicklung in Rekordzeit

Als Uğur Şahin aus einer wissenschaftlichen Veröffentlichung vom Corona-Ausbruch in China erfährt, reagiert er sofort. Und überträgt die Krebs-Idee auf das Coronavirus. "Aus dem Paper war ersichtlich, dass dieser Ausbruch nicht regional bleiben wird, sondern wahrscheinlich schon global ist. Und wir haben uns dann direkt am Wochenende drauf entschieden, eine Impfstoffentwicklung einzuleiten."

In einem beschleunigten Prüfverfahren testet die Firma bis November 2020 zehntausende Probanden. Die Wirksamkeit gegen das Ursprungsvirus erreicht beachtliche 95 Prozent.

Coronavirus muss global bekämpft werden

Ende Dezember ist es soweit: Der Biontech-Impfstoff Comirnaty wird als erster in der EU zugelassen und ab 27. Dezember EU-weit verimpft.

Gleichzeitig ist klar: Das Coronavirus muss weltweit bekämpft werden. Weil sich sonst immer wieder neue Mutationen über die gesamte Erde ausbreiten. Schon im April 2020 haben unter anderem Weltgesundheitsorganisation und EU eine Initiative gegründet: COVAX. Ihr Ziel: Impfstoffe fair auf alle Länder zu verteilen. Im Februar 2021 betont Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sich die EU auch ganz besonders für Impfungen in Afrika einsetzen werde.

Impfstoff vor allem für reiche Länder

Doch es beginnt ein Hauen und Stechen: Noch vor der EU-Zulassung prescht Großbritannien vor und sichert sich die ersten Biontech-Dosen. Bald ist Israel weltweit führend beim Impfen. Es hat mit Biontech/Pfizer besondere Vertragsbedingungen ausgehandelt: Das Land liefert Daten über die Geimpften. Und zahlt angeblich mindestens doppelt so viel je Dosis wie die EU mit 12 Euro. Weniger wohlhabende Länder müssen sich dagegen mit Impfstoffen aus China und Russland zufriedengeben.

Dazu kommen logistische Herausforderungen mit dem deutschen Hightech-Impfstoff, die sich etwa in Afrika nur schwer bewältigen lassen: Die Ampullen müssen, zumindest nach anfänglicher Empfehlung, in Spezial-Kühltruhen bei Minus 70 Grad gelagert werden.

Erst vor einem Monat warnt die Covax-Initiative: Gerade mal 16 Prozent der Menschen in ärmeren Ländern hätten eine erste Dosis bekommen. Die Zahlen von Pfizer zeigen: Das Biontech-Vakzin bleibt bis heute ein Produkt für reichere Länder. Es ist zwar inzwischen in 179 Staaten geliefert worden. Aber zum Beispiel der Kongo, mit einer Einwohnerzahl ähnlich wie Deutschland, hat bis heute knapp zwei Millionen Dosen erhalten. Deutschland: 200 Millionen.

Produktion in Afrika wird aufgebaut

Die Vereinten Nationen sagen: afrikanische Länder müssten selbst befähigt werden, Impfstoffe herzustellen, um die Lücke zu schließen. Und das sei auch eine Frage des geistigen Eigentums. Sprich: des Patentschutzes. Die Bundesregierung aber stellt sich gegen eine Aufweichung - und setzt stattdessen auf die freiwillige Vergabe von Lizenzen.

Biontech will noch dieses Jahr eine Produktion in Afrika aufbauen. Wohl im Senegal, Ruanda und vielleicht Südafrika. "Wir möchten auch in Afrika produzieren", so Uğur Şahin. "Damit in Afrika durch afrikanische Unternehmen für Afrika produziert werden kann. Um in einer Notsituation auch schnell reagieren zu können."

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