Bei jungen Menschen ist der Cannabiskonsum nach einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) deutlich gestiegen. So gaben im vergangenen Jahr 22 Prozent der 18- bis 25-Jährigen an, in den zurückliegenden zwölf Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben. 2016 waren es 16,8 Prozent und 2008 noch 11,6 Prozent. Dieser klare Anstieg sei sowohl bei den weiblichen als auch bei den männlichen Befragten zu verzeichnen, teilte die Bundeszentrale vor dem Weltdrogentag am 26. Juni 2019 in Köln mit.
Anstiege auch in der Gruppe der 12- bis 17-Jährigen
Anstiege seien auch in der Gruppe der 12- bis 17-Jährigen zu beobachten: Aktuell geben 8 Prozent der Jugendlichen an, Cannabis mindestens einmal in den letzten zwölf Monaten konsumiert zu haben. Im Jahr 2016 waren es 6,9 Prozent, im Jahr 2011 noch 4,6 Prozent.
"Cannabis ist und bleibt eine Droge mit hohen gesundheitlichen Risiken, gerade für regelmäßig konsumierende Jugendliche. Daher führt eine Debatte um Legalisierung völlig am Ziel vorbei." Marlene Mortler (CSU), Drogenbeauftragte der Bundesregierung
Marlene Mortler setzt stattdessen auf mehr Aufklärung. "Wir möchten erreichen, dass mehr Jugendliche über die Gefahren Bescheid wissen und nicht aus Gruppenzwang oder Neugierde noch leichter an den Stoff herankommen." Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale, fügt hinzu: "Je früher und je häufiger konsumiert wird, desto größer ist das Risiko, an einer Psychose zu erkranken."
Studie: Cannabis verändert Gehirnstruktur bei Teenagern
Hat es Auswirkungen, wenn 14-Jährige ein- bis zweimal Cannabis konsumieren? Dieser Frage sind Forscher der Universität Vermont nachgegangen. Und kommen zu dem Schluss: Schon ein geringer Cannabis-Konsum hat Folgen für das jugendliche Gehirn.
Offenbar reichen schon ein bis zwei Joints, damit bei Jugendlichen in einigen Hirnarealen die graue Substanz zunimmt. Es ließen sich leichte Defizite im logischen Denken und in der Motorik feststellen. Das haben Forscher der University of Vermont, Burlington, im Januar 2019 im Fachblatt "Journal of Neuroscience" beschrieben.
Cannabis erhöht graue Hirnsubstanz
Die Methode der beiden Forscher Catherine Orr und Hugh Garavan ist anders als die bisherigen. Sie haben nicht erwachsene Cannabis-Konsumenten untersucht, die regelmäßig einen Joint rauchen. Stattdessen haben sie sich über das Projekt IMAGEN insgesamt 46 Jugendliche aus verschiedenen Ländern Europas ausgesucht, die selbst angeben, erst ein- oder zweimal Cannabis probiert zu haben.
Zu der Gruppe der 46 Teenager gibt es eine gleich große Kontrollgruppe, die behauptet, noch nie Cannabis ausprobiert zu haben. Die Wissenschaftler haben die Hirnscans der Jugendlichen über mehrere Jahre verglichen und entdeckt, dass das Volumen an grauer Hirnsubstanz bei den Cannabiskonsumenten leicht erhöht ist, vor allem im Bereich des Hippocampus und des Kleinhirns, wo die Rezeptoren für Cannabis sitzen. In diesen Hirnregionen werden Informationen gespeichert und Emotionen verarbeitet.
Logisches Denken und Motorik beeinträchtigt
Die Frage ist nun, warum sich der Anteil an grauer Hirnmasse erhöht? Garavans Erklärung: Etwa im Alter von 14 Jahren verändert sich das jugendliche Gehirn stark, es wird effizienter. Verknüpfungen zu verschiedenen Hirnarealen werden neu strukturiert und optimiert. Durch den Cannabiskonsum erhöht sich die graue Gehirnmasse an bestimmten Stellen und der natürlich ablaufende Ausdünnungsprozess ist gestört. Sein Fazit: Das könnte im späteren Leben zu Angststörungen, Beeinträchtigungen im logischen Denken und der motorischen Geschicklichkeit führen. Das sind Entwicklungen, die auch bei regelmäßigen Cannabis-Konsumenten bekannt sind.
Kritik an der Methodik der Studie
Hier setzt die Kritik an der Studie an: Derek Hill, Experte für bildgebende Verfahren am University College London, gibt zu bedenken, dass es eine Standardmethode gibt, um zu untersuchen, wie sich Drogen auf das Gehirn auswirken. Sie sieht vor, Menschen Drogen in kontrollierten Mengen zu verabreichen und vorher und nachher Hirnscans durchzuführen. Dies verbietet sich bei Jugendlichen allerdings aus ethischen Gründen.
Kausaler Zusammenhang nicht eindeutig
Auch Eva Hoch, Leiterin der Forschungsgruppe Cannabinoide am Universitätsklinikum München (LMU) sieht weiteren Forschungsbedarf. "Die Frage nach einem kausalen Zusammenhang zwischen den sehr geringen Dosen des Cannabiskonsums und den beobachteten Effekten sollte mit Vorsicht beantwortet werden", kommentiert sie. Es sei sinnvoll, bei einer Wiederholung der Studie den Cannabiskonsum der Jugendlichen nicht allein anhand von Selbstaussagen zu ermitteln. Außerdem wäre es wichtig zu wissen, wie hoch die Konzentration der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) in den konsumierten Joints war, denn diese kann stark variieren.
Geringe THC-Mengen schaden dem jugendlichen Gehirn
Noch ein Punkt ist offen und auf den weist Garavan selbst hin: Bei den ein- bis zweimaligen Cannabiskonsumenten sind nur geringe Abweichungen von sechs Prozent im Vergleich zu einer normalen Gehirnstruktur zu finden. Und auch innerhalb der Testgruppe finden sich Varianzen. Das könnte darauf hindeuten, dass manche Jugendliche anfälliger für diese Substanzen sind als andere. Schon geringe THC-Mengen beeinträchtigen bei ihnen die Architektur des Gehirns.
Was ist das Projekt IMAGEN?
Psychiater, Psychologen und Hirnforscher untersuchen hauptsächlich Hirnerkrankungen und seelische Leiden von Kindern und Jugendlichen. Bei rund 2.400 Jugendlichen aus Irland, England, Frankreich und Deutschland werden Gehirnscans und neurologische Untersuchungen im Alter von 14, 16, 19 Jahren und im jungen Erwachsenenalter gemacht und diese miteinander verglichen.