Der kauzige Waldrapp gilt hierzulande seit fast 400 Jahren als ausgestorben. Ein EU-Projekt will Abhilfe schaffen: Seit 2004 wird der Ibisvogel im Rahmen des Artenschutzprojekts in Burghausen wieder angesiedelt. Von dort aus startete 2007 die erste menschengeführte Migration handaufgezogener Jungvögel. Eine zweite Kolonie gibt es in Kuchl im Salzburger Land. Von dort aus leitete 2011 erstmals ein Leichtflugzeug einen Waldrapp-Vogelzug nach Italien ins Winterquartier.
Waldrappe im Trainingscamp
2018 starten die Waldrappe wie im Vorjahr ihre Reise von Hödlingen/Überlingen am Bodensee aus. Im "Trainingscamp" dort haben die menschlichen Zieheltern der kleinen Ibisvögel, Corinna Esterer und Anne-Gabriela Schmalstieg, ihnen beigebracht, einem Ultraleichtflugzeug zu folgen. In diesem Jahr sind es 31 Jungvögel, die auf diese Weise den Weg über die Alpen in ihr Winterquartier im italienischen Orbetello finden sollen. Die Zugvögel sollen so ihre Flugroute lernen, weil sie keine Waldrapp-Vorbilder haben, die ihnen den Vogelzug zeigen könnten. In den kommenden Jahren sollen die jungen Tiere dann selbstständig die fast 1.000 Kilometer lange Reise bewältigen können.
Bildrechte: Waldrapp-Team/Johannes Fritz
Im Training: die beiden Waldrapp-Ziehmütter Corinna Esterer und Anne-Gabriela Schmalstieg und junge Waldrappe auf der Wiese
Schwieriger Vogelzug über die Alpen
Wie Ida Hinterholzinger vom EU-Waldrapp-Projekt erklärt, ist die Migration in sechs bis sieben Etappen geplant. Der genaue Ankunftstermin ist nicht sicher, da die Flugroute und das Vorankommen vom Wetter und auch von der Zuverlässigkeit der Vögel aber auch von außerplanmäßigen Zwischenfällen abhängt. Im Schnitt, so Hinterholzinger, dauert der Flug circa drei Wochen. Läuft der Vogelzug glatt, könnten die Tiere also Anfang September in Orbetello in der Toskana eintreffen. Insgesamt 133 Vögel machten sich seit 2014 auf diese Weise auf den Weg in den Süden. Bis zur Geschlechtsreife bleiben die Tiere in der Toskana, dann machen sie sich allein auf die Rückreise in ihr Brutgebiet.
Selbstständiger Rückflug nach Burghausen
In Burghausen haben in diesem Jahr vier und im österreichischen Kuchl sechs Waldrapp-Pärchen insgesamt 26 Küken großgezogen. Diese Vögel ziehen mittlerweile selbstständig und geführt von älteren Tieren in ihr italienisches Winterquartier. Seit einigen Jahren beobachtet das Waldrapp-Team eine zunehmende Zahl der Ibisvögel, die zurück zum Brüten nach Deutschland kommen und ihren Nachwuchs selbständig ins Winterquartier führen. Genau dies soll auch den Exemplaren vom Bodensee gelingen.
Erfolgreiches Waldrapp-Projekt soll fortgesetzt werden
Die Förderung für das EU-Projekt im Rahmen von "Life+ Biodiversity", an dem zahlreiche Partner aus Österreich, Italien und Deutschland beteiligt sind, läuft noch bis Ende 2019. Aktuell, so Hinterholzinger, wird jedoch an einem neuen Förderantrag gearbeitet, der ein weiteres Waldrapp-Projekt von 2020 bis 2027 sichern soll. Das bis Ende 2019 gesetzte Ziel, eine Population von 120 Vögeln aufzuziehen, wird voraussichtlich erreicht.
Weitere Handaufzuchten geplant
Auf jeden Fall ist auch für das kommende Jahr wieder eine Handaufzucht mit menschlichen Zieheltern geplant. Dieses Mal voraussichtlich in der Nähe von Salzburg. Damit, erklärt Hinterholzinger, ist die Weiterarbeit mit dem Waldrapp auf jeden Fall gesichert.