Hörsaal gefüllt mit Studentinnen und Studenten (Symbolbild)
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Bafög-Probleme: Studierende warten monatelang auf ihr Geld

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Bafög-Probleme: Studierende warten monatelang auf ihr Geld

Wer Bafög bezieht, braucht das Geld für das tägliche Leben. Viele junge Menschen warten derzeit aber monatelang darauf. Das Kernproblem: Die Digitalisierung der Bafög-Anträge hat offenbar mehr Probleme verursacht als gelöst.

Die Ämter sind überlastet, neue Anträge werden erst nach Monaten bewilligt. Viele Studierende müssen gerade lange auf die Bafög-Zahlungen warten, zeigen Recherchen von funk, dem jungen Angebot von ARD und ZDF.

Einer von ihnen ist Leonid. Der 19-jährige studiert im dritten Semester Bauingenieurwesen an der Technischen Universität München. Eigentlich will er an seinem Tablet zeigen, wie das mit dem Antrag funktioniert. Doch auf dem Bildschirm ist nichts zu sehen: "Die Bafög Digitalseite ist heute mal wieder gesperrt. Das heißt, man kann nichts hochladen. Das passiert auch des Häufigeren."

Ohne Bafög kann sich Leonid das Studium in München nicht leisten, doch das Geld lässt auf sich warten. Ende Juni hat der Student den Nachfolgeantrag gestellt, hat seine Dokumente hochgeladen und verschickt. Im September kam per Post eine Nachfrage, die er beantwortet hat, seitdem Stille. Und kein Geld auf dem Konto. "Ich finanziere meine Miete über Halbwaisenrente und Kindergeld, da mache ich nur ein bisschen Minus. Ich würde gern mal wieder etwas zu essen kaufen, ohne darüber nachzudenken, ob ich mir das noch leisten kann."

Fast eine halbe Millionen Studierende erhalten Bafög

Etwa 468.000 Studierende in Deutschland bekamen im vergangenen Jahr die staatliche Unterstützung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz Bafög. Zuständig für die Umsetzung sind die Bundesländer. Seit vergangenem Jahr sollte der Antrag eigentlich einfacher übermittelt werden, nämlich digital. Doch das sorgt für Probleme.

Die 23-jährige Karli, die im neunten Semester an der Uni Regensburg studiert, wartet jedes Mal, nachdem sie den Antrag gestellt hat, monatelang auf ihr Geld. Das letzte Mal war sie sich sicher, alles richtig gemacht zu haben. Funktioniert hat es trotzdem nicht, berichtet Karli: "Am ersten Oktober war kein Geld da. Dann habe ich da angerufen und dann hieß es: 'Diese eine Datei mit der Unterschrift ist nicht da.' - 'Ich sehe aber hier auf meiner Internetseite, dass ich die Datei hochgeladen habe.' - 'Wir haben das nicht. Und wenn wir das nicht haben, dann müssen Sie uns das nochmal schicken. Wir können Ihnen jetzt kein Geld unter Vorbehalt schicken.' - Ich habe aufgelegt und ich musste so weinen, weil meine Existenz stand auf dem Spiel." Nur dank ein paar guter Freundinnen kam Karli die vergangenen Monate über die Runden.

Warten auf digitalen Bafög-Antrag, E-Akte und E-Bescheid

Der Bafög-Antrag ist kompliziert: Es gibt viele Formblätter und einen Stapel an Nachweisen. Die Bafög-Ämter, die bei den Studentenwerken liegen, müssen jeden Fall einzeln prüfen, sagt Michael Noghero, Pressesprecher des Studentenwerks Augsburg. Das geht noch nicht digital: "Aus Gründen des Datenschutzes müssen die Anträge im Bafög-Amt noch ausgedruckt werden und in der Regel müssen Rückfragen bei den Studierenden per Post gestellt werden." Das dauert.

In manchen Ämtern wurde jetzt sogar zusätzliches Personal angestellt, um digitale Anträge auszudrucken, sagt der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Matthias Anbuhl: "Die Crux aus meiner Sicht ist, hier wird ein Prozess von A bis Z nicht digitalisiert und dann kommt die Mehrarbeit und der Frust dahinter. Was wir dringend bräuchten, wäre eine Digitalisierung, das heißt, der Antrag muss digital gestellt werden können. Dann brauchen wir eine E-Akte, es muss auch den E-Bescheid geben und wir brauchen eine verschlüsselte Plattform, auf der wir mit den Studierenden kommunizieren können." Dann könnte das Verfahren sehr viel schneller sein.

Die Verantwortung dafür liegt bei den Bundesländern, die die geeignete Software bereitstellen müssen. Aus dem Wissenschaftsministerium in Bayern heißt es, der Bund zwinge die Antragsteller und Abwicklungsstellen in ein kompliziertes, nutzerunfreundliches Antragsverfahren. Es gebe im Freistaat aber Pilotprojekte zu einem vollständigen digitalen Workflow. Wann der endlich eingesetzt wird und was er kostet, sei noch nicht klar. Bis dahin heißt es also für die Studierenden abwarten und hoffen, dass ihre Anträge zügig bearbeitet werden.

Erstsemester in Köln 2019
Bildrechte: picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress

Studierende in Köln im Jahr 2019

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