Der Wirecard-Prozess geht in den zweiten Verhandlungstag. Die Verteidigung des Hauptangeklagten, Ex-Vorstandschef Braun, gibt eine Stellungnahme ab.
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Der Wirecard-Prozess geht in den zweiten Verhandlungstag. Die Verteidigung des Hauptangeklagten, Ex-Chef Braun, gibt eine Stellungnahme ab.

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Zweiter Wirecard-Prozesstag: Das Wort hat die Verteidigung

Vor dem Münchener Landgericht geht heute der Wirecard-Prozess weiter. Das Verfahren, bei dem unter anderem Ex-Wirecard-Vorstandschef Markus Braun angeklagt ist, hat in der vergangenen Woche mit der Verlesung der Anklage begonnen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Jetzt hat die Verteidigung das Wort: Nachdem die Staatsanwaltschaft München zum Auftakt des Wirecard-Prozesses über mehrere Stunden die rund 90seitige Anklageschrift verlesen hat, ergreifen heute die Anwälte der Angeklagten das Wort.

Marktmanipulation, Untreue, falsche Darstellung der Wirecard-Bilanzen von 2015 bis 2018 und gewerbsmäßiger Bandenbetrug – das wirft die Ermittlungsbehörde dem Ex-CEO Markus Braun, dem früheren Geschäftsführer einer Wirecard-Tochterfirma in Dubai, Oliver Bellenhaus, und Ex-Chefbuchhalter Stephan von Erffa vor. Das Trio habe Teile des Wirecard-Geschäfts mit fiktiven Zahlen aufgebläht und so das falsche Bild eines angeblich hochprofitablen Konzerns gezeichnet, der es dadurch sogar bis in den DAX geschafft habe, so der Tenor der Anklage.

Braun-Verteidiger plant zweistündige Stellungnahme

Noch am Donnerstag kündigte Braun-Verteidiger Alfred Dierlamm an, heute mit einem zweistündigen "Opening Statement" zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Über Monate hat Dierlamm in schriftlichen Pressestatements und in Schriftsätzen an die Staatsanwaltschaft und an das Gericht immer wieder betont, Braun sei ein Opfer – und zwar von einer Bande um den ehemaligen Wirecard-Vorstand Jan Marsalek. Der ist am 19. Juni 2020 untergetaucht und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Hiesige Behörden vermuten ihn in Russland.

Marsalek habe unter anderem gemeinsam mit Oliver Bellenhaus hunderte Millionen Euro aus dem Wirecard-Konzern herausgeleitet und das Geld in verschachtelte Firmenkonstruktionen ins Ausland geschafft. Wirecard hatte am 25. Juni 2020 Insolvenz angemeldet. 1,9 Milliarden Euro aus dem angeblichen Drittpartner-Geschäft des Aschheimer Zahlungsdienstleisters, die auf philippinischen Treuhandkonten liegen sollten, hatten sich als Luftbuchungen erwiesen.

Bellenhaus, der als Kronzeuge der Staatsanwaltschaft gilt, hat dort früh zu Protokoll gegeben, das dieses Geld nie existiert habe, weil Wirecards Drittpartnergeschäft erfunden gewesen sei. Die Braun-Verteidigung bestreitet diese Darstellung. Bellenhaus hat sich somit als Gegenspieler von Braun positioniert. Das wird den Prozess dominieren, wie schon zum Auftakt in der vergangenen Woche erkennbar war.

Bellenhaus-Verteidigung: Der Mandant braucht eine "Perspektive"

Bellenhaus' Verteidiger Florian Eder machte zum Ende des ersten Prozesstages klar, der Ex-Wirecard-Manager, der wie Braun seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzt, brauche eine "Perspektive". Er habe sich bei den bisherigen Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft "umfassend und selbstbelastend eingelassen".

Aber weder Gericht noch Staatsanwaltschaft hätten Bellenhaus bisher eine Strafmilderung in Aussicht gestellt, kritisieren Verteidiger von Bellenhaus. Sie wollen sich heute wahrscheinlich ebenfalls in einer längeren Stellungnahme zu Wort melden. Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm konterte Eders Ausführungen noch am Donnerstag mit der Frage: "Sie erwarten nicht von mir, dass ich dazu etwas sage?" Dierlamm hat schon vor Beginn des Verfahrens die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen Bellenhaus angezweifelt.

Auch Sabine Stetter wird sich in einem Eingangs-Statement äußern. Die Verteidigerin von Stephan von Erffa, dem dritten Angeklagten, hält sich bislang bedeckt, in welche Richtung sie argumentieren wird. Auch zu Medienberichten, das Landgericht München habe zwei Psychiater bestellt, die von Erffa begutachten sollen, wollte sie im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk keine Stellung beziehen.

Der Wirecard-Prozess nimmt Fahrt auf, der zweite von bisher terminierten 100 Prozesstagen dürfte spannend werden.

Markus Braun, eingerahmt von seinen Verteidigern.
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Ex-Wirecard-Vorstandschef zum Prozessauftakt im Landgericht München I

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