Hofheim in Unterfranken, direkt an der Grenze zu Thüringen, ist gesegnet mit viel historischem Fachwerk. Seit der Wende ist die Zahl der Einwohner in der Region stark zurückgegangen. Die Folge ist Leerstand.
In Rügheim, einem Ortsteil von Hofheim, schenkt Barbara Reuther in ihrem Gasthof schon seit drei Jahren kein Bier mehr aus. Früher hat sie hier mit ihrem Mann große Feste ausgerichtet mit bis zu 250 Personen.
"Es hat ja in den letzten Jahren sehr, sehr abgenommen und ist rückläufig gewesen. Aber damit haben nicht nur wir zu kämpfen gehabt, das haben andere auch." Barbara Reuther, Gasthaus Metzgerei Reuther
Nach dem Tod ihres Mannes will Barbara Reuther verkaufen. Für die 740 Quadratmeter Geschichte wünscht sie sich nicht nur einen guten Erlös.
"Nur das Allerbeste. Dass jemand kommt und sich für dieses Haus interessiert, mit guten Ideen, das wünsche ich mir." Barbara Reuther, Gasthaus Metzgerei Reuther
Kommune bekämpft Leerstand
Wolfgang Borst will Barbara Reuther bei der Suche nach einem Käufer unterstützen. Der Bürgermeister von Hofheim hat das Thema Leerstand zur Chefsache gemacht.
"Da gab’s nur zwei Möglichkeiten: Entweder man akzeptiert es, was die Demografen vorhergesagt haben, dass der ländliche Raum ausblutet oder man bündelt seine Kräfte und versucht dagegenzuhalten und die Räume so attraktiv zu machen, dass die Leute gerne hier wohnen oder auch wieder zu uns herziehen." Wolfgang Borst, Bürgermeister Hofheim
Die Innenstadt attraktiv zu machen bedeutet für Wolfgang Borst vor allem, den Leerstand zu beseitigen. Wie bei dieser Gaststätte im Zentrum von Hofheim, die seit 20 Jahren verrottet. Die Chance, die Immobilie zu verkaufen, wurde mit dem fortschreitenden Verfall immer kleiner.
"Es gab schon mehrere Käufer. Sie sehen ja, es ist ein Teil entkernt, aber der eine oder andere hat dann im Rahmen der Planungsmaßnahmen und der ersten Baumaßnahmen dann doch kalte Füße bekommen und das Vorhaben nicht weitergeführt." Wolfgang Borst, Bürgermeister Hofheim
Förderung von der Stadt für Denkmalsanierung
Bei Denkmalschutz ist die Sanierung teuer. Doch die Stadt unterstützt Käufer mit einem Förderpaket. Der Erhalt der Bausubstanz soll nicht mehr kosten als ein Neubau. Wolfgang Borst ist damit das fast Unmögliche geglückt: Er hat einen Interessenten gefunden, der hier "Betreutes Wohnen" plant.
"Das geht nur, wenn der Stadtrat und der Bürgermeister dahinter stehen und das zur Chefsache machen. Sonst funktioniert das nicht. Sie müssen vorangehen als Kommune und dann können Sie auch die Bürger überzeugen sich hier einzubringen." Wolfgang Borst, Bürgermeister von Hofheim
Historische Häuser erzählen Geschichten
Einen wahren Schatz haben die Bauherren dieses Grundstücks gefunden: eine kleine Glasflasche voller Dokumente aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Der Bewohner hatte sie damals im Gemäuer versteckt.
"Unglaublich spannend, als wir das gekauft haben und natürlich als wir die Flasche gefunden haben und dann so viele Erinnerungsstücke, Banknoten, Buttermarken, Essensmarken, die man damals gebraucht hat, also das war wirklich Herzklopfen, als wir die Flasche geöffnet haben und dann tatsächlich so viele schöne Sachen drin gefunden haben." Anna-Lena Vierneusel, Bauherrin
Mit dem Dreiseithof aus dem 18. Jahrhundert hat sich die Familie jede Menge Arbeit gekauft. Die Sanierung ist aufwändig und das Projekt zieht sich nun schon vier Jahre. Anfangs war das Haus unbewohnbar. Lieber hätte Anna-Lena Vierneusel ein neues Haus auf die Obstwiese gestellt.
"Im ersten Moment konnten wir uns das gar nicht vorstellen, dass wir wirklich das alte Haus erhalten wollen, mit dieser vielen Arbeit. Wir haben so ein bisschen die Hoffnung gehabt, dass doch noch ein Sturm aufzieht und das ganze Haus davon weht und uns ziemlich viel Arbeit erspart bleibt, und wir haben uns dann aber durch diese Architektenunterstützung durch die Stadt am Anfang, ziemlich schnell vorstellen können, dass das Ganze doch etwas ganz Schickes werden kann." Anna-Lena Vierneusel, Bauherrin
Ländlicher Wohnraum wird auch für Städter attraktiver
Die Kommune unterstützt und zahlt ein Drittel der Baukosten mit Fördergeldern. Das lokale Förderprogramm hilft nicht nur Einheimischen. Hofheim lockt auch Menschen aus Großstädten an, wo die Preise explodieren. Für ein Haus mit 1.600 Quadratmeter Grund hat Familie Rehm 49.000 Euro bezahlt.
"Das war alles ziemlich zugemüllt hier. Wir haben zwei Wochen lang Container vollgemacht, um das alles leer zu machen. Das war eine schweinemäßige Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes. Aber mich stresst es gar nicht, ich mach’s gerne, das ist ein schöner Ausgleich zu meiner Arbeit." Sebastian Rehm, Neubürger
Als gelernter Handwerker kann Sebastian Rehm selbst anpacken. Vor kurzem hat der Münchner in Hofheim im Kulturbereich angeheuert.
"Hier anzukommen ist natürlich immer schwierig, weil man kennt niemanden. Gerade wenn man baut, man muss jemanden haben, der einem Werkzeug leihen kann, der einen beraten kann, wo kriegt man Baustoffe her. All das ist erst mal nicht so einfach, aber es hilft halt auch anzukommen, deshalb bin ich sehr froh eigentlich, es passt alles." Sebastian Rehm, Neubürger
Aufwärtstrend bei ländlichem Wohnraum
Fast 300 Häuser haben im Hofheimer Land bereits einen Käufer gefunden. Heute will Bürgermeister Wolfgang Borst erneut einen Leerstand in Angriff nehmen und Barbara Reuther beraten. Ihr Gasthof soll wieder mit Leben erfüllt werden.
"Aus diesem Grund haben wir bei uns im System der Hofheimer Allianz die Immobilienbörse, wo jetzt alle Projekte, seien es jetzt Einfamilienhäuser oder auch Immobilien wie hier, ihre Gastwirtschaft, wo wir die online stellen können, mit den Grunddaten." Wolfgang Borst, Bürgermeister Hofheim
Der Käufer dieser Immobilie kann mit finanzieller Unterstützung rechnen und mit einem Bürgermeister, der immer ein offenes Ohr hat.
"Es ist mit Sicherheit wesentlich anspruchsvoller, als der Verkauf eines normalen leerstehenden Wohnhauses. Aber dafür sind wir ja auch da, um möglichst schwierige Fälle auch zu lösen und zu unterstützen." Wolfgang Borst, Bürgermeister Hofheim
"Wenn einer die Einstellung und das Geschick dazu hat, rentiert sich das ab morgen." Barbara Reuther, Wirtin
Menschen, die bleiben oder von der Stadt aufs Land ziehen, das ist in Hofheim bestens gelungen. Die Stadt ist ein Zuzug-Magnet geworden.