Ex-Wirecard-Chef Markus Braun muss vor Gericht.
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Der ehemalige Wirecard-Chef Markus Braun und zwei weitere frühere Topmanager müssen sich vor Gericht verantworten.

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Wirecard-Bosse müssen vor Gericht

Der ehemalige Wirecard-Chef Markus Braun und zwei weitere frühere Topmanager müssen sich vor Gericht verantworten. Das Landgericht München I hat die Anklage wegen Marktmanipulation und anderen Delikten zugelassen. Es wird ein Mammutprozess erwartet.

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft München I wiegen schwer. Bereits seit 2015 sollen die drei Angeklagten gewusst haben, dass der Wirecard-Konzern kein Geld mehr verdient und nur noch Verluste macht. Um diese zu verschleiern, sollen sie die Geschäftszahlen und -berichte "grob gefälscht" haben, um von Geschäftspartnern wie Banken noch Kredite gewährt zu bekommen.

Die Geldhäuser, so die Münchner Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage, hätten im Vertrauen auf ein "erfolgreiches, prosperierendes, ordnungsgemäß geführtes und auf jeden Fall kreditwürdiges DAX-Unternehmen" Kredite und Schuldverschreibungen im Gesamtwert von 3,1 Milliarden Euro gewährt.

Tatkomplex Unrichtige Darstellung der Wirecard-Bilanzen

Die Wirecard-Bilanzen des Jahre 2015 bis 2018 seien allesamt falsch. Im Kern geht es um Geschäfte mit Treuhändern in Dubai, in Singapur und auf den Philippinen auf deren Konten Gelder liegen sollten, die es laut Anklageschrift gar nicht gegeben hat. Alleine die Gesellschaft in Singapur soll rund eine Milliarde Euro verwaltet haben, die es "zu keinem Zeitpunkt" gegeben hat. Insgesamt geht es um 1,9 Milliarden Euro, die nur als Luftbuchungen existierten.

Tatkomplex Marktmanipulation

Den drei Angeklagten – die Staatsanwaltschaft München I spricht von Bandenmitgliedern – soll ab Ende 2015 bewusst gewesen sein, dass die Wirecard AG insolvent gehen würde. Mit den falschen Bilanzen wollten sie den Eindruck erwecken, das Unternehmen stehe glänzend da. Auch zum eigenen Vorteil, denn ihre Vergütungen waren unter anderem an Dividendenzahlungen gekoppelt. Die Ermittler listen 26 Fälle von Marktmanipulationen auf.

Tatkomplex Untreue

In der Anklageschrift führt die Staatsanwaltschaft dubiose Geschäfte auf, bei denen der ehemalige Statthalter in Dubai, Dr. B, eine besondere Rolle spielt. Ihm wird vorgeworfen, diese Geschäfte ohne Sicherheiten und damit zu Lasten der Wirecard AG vorgenommen zu haben. Dr. B ist in dem Verfahren Beschuldigter, aber auch gleichzeitig Kronzeuge der Staatsanwaltschaft gegen den Ex-Chef Markus Braun.

Schlüsselfigur Marsalek auf der Flucht

Eine zentrale Figur des Wirecard-Skandals nimmt nicht auf der Anklagebank Platz. Der ehemalige Vorstand und Braun-Vertraute Jan Marsalek ist vor zwei Jahren untergetaucht und hält sich vermutlich in Moskau auf. Die Staatsanwaltschaft bemüht sich um eine Auslieferung des Österreichers.

Die manipulierten Bilanzen machten den Zahlungsdienstleister aus Aschheim zum Börsenstar, der sogar den Aufstieg in den DAX schaffte. Vor allem auch wegen der massiven Kursverluste, die die Aktie nach Aufdeckung der Bilanzfälschungen wertlos werden ließ, wird der Gesamtschaden auf über 20 Milliarden Euro geschätzt. Auf die 4. Strafkammer (Wirtschaftskammer) des Landgerichts München I kommt ein Mammutprozess zu. Die Anklageschrift umfasst 474 Seiten. Die Akten bestehen aus über 700 Bänden.

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