Karstadt an der Lorenzkirche in Nürnberg
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Die Zukunft der Karstadt-Filialen in Nürnberg ist ungewiss.

    Wie Nürnberg mit Leerständen in der Innenstadt umgeht

    Leerstand in Innenstädten ist tödlich für jeden Händler. Sogenannte Leerstandsmanager kümmern sich darum, Lücken so schnell wie möglich zu schließen. Würde Galeria Karstadt die Nürnberger Innenstadt verlassen, wäre die Lücke allerdings sehr groß.

    Wer einen Überblick über die leerstehenden Gewerbegebäude in der Nürnberger Altstadt haben möchte, schaut am besten von oben. Auf einer Karte hat das Wirtschaftsreferat alle aktuellen Leerstände verzeichnet: ein roter Kreis markiert jeweils einen verwaisten Laden. Von der südlichen Stadtmauer am Sterntor bis zur Kaiserburg im Norden verteilen sich die roten Kreise auf dem Stadtplan wie auf einem Streuselkuchen.

    • Zum Artikel: So könnten Innenstädte per App belebt werden

    Leerstände über gesamte Altstadt verteilt

    93 Kreise hat Nürnbergs Wirtschaftsreferent Michael Fraas das letzte Mal gezählt – das war im Februar 2023. Ein Jahr vorher waren es noch 120. Prozentual entspräche das einer Quote von 4,8 Prozent, erklärt er. Das sei nicht viel, aber auch nicht nichts.

    "Wir haben kein strukturelles Leerstandsproblem", sagt Fraas im Gespräch mit BR24. Es gebe keine geballten Leerstände – sie sind über die gesamte Altstadt verteilt. Manchmal brauche es länger, bis Nachmieter kommen. Manchmal müsste auch erst saniert werden. Aber: "Wir haben keinen dauerhaften Leerstand", so Fraas.

    Leerstandsmanager vernetzen Eigentümer und Interessierte

    Um die Leerstände so kurz wie möglich zu halten, haben Städte sogenannte Leerstandsmanager – auch in Nürnberg gibt es so jemanden. Diese Manager behalten den Überblick und vernetzen Eigentümer mit potenziellen Nachmietern, erklärt Fraas. Ansonsten können sie nicht viel mehr machen, denn zu etwas zwingen könnten sie die Eigentümer natürlich nicht.

    Doch der Wirtschaftsreferent merkt auch, dass seit der Corona-Pandemie der Willen zu einstmals ungewöhnlichen Arrangements größer geworden ist. Wenn die Eigentümer früher noch eher auf langfristige Verträge gesetzt haben, so sei es heutzutage einfacher, mal einen Pop-Up-Store für ein paar Monate zu eröffnen. Hauptsache, der Laden stehe nicht leer.

    City Point weiterhin leer

    Schwieriger ist so ein Nachbesetzen allerdings bei größeren Objekten. In der Breiten Gasse in Nürnberg steht das ehemalige Shopping-Zentrum City Point schon seit Längerem leer. 2017 hat es ein Düsseldorfer Investor gekauft. Im oberen Bereich sollte ein Hotel gebaut werden. Doch daraus wurde wegen Corona bis heute nichts – und so steht der Komplex aus Stahl, Glas und Beton aktuell leer. Doch Fraas ist weiter zuversichtlich, dass das Projekt realisiert wird. "Ich gehe davon aus, dass sich bald was tut", sagte er.

    Stadt will um die Arbeitsplätze kämpfen

    Und was ist nun mit Galeria Karstadt? Immerhin betreibt die Kaufhaus-Kette drei Filialen hier, zwei sogar in unmittelbarer Umgebung zueinander. Wirtschaftsreferent Fraas will gar nicht an ein Aus der Filialen denken. "Wir kämpfen um die Arbeitsplätze", bekräftigt er. Schon 2020 stand das Haus an der Lorenzkirche auf der Streichliste des Konzerns. Durch finanzielle Zugeständnisse des Vermieters und das Versprechen der Stadt, die unattraktive U-Bahn-Haltestelle direkt unter der Filiale zu verschönern, konnte Galeria Karstadt an der Lorenzkirche aber doch gerettet werden.

    Ob es dieses Mal klappt, weiß er nicht. Es ist noch nicht mal klar, ob eine Rettungsaktion überhaupt nötig wird. Für ein Aus der Nürnberger Standorte hätte er jedenfalls aktuell noch keine Alternativkonzepte in der Schreibtischschublade. Und er fügt noch hinzu: Selbst wenn sich Galeria Karstadt aus der Nürnberger Innenstadt zurückzieht, wird die Renovierung des U-Bahn-Zwischengeschosses Lorenzkirche trotzdem durchgeführt.

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    Das U-Bahn-Zwischengeschoss Lorenzkirche soll aufgehübscht werden.

    Forscher: Gebäude und Konzept müssen sich ändern

    Was nach einem möglichen Aus sein könnte, darüber hat sich der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), Boris Hedde, Gedanken gemacht. "Es wird in den meisten Fällen Jahre dauern, bis die von Galeria aufgegebenen Immobilien eine neue langfristige Nutzung gefunden haben", sagt er. Das Problem: Die Gebäude wurden fast ausnahmslos zu einer Zeit errichtet, als die Anforderungen an den Handel ganz anders waren als heute.

    Sie haben zu viele Verkaufsetagen, zu wenig Tageslicht und oft auch zu niedrige Decken, um heutige Ansprüche zu erfüllen. In der Regel seien aufwendige Umbauten oder gar ein Abriss unvermeidlich. Aber auch konzeptionell müsste sich bei einem Neuanfang etwas ändern. Ein Versuch, in den alten Galeria-Immobilien einfach mit dem gleichen Geschäftsmodell weiterzumachen, wäre nach seiner Einschätzung deshalb zum Scheitern verurteilt. Stattdessen werde man häufig Mischnutzungen sehen: etwa Lebensmittel- und Modegeschäfte im Erdgeschoss, darüber vielleicht eine öffentliche Einrichtung wie die Stadtbibliothek und in den oberen Etagen Büro- oder Wohnnutzung, meint Hedde.

    Baureferent optimistisch für die Standorte

    Dass an den beiden Galeria-Standorten in der Innenstadt auch weiterhin Geschäfte sein werden, davon ist Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich überzeugt. Beide Standorte verfügten über eine "A-Lage" und seien für den Handel ideal. "Ich mache mir für beide Standorte überhaupt keine Sorgen", sagt er im BR24-Interview. Damit meint er allerdings, dass dort auch in Zukunft generell Handel getrieben wird – und nicht, dass auf dem Kassenzettel unbedingt "Galeria Karstadt" draufstehen muss.

    Entscheidung im März erwartet

    Denn die Zukunft der Nürnberger Filialen ist für die Stadtverwaltung als auch für die Mitarbeiter weiter ungewiss. Mitte März solle eine Entscheidung dazu getroffen werden, welche Standorte aufgegeben werden sollen. Ende dieses Monats wollen die Gläubiger über die Zukunft der Kaufhaus-Kette abstimmen.

    Mit Informationen der dpa

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