Der Landkreis Miltenberg als bayerischer Teil der Metropolregion Frankfurt Rhein-Main ist ein florierender Wirtschaftsstandort. Hier sind etliche Logistiker und produzierende Unternehmen mit internationaler Ausrichtung ansässig. Die Unternehmen brauchen dafür eine gute, leistungsfähige Infrastruktur. Der Großteil ihrer Güter wird, wie überall in Deutschland, über die Straßen transportiert. Die stoßen aber an ihre Belastungsgrenzen. Der logische Schritt: Mehr Güter auf die Schiene – das ist auch gut für das Klima.
20.000 LKW-Fahrten pro Jahr eingespart
Deswegen hat der Landkreis bei der Wiesbadener Firma "railistics" eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Der Abschlussbericht zeigt: Im Landkreis könnten mindestens 20.000 Lastwagenfahrten pro Jahr eingespart werden und damit rund 386 Tonnen CO2. Um das zu erreichen, müssen aber noch einige Voraussetzungen erfüllt werden.
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Ausbau der Schienen-Infrastruktur
Am Wichtigsten laut Gutachten: Der Ausbau der Schienen-Infrastruktur. Das bedeutet zusätzliche zweigleisige Abschnitte, der Ausbau von Service-, Puffer-, und Kreuzungsgleisen, etwa in Sulzbach und Kleinheubach. Ebenso wichtig: Umschlaganlagen, in der Frachtgüter und Container von den Lastwagen auf Züge umgeladen werden können. Zudem müssten Personenübergänge beseitigt, beziehungsweise aus der Planung genommen werden, und die Nutzlänge des Gleises für längere Züge erhöht werden. Im Gutachten wird außerdem die schon länger in der Diskussion befindliche Elektrifizierung der Maintalbahn für notwendig erachtet.
Umschlaganlagen: Zwei Standorte im Gespräch
Die Gutachter aus Wiesbaden haben in der Studie für die Umschlaganlagen zwei mögliche Standorte genannt. Demnach bietet sich der Ausbau der bereits bestehenden Gleisanlage des Industriecenters Obernburg (ICO) an. "Mainsite", die Betreibergesellschaft des ICO, hat an der Studie teilgenommen und stünde für den Plan bereit, wie Andreas Schneider von "Mainsite" auf Anfrage von BR24 mitteilte. "Das Gelände hier wäre perfekt, neben dem bestehenden Gleisanschluss sind auch die räumlichen Kapazitäten gegeben und auch der Main als Wasserstraße ist direkt nebenan", so Schneider. Die Investitionskosten am ICO schätzen die Gutachter auf 3,5 bis 4,5 Millionen Euro. Teurer würde der zweite untersuchte Standort zwischen Miltenberg und Kleinheubach. Das mögliche Terminal würde mehr als 14 Millionen Euro kosten, weil Hallen und Verladeflächen komplett neu gebaut werden müssten. Die Kosten für die Umschlaganlagen müssten der Landkreis und private Investoren übernehmen.
Viele Unternehmen wollen auf die Schiene
Für die Umsetzung der Maßnahmen aus der Studie haben die Wiesbadener Gutachter einen Zeithorizont bis 2035 angenommen. Rund 30 Unternehmen und Akteure wurden eingebunden und befragt. Analysiert haben die Gutachter unter anderem, was transportiert wird, Quellen und Ziele der Güter, die Häufigkeit der Transporte und längerfristige Entwicklungsprognosen der Unternehmen. Das Ergebnis: Das Interesse der Firmen ist groß. Viele sehen den Bedarf, das Schienennetz auszubauen und würden gerne mehr Güter von der Straße nehmen.
Ausbau der Schiene dürfte länger dauern
Ebenfalls beteiligt an der Studie: Die Westfrankenbahn, Betreiberin der Maintalbahn und Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn. "Die Zusammenarbeit war sehr positiv", berichtet Thomas Kocholl von "railistics" im Gespräch mit BR24. Es seien Abstimmungen zu den Kapazitäten auf der Strecke vorgenommen worden. Einzelne empfohlene Maßnahmen aus dem Gutachten, seien bereits in der Planung, wie etwa die Beseitigung eines Personenübergangs. Wesentlich länger dürften sich die Ausbaumaßnahmen von Gleisen ziehen. Hier ist die Deutsche Bahn in der Finanzierungsverantwortung und damit der Bund. Laut Kocholl sollten in den kommenden Wochen und Monaten Gespräche mit "DB Netze" stattfinden.
"Mit der Studie etwas Konkretes in der Hand"
Das Gutachten, das der Freistaat Bayern zu Hälfte finanziert hat, hat der Landkreis Miltenberg nicht zuletzt deswegen in Auftrag gegeben, um den Druck zu erhöhen. "Jetzt haben wir etwas Konkretes in der Hand, das wir an unsere Bundestags-und Landratsabgeordneten weitergeben können", so Landrat Jens Marco Scherf (Grüne). Der Landkreis Miltenberg und die Unternehmen seien bereit, CO2 einzusparen. Was es dafür braucht, steht in der Studie.
Landrat zufrieden mit Ideenschmiede
Zu den Studienergebnissen fand am Mittwoch im Industrie Center Obernburg (ICO) eine Ideenschmiede statt. Geladen waren mittelständische Unternehmen und interessierte Bürger. Landrat Jens Marco Scherf zeigte sich im Gespräch mit BR24 zufrieden mit der Veranstaltung. Fünf Unternehmen und 15 Bürger tauschten sich über die Studienergebnisse und Ideen aus.
Güter auf Schienen
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