Weiterbildung statt Kurzarbeit
Elektromeister Kassian Krosch aus dem unterfränkischen Dorfprozelten wäre im vergangenen Frühjahr beinahe in die Kurzarbeit gerutscht. Wie so viele Betriebe, hatte auch die Boka Automatisierung GmbH, für die er als Projektmanager tätig ist, plötzlich deutlich weniger Aufträge. Gemeinsam mit der Geschäftsführung entschied er sich kurzentschlossen für ein Weiterbildungsangebot der IHK zum "technischen Betriebswirt". Das technische und kaufmännische Wissen soll ihm neue Möglichkeiten im Unternehmen eröffnen. In der Praxis verspricht sich Krosch davon, noch besser für Kundenanfragen gerüstet zu sein, etwa wenn es um die Kalkulation von Preisen für Anlagen geht.
Nur nicht in Kurzarbeit zu Hause sitzen
Vor allem ist Kassian Krosch nicht der Typ, der gerne zu Hause sitzt und abwartet, bis die Krise vorbei ist. Lieber möchte er etwas für sich, seine Firma und die eigene berufliche Zukunft tun. Über sich selbst sagt er: "Ich war schon immer ein Schaffer", das bringe ihn und seine Kollegen auch zusammen. Er wolle "ein bisschen mehr im Leben leisten, erreichen und verstehen", als vielleicht erwartet wird. Weiterbildung sei für ihn so etwas wie ein Schritt in die Zukunft und zwar der einzig richtige Schritt in seiner jetzigen Situation. Denn wenn die Wirtschaft erst mal wieder richtig anläuft, möchte er persönlich besser dastehen als zuvor.
Weiterbildung: Rückhalt durch Firma wichtig
Ohne Unterstützung durch die Geschäftsführung seiner Firma hätte Elektromeister Kassian Krosch ein echtes Problem gehabt. So aber konnte er seine persönliche Motivation ausleben. Davon wird künftig auch seine Firma profitieren. Denn Geschäftsführer Severin Bobon will keinen Leerlauf, sondern die ruhigere Zeit nutzen, "um besser zu werden". Das gelte für jeden einzelnen der insgesamt 18 Beschäftigten in der Firma. Er sei dankbar für das Kurzarbeitergeld. Ob es aber staatliche Förderungen für Weiterbildung während der Kurzarbeit gibt, damit habe er sich noch nicht weiter auseinandergesetzt.
Vielen Unternehmen fehlen Informationen zu Fördermöglichkeiten
Dass Weiterbildung auch während der Krise und bei Kurzarbeit staatlich gefördert wird, diese Information fehlt nach Auskunft des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vielen Firmen. Dabei wurden die Fördermöglichkeiten erst 2019 mit dem "Qualifizierungschancengesetz" deutlich erweitert. Auch mit dem "Arbeit-von-morgenGesetz" fördern die Arbeitsagenturen die Weiterbildung von Beschäftigten, indem sie Kursgebühren und teilweise auch Lohnkosten für die Dauer einer Weiterbildungsmaßnahme übernehmen.
Warum Betriebe Kurzarbeit nicht besser nutzen
Unternehmen, die während der Kurzarbeit nicht auf Weiterbildung setzen, nennen vor allem geschäftliche Sorgen und organisatorische Probleme als Grund. Die Zukunft ihres Betriebs steht noch auf zu wackeligen Beinen. Ein Drittel der Firmen hat dem IAB in einer Umfrage im November vergangenen Jahres zudem mitgeteilt, es gebe keinen Bedarf an Weiterbildung. Nur 6 Prozent der Befragten nennen dabei "Ablehnung der Weiterbildung durch Beschäftigte" als Grund.
Staatliche Anreize ab Juli 2021
Unternehmen, die Kurzarbeit nutzen, um ihre Beschäftigten weiterzubilden, bekommen ab Juli auch weiterhin die vollen Sozialversicherungsbeiträge ersetzt. Unternehmen, die nicht weiterbilden, ab dann nur noch die Hälfte. Daraus könnte sich ein Anreiz entwickeln, die Krise und dadurch oft verlorene Zeit, besser zu nutzen. Denn betrieblicher Weiterbildung komme nicht zuletzt "angesichts des rapiden technologischen Wandels eine wachsende Bedeutung zu", schreibt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Der krisenbedingte Digitalisierungsschub stelle steigende Anforderungen "an die digitalen, aber auch an die fachlichen und sozialen Kompetenzen der Belegschaften." Aktuell nutzt nach IAB-Angaben erst jedes zehnte Unternehmen in Kurzarbeit die Zeit für Weiterbildungen.