Die wegen des Ukraine-Kriegs und seinen wirtschaftlichen Folgen befürchtete Rezession ist auch im zweiten Halbjahr 2022 ausgeblieben. Das letzte Quartal fiel allerdings schwächer aus.
Aber auch im vierten Quartal ist in Deutschland nicht die Rezession ausgebrochen. Die Wirtschaftsleistung stagnierte und blieb gleich gegenüber dem Vorquartal. Ein weiterer leichter Rückgang des Bruttoinlandsprodukts BIP wird von Experten wie der Bundesbank erwartet. Im Gesamtjahr 2022 betrug das Wachstum 1,9 Prozent, was etwas mehr ist als in den letzten Schätzungen.
Ukraine-Krieg belastete Wachstum
Zu Beginn des Jahres 2022 war zunächst eine starke Erholung nach der Corona-Krise erwartet worden. Mit dem Auslaufen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sollte auch die deutsche Wirtschaft sich deutlich beleben. Doch dann brach gleich zum Ende des ersten Quartals der Ukraine-Krieg aus und verschärfte damit die Energiekrise.
Die steigenden Energiepreise trieben die Inflation insgesamt auf ein Rekord-Niveau, was auch den privaten Konsum deutlich belastete. Erst zum Ende des Jahres haben Energiekrise und Inflation sich etwas abgeschwächt. Gut behauptet in dieser schwierigen Situation hat sich die Exportindustrie. Die Unternehmen profitierten dabei von einer Entspannung der internationalen Lieferkrise, die wegen Corona zu einem Materialmangel geführt hatte.
Trotz Inflation: Privater Konsum trägt zum Wachstum bei
Für das Statistische Bundesamt waren trotz der Inflation die privaten Konsumausgaben und auch die sogenannten Ausrüstungsinvestitionen (in Maschinen und Fahrzeuge) der Unternehmen entscheidend für das Wachstum. Nach Corona gab es bei vielen Menschen ein Nachholbedürfnis im Freizeitbereich, bei Reisen und Kulturangeboten.
In seiner ersten Schätzung zum Bruttoinlandsprodukt beziffern die Statistiker den Anstieg des Konsums mit 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit ist fast das Niveau von vor Corona aus dem Jahr 2019 erreicht worden. Zu den Gewinnern zählt in diesem Zusammenhang das Gastgewerbe, während der Handel insgesamt schwächer war, erstmals auch der Versandhandel, der im Wesentlichen online über das Internet stattfindet.
Staatsdefizit um 33 Milliarden Euro gesunken
Anders als die Verbraucher hat sich der Staat mit seinen Konsumausgaben 2022 vergleichsweise zurückgehalten nach dem Ende der vielen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie wie dem Kauf von Masken, Krediten und Ausgleichszahlungen für Unternehmen. Stattdessen wurden neue Hilfsprogramme zur Bekämpfung der Energiekrise aufgelegt, die aber im Wesentlichen erst im laufenden Jahr 2023 wirksam werden.
Nach einer langen Serie mit Überschüssen ist der deutsche Staatshaushalt 2022 das dritte Jahr in Folge in die roten Zahlen gerutscht. Die Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen sowie die Sozialversicherung gaben um 101,6 Milliarden Euro mehr aus als sie einnahmen. Das Defizit fiel mit minus 2,6 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt aber niedriger aus als in den beiden Vorjahren, 2021 war es noch minus 3,7 Prozent (2020 sogar minus 4,3 Prozent).
Die Entlastungen des Staatshaushalts durch die auslaufenden Corona-Maßnahmen seien von neuen Belastungen durch die Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine überlagert worden, schreibt dazu das Statistische Bundesamt.
Energiepreisbremsen könnten 2023 Konsum stützen
Diese Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise spielen den Ökonomen zufolge im laufenden Jahr eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Konjunktur. Wenn die Gaspreisbremse und die Strompreisbremse greifen und damit die privaten Haushalte vor übermäßigen Energiepreisen zum Teil schützen, könnte der Konsum weiter zulegen. Für viele Verbraucher ist die Unsicherheit über Gas- und Strompreiszahlungen ein ganz entscheidender Faktor bei ihren Kaufentscheidungen.
Der Nachteil einer erfolgreichen Krisenbekämpfung durch den Staat sind die erhöhten öffentlichen Ausgaben, die damit verbunden sind. Vereinfacht gesagt dürfte das Staatsdefizit wieder steigen, falls die Energiepreisbremsen den gewünschten Erfolg haben sollten.
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