Uniper Zentrale.
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Uniper wird verstaatlicht. Der Bund will den angeschlagenen Börsenkonzern damit vor der Insolvenz retten und die Gasversorgung sichern.

    Verstaatlichung: Was ist das?

    Der Gasimporteur Uniper wird verstaatlicht. Der Bund will den angeschlagenen Börsenkonzern damit vor der Insolvenz retten und die Gasversorgung sichern. Doch was genau passiert bei einer Verstaatlichung? BR24 erklärt.

    Der Bund übernimmt jetzt fast alle Aktien des börsennotierten Konzerns Uniper, was einer Verstaatlichung gleichkommt. Die Regierung in Berlin hat sich zu diesem Schritt entschlossen, weil die bisherige Teil-Verstaatlichung offenbar nicht mehr ausreichte, um die Stabilität des deutschen Gas-Marktes zu sichern.

    Eine Verstaatlichung bedeutet in diesem Fall, dass privates Eigentum an den Aktien von Uniper in Staatseigentum übertragen wird und alle damit verbundenen Aufgaben. Dazu gehört es, auch die Milliarden schweren Schulden von Uniper zu übernehmen und die bisherigen Verpflichtungen zur Gaslieferung. Diese Lieferung ist wahrscheinlich mit weiteren Verlusten verbunden.

    So sichert sich der Bund 99 Prozent der Uniper-Aktien

    Die Aktien kauft der Bund zum Großteil vom finnischen Fortum-Konzern. Um sich nun den Rest von knapp 99 Prozent zu sichern, wird eine Kapitalerhöhung durchgeführt. Das geschieht durch Ausgabe neuer Aktien, die allein der Bund kaufen wird. Die übrigen Aktionäre bleiben davon ausgeschlossen, was faktisch einer Enteignung gleichkommt, aber nicht dasselbe ist.

    Die Alt-Aktien von vor dem Einstieg des Bundes werden mit der Kapitalerhöhung durch neue Anteile nämlich so stark verwässert und anteilig zurückgedrängt, dass sie so gut wie wertlos werden. Aber ohne Staatshilfen wäre Uniper längst insolvent bzw. zahlungsunfähig und die Aktien hätten dann ihren Wert bereits komplett verloren.

    Staat will Sicherheit für Gasversorgung gewährleisten – Pleitewelle verhindern

    Beim größten deutschen Gas-Händler geht es um teure Lieferungen, die Uniper seit dem russischen Lieferstopp nicht mehr bezahlen kann. Der Gas-Handel, der vorher privat war, wird nun mit öffentlichen Mitteln des Bundes gesichert, damit es vor allem bei den angeschlossenen Stadtwerken nicht zu einer Pleitewelle und Versorgungskrise kommt. Der Staat sichert damit die Infrastruktur und Grundversorgung von Wirtschaft und Verbrauchern, was eine hoheitliche Aufgabe ist. Bisher lief das über private Energiemärkte, was lange Zeit gut funktionierte. Der Lieferstreit mit Russland hat aber zu einer massiven Störung dieser Märkte geführt.

    Uniper vorher schon überwiegend in staatlicher Hand – aber in Finnland

    Im Interesse der Allgemeinheit sieht sich der Bund nun zum Handeln gezwungen und wird möglicherweise auch noch andere Gashändler weiter stützen müssen. Die Aktien des internationalen Uniper Konzerns, zu dem sogar Kohlekraftwerke in Russland gehören, befanden sich vorher schon zu einem Großteil in staatlicher Hand. Hauptaktionär war aber nicht die deutsche sondern die finnische Regierung, die kein zusätzliches Geld für Uniper mehr geben wollte. Die finnische Regierung ist wiederum mit 51 Prozent an dem Energiekonzern Fortum beteiligt, dem Uniper vorher zu 78 Prozent gehörte. Auch Fortum und die finnische Regierung verlieren viel Geld bei der aktuellen Verstaatlichung, sie hätten aber noch viel mehr investieren müssen, um Uniper zu retten. Dazu war nur die deutsche Bundesregierung bereit.

    Zustimmung und Kritik an neuer Rolle des deutschen Staates bei Uniper

    Von einer "bitteren Pille, die Deutschland schlucken müsse" spricht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Schon vor Jahren sei klar gewesen, dass fossile Geschäftsmodelle dauerhaft keine Zukunft hätten, so DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert. Nun müssten sie quasi in einer fossilen Bad Bank aufgefangen werden – mit Steuergeld, das uns dann an anderer Stelle fehle. Unterstützt wird die Rettungsaktion von der Ampel aus SPD, Grüne und FDP sowie von den Unionsparteien, die darin ein notwendiges Übel sehen. Auch die Gewerkschaft Verdi äußerte sich positiv. Erleichtert dürften auch die mit Uniper verbundenen Stadtwerke und ihre Kunden sein.

    Haushaltsmittel des Bundes für Uniper-Rettung vorerst ausreichend

    Zumindest für die aktuellen Rettungsmaßnahmen muss Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) keinen Nachtragshaushalt vorlegen. Lindner unterstützt auch die seiner Meinung nach "vorläufige" Verstaatlichung, die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingeleitet wurde. Für die restlichen Aktien, die der Bund nun kauft, sollen einschließlich Kapitalerhöhung rund 480 Millionen Euro erforderlich sein. Von dem früheren finnischen Fortum-Konzern werden aber zugleich anteilig hohe Schulden und Kreditverpflichtungen übernommen. Die will der Bund über den Kapitalmarkt weiter finanzieren. Dafür muss der neue Uniper-Konzern auch in staatlicher Hand bestimmte Kriterien erfüllen.

    Kapitalerhöhung wichtig auch für Märkte und weitere Finanzierungen

    Die hohe Neuverschuldung durch die teuren Lieferverpflichtungen von Gas, das früher aus Russland kam und nun woanders beschafft werden muss, das alles hat das Eigenkapital von Uniper nach und nach aufgezehrt. Denn zwischen dem Kapital, der Verschuldung und anderen Verpflichtungen muss immer ein gesundes Verhältnis bestehen, sonst droht die Insolvenz.

    Der Bund ist daher verpflichtet, für den Weiterbetrieb von Uniper das Eigenkapital zu stärken, was nun mit neuen Aktien geschieht, die der Bund zeichnen wird. Das soll es dem Konzern erlauben, mit Hilfe des Staates am Markt wieder neue Kredite für weitere Gaslieferungen aufzunehmen. Auch bei einem Staatskonzern muss die Eigenkapitalquote stimmen, damit Banken und Fonds zum Beispiel dessen Anleihen kaufen dürfen. Je nach Entwicklung der Gas-Krise sind weitere Kapitalerhöhungen bei Uniper nicht ausgeschlossen.

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