Der Gaspreis in Europa steigt weiter: Am Montag erhöhte er sich in der Spitze um weitere 18 Prozent bis auf 292,50 Euro pro Megawattstunde. Das wurde am Markt mit der Ankündigung einer neuerlichen Unterbrechung der russischen Gaslieferungen nach Europa durch die Pipeline Nord Stream 1 erklärt.
Die ab Oktober geplante Gasumlage zugunsten der Versorger, die durch die Gaslieferkürzungen Russlands unter Druck stehen, findet unterdessen regen Zuspruch. Insgesamt zwölf Unternehmen haben nun fristgerecht Anspruch auf das Geld angemeldet.
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Energieversorger mit Bedarf von 34 Milliarden Euro
Auf der Liste von "Trading Hub Europe" (THE), dem Zusammenschluss der Betreiber, stehen demnach Uniper, die Leipziger EnBW-Tochter VNG, der Oldenburger Versorger EWE, Sefe (ehemals Gazprom Germania) und deren Tochter Wingas, OMV aus Österreich, Axpo, Vitol und Gunvor, die Schweizer Rohstoffhandelsfirmen DXT Commodities und Enet Energy. Zuerst hatte das "Handelsblatt" darüber berichtet.
Zusätzlich auf der Liste steht die RWE-Handelstochter Supply & Energy. Der Gashändler will aber kein Geld, wie eine Sprecherin bekräftigte. Das Unternehmen sei nur "formal gelistet". Es handle sich dabei um eine "reine Vorsichtsmaßnahme", falls "die Dinge sich ändern". Unterm Strich hätten alle Energieversorger zusammen einen Bedarf von rund 34 Milliarden Euro geltend gemacht, so eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums.
Diese Liste stellt allerdings noch keinen geprüften Anspruch dar, wie THE erklärt. Die tatsächlichen Werte würden erst durch die weiteren monatlichen und testierten Werte in den Meldungen konkretisiert. "Diese können höher oder niedriger liegen. Der genannte Wert ist ein Prognosewert", hieß es von dem Gemeinschaftsunternehmen.
Uniper und Sefe erhalten offenbar 90 Prozent
Der Großteil der milliardenschweren Umlage zur Rettung von Gasimporteuren entfällt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auf zwei Unternehmen: Den angeschlagenen Energieriesen Uniper und die bisherige Gazprom Germania. Über 90 Prozent der milliardenschweren Umlage soll an die beiden Gashändler gehen. Beide hatten ihr Gas vor allem aus Russland bezogen.
Uniper hatte in der vergangenen Woche erklärt, mehr als 50 Prozent der Umlage zu erhalten, allerdings ohne eine genaue Summe zu nennen. Dem Vernehmen nach sollen es aber etwa zwei Drittel sein. Das berichtet neben dpa auch die Nachrichtenagentur Reuters. Weitere etwa 25 Prozent gehen demnach an Sefe (vormals Gazprom Germania) sowie deren Hauptvertragspartner Wingas und VNG.
Die Gasumlage von 2,4 Cent wird nach bisherigen Plänen ab Anfang Oktober bis Ende März 2024 erhoben. Sie soll Importeuren zugute kommen, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibendes Gas aus Russland am teuren Spotmarkt kaufen müssen, um ihre Verträge zu erfüllen. Ohne die Umlage hätte nach Angaben des Wirtschaftsministeriums eine Pleitewelle von Gasfirmen und letztlich ein Zusammenbruch des deutschen Energiemarktes mit noch höheren Gaspreisen gedroht.
Verbraucherschützer: Nur zur Vermeidung von Insolvenzen
Mit Blick darauf haben Verbraucherschützer nun noch einmal darauf hingewiesen, wofür die Sonderabgabe konkret gedacht ist. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) plädierte vor diesem Hintergrund darauf, die Umlage auf tatsächliche Insolvenzrisiken zu beschränken. "Die Bundesregierung hat klar gesagt, dass die Gasumlage von den Unternehmen nur zur Insolvenzvermeidung in Anspruch genommen werden darf und nicht zur Absicherung von Gewinnen", erklärte Vorständin Ramona Pop.
"Wir erwarten deshalb, dass THE sehr gründlich überprüft, ob wirklich alle Unternehmen, die Ansprüche angemeldet haben, diese glaubhaft mit einer ansonsten drohenden Insolvenz begründen können", forderte der VZBV. Alle anderen Ansprüche müssten nachträglich gestrichen werden, "um die Belastung der Verbraucher so gering wie möglich zu halten".
Wirtschaftsministerium lehnt Forderung ab
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums betonte, es gebe zahlreiche Kriterien für Unternehmen, um Gelder aus der Gasumlage bekommen zu können. Unter anderem müssten Angaben zu den aktuellen Extrakosten bei der Beschaffung von Gas von Wirtschaftsprüfern bestätigt werden. Eine drohende Insolvenz gehöre nicht zu den Antragskriterien. "Ein Unternehmen braucht eine gewisse Gewinnspanne, um weiter agieren zu können."
Mit Material von dpa und afp.
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