Die hohe Inflation hat in den USA zur Zinswende geführt: Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) erhöht erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie ihren Leitzins wieder. Der wichtige Zinssatz für die weltgrößte Volkswirtschaft steigt um 0,25 Prozentpunkte und liegt damit nun in der Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent, wie die Zentralbank am Mittwoch mitteilte. Die Notenbank gehe davon aus, dass "anhaltende Erhöhungen des Leitzinses angemessen sein werden", hieß es weiter.
Die Kehrtwende der Geldpolitik der Fed war wegen der seit Monaten anhaltend sehr hohen Inflationsrate erwartet worden. Einer neuen Prognose der Notenbank zufolge ist in diesem Jahr noch mit mehreren Zinserhöhungen zu rechnen. Im Dezember waren die Entscheider der Fed im Durchschnitt noch davon ausgegangen, dass der Leitzins im Laufe des Jahres auf 0,9 Prozent steige - nun gehen sie von 1,9 Prozent in diesem Jahr und sogar 2,8 Prozent im kommenden Jahr aus. Auch soll die durch Corona-Notprogramme angeschwollene Fed-Bilanz bald reduziert werden, was dem Finanzmarkt Liquidität entziehen würde.
Fed rechnet mir deutlich höhere Inflationsrate
Erhöhungen des Leitzinses bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum. Für die Notenbank ist es daher ein Balanceakt: Sie will die Zinsen so stark anheben, dass die Inflation ausgebremst wird - ohne dabei gleichzeitig die Konjunktur abzuwürgen.
In einer am Mittwoch vorgelegten neuen Prognose rechnet die Fed für das laufende Jahr nun mit einer deutlich höheren Inflationsrate als noch vor drei Monaten. Die Teuerungsrate soll trotz der geplanten Erhöhungen des Leitzinses 2022 durchschnittlich bei 4,1 Prozent liegen, eine Steigerung von 1,4 Prozentpunkten gegenüber der Prognose vom Dezember, wie Daten der Zentralbank am Mittwoch zeigten. Die Fed musste ihre Prognosen zur Inflationsentwicklung seit Beginn der Corona-Pandemie bereits mehrfach nach oben korrigieren.
Fed-Ziel: Inflationsrate von rund 2 Prozent
Mittelfristig strebt die Zentralbank eine durchschnittliche Inflationsrate von rund 2 Prozent an. Notenbankchef Jerome Powell hatte Anfang des Monats im US-Kongress erklärt, es sei das Ziel der Fed, einen «langen Aufschwung» zu ermöglichen, der weiter für einen starken Arbeitsmarkt sorgen werde. «Und das ist nur möglich in einem Umfeld von Preisstabilität.» Eine hohe Inflationsrate schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro oder Dollar weniger kaufen können als zuvor.
Eine Herausforderung für die US-Zentralbank ist es dabei, dass sie die Ursachen der Preissteigerungen nur begrenzt beeinflussen kann. Die Unterbrechungen globaler Lieferketten und steigende Energiepreise etwa reagieren nicht direkt auf den US-Leitzins. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wiederum dürfte Experten zufolge zu neuen Problemen der Lieferketten führen, genauso wie weitere Corona-Lockdowns in China - wie jüngst in der Metropole Shenzhen.
Firmen klagen über Mangel an Arbeitskräften
Die Fed ist den Zielen der Preisstabilität und Vollbeschäftigung verpflichtet. Inzwischen brummt die Wirtschaft wieder, und der Arbeitsmarkt entwickelt sich sehr positiv. Die Arbeitslosenquote war zuletzt auf niedrige 3,8 Prozent gefallen. Viele Firmen klagen bereits über einen Mangel an Arbeitskräften. Die Verbraucherpreise hingegen waren im Februar im Vergleich zum Vorjahr um knapp 8 Prozent gestiegen, das war der höchste Wert seit 40 Jahren.
Die Fed korrigierte am Mittwoch ihre Wachstumsprognose deutlich nach unten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll demnach um 2,8 Prozent wachsen, das wären 1,2 Prozentpunkte weniger als noch im Dezember prognostiziert. Im Vorjahr war die Wirtschaft im Zuge der Erholung von der Corona-Krise noch um starke 5,7 Prozent gewachsen. In Bezug auf den Arbeitsmarkt blieb die Fed optimistisch: Bis Jahresende soll die Arbeitslosenquote, wie auch im Dezember prognostiziert, auf 3,5 Prozent fallen.
Auch EZB ändert Strategie
Angesichts der guten Wirtschaftsentwicklung und der hohen Inflation hatte die Fed schon Ende vergangenen Jahres eine wichtige Kehrtwende eingeleitet: Weg von den erheblichen Hilfsprogrammen zum Kampf gegen die Corona-Krise und hin zu einer strafferen Geldpolitik. Monatliche Wertpapierkäufe von bis zu 120 Milliarden Dollar, um den Finanzmärkten Liquidität zu verschaffen und die Konjunktur zu stützen, liefen nach einer Drosselung bereits in diesem Monat aus. Dies galt als Vorausbedingung für die erste Leitzinserhöhung.
Auch Europas Währungshüter steuern inzwischen auf ein Ende ihrer ultralockeren Geldpolitik zu. Die Europäische Zentralbank (EZB) fährt ihre milliardenschweren Anleihenkäufe früher zurück als geplant und stellt deren Ende im Sommer in Aussicht. Wann die Zinsen im Euroraum nach jahrelangem Rekordtief wieder steigen werden, ist noch unklar.
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