Wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine steigen die Preise seit Monaten: Energie und Gas sind teuer wie nie, damit haben sich auch Lebensmittel verteuert. Viele Unternehmen klagen wegen der hohen Kosten und der aktuell schwierigen Wirtschaftslage. Doch die Krisennachrichten scheinen bei den meisten der 40 Dax-Konzernen nicht angekommen zu sein. Viele glänzen mit Rekordgewinnen und wollen einen Teil davon an ihre Aktionäre auszahlen.
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Aktiengesellschaften wollen attraktiv für Anleger bleiben
Nach einer Kurskorrektur an den Börsen erscheinen Aktien mit einer hohen Jahreszahlung noch attraktiver, weil die Dividenden-Rendite dadurch gleich doppelt gestiegen ist. Anleger können auf dem niedrigeren Kursniveau einsteigen und eine möglicherweise noch höhere Dividende später als Treueprämie kassieren.
Die aktuelle Zahlung dient somit auch dazu, Aktionäre bei der Stange zu halten und sie dazu zu bewegen, ihre Papiere möglichst nicht zu verkaufen. Es liegt im Interesse von Unternehmen und Management, auf diese Weise attraktiv zu sein auch für künftige Anleger. Nur so kann der Börsenkurs gesteigert werden. Von dessen Wert profitieren wiederum Vorstände mit ihren Erfolgsprämien, die sich in der Regel am Aktienkurs orientieren.
Erfolgsbeteiligung der Aktionäre rechtens
Es gibt nur einen Grund für die hohen Zahlungen der 40 Dax-Unternehmen an ihre Aktionäre. Das sind die hohen Gewinne des Vorjahres, an denen börsennotierte Konzerne ihre Eigentümer – und nichts Anderes sind die Aktionäre – beteiligen müssen. Das Handelsblatt hat ausgerechnet, dass alle Dax-Konzerne zusammen genommen in diesem Jahr voraussichtlich 130 Milliarden Euro netto verdienen werden.
Wie hoch sind Aktionärsbeteiligungen üblicherweise?
Davon stünden ihren Aktionären im nächsten Jahr dann rein theoretisch etwa 54 Milliarden Euro an Gewinnbeteiligung zu, wenn nichts dazwischenkommt, so das Handelsblatt. Ein solches Verhältnis entspräche einer durchschnittlichen Ausschüttungsquote von 41,5 Prozent, was im internationalen Vergleich nicht besonders üppig erscheint.
In den USA, wo im Schnitt höhere Dividenden als in Deutschland gezahlt werden, ist es üblich, dass börsennotierte Unternehmen mindestens die Hälfte ihrer Gewinne an die Aktionäre abgeben.
Ausländische Aktionäre geben mehrheitlich Richtung vor für Dax-Konzerne
An solchen Größenordnungen müssen sich auch internationale Konzerne mit Sitz in Deutschland orientieren. So gehören schließlich die Dax-Konzerne nach ihrer Aktionärsstruktur mehrheitlich ausländischen Anlegern und sind nur zu etwa einem Dritteln in deutschen Händen.
Von etwa 15 Prozent der Aktien im Dax ist gar nicht bekannt, wo ihre Aktionäre sind. Hinzukommen zahlreiche Optionsgeschäfte, die an der Terminbörse mit den Aktien möglich sind, ohne dass die Anleger dahinter sich zu erkennen geben. So gesehen sind es die Spielregeln der weltweiten Kapitalmärkte, die hier gelten.
Nur extreme Wirtschaftskrise könnte Dividendenzahlungen noch stoppen
Eine extreme krisenhafte Entwicklung, von der im Moment niemand ausgeht, könnte die Konzerne schon zwingen ihre Dividenden-Politik zu überdenken. Das heißt, sie würden dann weniger ausschütten, um mehr finanzielle Rücklagen für schwierige Zeiten zu bilden. Doch davon ist zurzeit nicht die Rede.
Stattdessen gehen die meisten Ökonomen und auch die Bundesbank inzwischen davon aus, dass es in Deutschland und in Europa im nächsten Jahr nur zu einer leichten Rezession kommen wird. In anderen Regionen wie in Nordamerika und weiten Teilen von Asien dürfte die Wirtschaft dagegen weiterhin wachsen. Gerade dort machen exportstarke deutsche Konzerne auch ihre besten Geschäfte.
Wie sieht also die Prognose für die Dividenden 2023 konkret aus?
Für die Dividenden im nächsten Jahr würde das laut Handelsblatt bedeuten: es würden noch einmal sechs Prozent mehr als in diesem Jahr für 2021 ausgeschüttet werden. Andere Analysen sehen die Dividenden ebenfalls weiter auf Rekordniveau, erwarten aber nicht so hohe Steigerungen. Tatsache ist, dass die Experten eine Kürzung auf breiter Front ausschließen und also insgesamt von einer stabilen Ertragslage ausgehen.
Autobauer verdienen erneut am meisten für ihre Aktionäre
Rund 13,5 Milliarden Euro haben allein schon die Aktionäre der drei Automobilhersteller BMW, Mercedes und Volkswagen zu erwarten. Die Autokonzerne stellen damit rund ein Viertel aller Zahlungen der 40 Dax-Konzerne an ihre Anteilseigner.
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Das ist kein Wunder, denn die deutschen Autobauer haben soeben im dritten Sommer-Quartal aller Krisen zum Trotz einen Rekord hingelegt mit höchsten Umsatzsteigerungen und vor allem dem stärksten Gewinnwachstum aller Zeiten: 58 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Das ist deutlich mehr als erwartet und liegt vor allem daran, dass die Hersteller die Lieferkrise mit Produktionsausfällen während der Pandemie nun endlich hinter sich gelassen haben.
Dividendenkürzungen sollen Ausnahmen bleiben – Ausfälle noch seltener
Es gibt aber auch Ausfälle wie den von Siemens Energy, wo es wegen hoher Verluste 2023 keine Dividende geben wird. Gekürzt werden Dividenden wahrscheinlich bei dem Chemiekonzern Covestro. Auch der Chemieriese BASF, der für hohe Dividenden bekannt ist, hat es schwer damit, das hohe Niveau in diesem Jahr zu halten. Unterm Strich werden von 26 Dax-Unternehmen im nächsten Jahr höhere Zahlungen erwartet, das ist eine solide Mehrheit.
Zu ihr zählen die Münchener Konzerne Allianz und Munich Re sowie Linde, aber auch die Deutsche Bank, die Deutsche Telekom und die Post AG.
Wenn hohe Dividenden fragwürdig werden: Stichwort Kurzarbeitergeld
Sind die abermals möglichen Rekorddividenden trotz drohender Rezession in Deutschland nicht doch das falsche Signal für eine breite Öffentlichkeit? Für die Konzerne kommt es bei der Öffentlichkeit in erster Linie auf die Investoren an, doch manchmal sind auch noch andere Kriterien wichtig: etwa wenn es um Nachhaltigkeit, gesellschaftliche Anerkennung ein gutes Image für Marken etc. geht. Man spricht von Stakeholder-Prinzip statt vom reinen Shareholder Value, mit dem nur die Aktionäre gemeint sind. Zu den Stakeholdern gehören auch Kunden, Mitarbeiter und das gesamte politische Umfeld. Und da gebe es dann schon noch einiges mehr zu beachten.
So gerieten die Autokonzerne wegen des Kurzarbeitergelds in die Kritik, das zum Höhepunkt der Pandemie und in der Lieferkrise in großem Umfang vom Staat für viele tausend Beschäftigte bezahlt wurde. Gleichzeitig kündigte Mercedes auch noch einen Stellenabbau an, schüttete aber unvermindert eine Rekorddividende an die Aktionäre aus. Bei VW hieß es, beim Kurzarbeitergeld handele es sich um eine Versicherungsleistung des Staates, für die der Wolfsburger Konzern jahrelang Sozialbeiträge abgeführt habe.
Staatshilfen häufig an Aussetzung der Dividende gekoppelt
Dieser Argumentation kann man folgen, oder auch nicht. Auf jeden Fall macht es einen schlechten Eindruck, gleichzeitig Staatshilfen zu kassieren und Gewinne vom Vorjahr auszuschütten, aus denen die Dividenden gezahlt werden. Das gilt vor allem dann, wenn der Staat sich an Unternehmen beteiligt, um eine Schieflage zu verhindern. Ein Beispiel dafür wäre der Gas-Handelskonzern Uniper. Hier und beim Reisekonzern Tui wurden Dividendenzahlungen gestoppt, nachdem der Bund Milliardenhilfen geleistet hatte.
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