Wer derzeit dringend einen Steuerberater sucht, der braucht Geduld. Viele Kanzleien sind völlig überlastet. Der Grund: Einkommenssteuer, Coronahilfen-Rückzahlungen und Grundsteuererklärungen. Wenn alles zeitlich zusammenfällt, glühen die Telefonleitungen in den Steuerkanzleien. Die Steuerberaterkammer Nürnberg hört vermehrt die Klage, dass Coronahilfen und Grundsteuer das übliche Tagesgeschäft in den letzten Jahren hintangestellt haben und viele deshalb in Verzug sind.
Kapazitäten der Kanzleien ausgeschöpft
Der Vorstand der Steuerberaterkammer Nürnberg Wolfgang Kunert berichtet, dass aktuell die Kapazitäten bei so gut wie allen Kanzleien ausgeschöpft seien. Er selbst muss in seiner Kanzlei Anfragen teilweise ablehnen, damit der alte Mandantenstamm nicht leidet. Viele Hausbesitzer hatten nach der Fristverlängerung für die Grundsteuererklärung von Oktober auf Januar erstmal die Abgabe aufgeschoben und melden sich jetzt oft geballt auf den letzten Drücker.
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Hauptursache Fachkräftemangel
Hauptursache ist jedoch auch hier der Fachkräftemangel. Kanzleien suchen teilweise seit Jahren erfolglos Nachwuchs. Auch wechseln viele nach der Ausbildung in die Wirtschaft, da ein fester Mandant dort oft attraktiver erscheint als der Stress mit vielen verschiedenen Mandanten in einer Kanzlei, meint Kunert. Hier müsse die abwechslungsreiche Arbeit in einer Steuerkanzlei viel stärker beworben, der Beruf attraktiver dargestellt werden.
Die Folge: Vermehrt verspätete Abgaben
Für die Mandanten heißt das im Umkehrschluss: Es ist Geduld gefragt. Doch eine längere Bearbeitung ist oft gleichbedeutend mit einer späteren Abgabe beim Finanzamt. Doch die hat teils verheerende Folgen:
"Es kam im letzten Jahr vermehrt zur Festsetzung von Zwangsgeldern, teils in vierstelliger Höhe, weil die Steuererklärung für 2020 nicht rechtzeitig abgegeben wurde." Wolfgang Kunert, Vorstandsvorsitzender Steuerberaterkammer Nürnberg
Frühzeitig an Termin für 2021er-Erklärung denken
Damit es nicht zu solchen Nachzahlungen kommt, sollte man sich für die 2021er-Erklärung den 31. August 2023 merken. An diesem Tag muss das Finanzamt die Papiere bereits erhalten haben. Heißt: rechtzeitig einen Termin beim Steuerberater ausmachen. Wer die Erklärung selbst macht, für den gelten sogar noch frühere Abgabetermine.
Lohnsteuerhilfeverein als Alternative
Das Landesamt für Steuern rät alternativ zur Anfrage beim Lohnsteuerhilfeverein. "Soweit es sich um Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer oder Rentnerinnen und Rentner handelt, besteht in der Regel noch die Möglichkeit, dass sie für die Erstellung der Einkommensteuererklärung Hilfe bei einem Lohnsteuerhilfeverein finden könnten," erklärt Sina Müller vom Bayerischen Landesamt für Steuern in Nürnberg.
Situation bei Lohnsteuerhilfe e.V. ebenfalls angespannt
Aber ist die Situation dort besser? Nein, sagt der Vorstandsvorsitzende der Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. Jörg Gabes auf Anfrage. "Von den 150 Beratungsstellen haben 34 aufgrund von Überlastung einen kompletten Aufnahmestopp, bei den anderen Beratungsstellen kann es Wartezeiten von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten geben."
Wo früher noch jeder Erklärung die Belege beigelegt worden sind, wird heute elektronisch übermittelt. Doch oft ist die Folge: Mehr Arbeit statt weniger. "Das führt natürlich dazu, dass von den Finanzbehörden Rückfragen wegen 50,92 Euro kommen und die Bitte, Belege nachzureichen. Der Arbeitsaufwand liegt dann bei uns Steuerberatern, wir müssen die Akte ein weiteres Mal öffnen, scannen und übermitteln" klagt der Vorstand der Kammer. So sollen inzwischen zu mindestens jeder dritten Steuererklärung Rückfragen kommen.
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Grundsteuererklärung bis 31. Januar
Was jedoch die Grundsteuererklärung betrifft, da wird der Endspurt bis 31. Januar für viele eine Herausforderung. "Allgemein ist es so, dass viele Kollegen bis zu einem Drittel der Grundsteuererklärung noch zu fertigen haben. Das liegt zum einen an der allgemeinen Arbeitsbelastung, zum anderen aber auch in der Schwierigkeit, alle Unterlagen zu erhalten", so Kunert.
Auf Anfrage beim Bayerischen Landesamt für Steuern erklärt Sprecherin Sina Müller, dass es schwierig sei "mit einer Fristverlängerung über den 31. Januar hinaus. Dieses Datum sei nämlich bereits eine Verlängerung. Der ursprüngliche Abgabetermin war im Oktober. Hintergrund ist hier: Die Gemeinden müssen genügend Zeit haben, die neuen Hebesätze festzulegen und die Grundsteuerbescheide für das Jahr 2025 zu versenden.
Für den Steuerzahler wird es also erstmal nur besser, wenn er sich künftig rechtzeitig um Termine kümmert, um alle Fristen einzuhalten und Zwangsgelder zu vermeiden. Denn die Situation wird noch eine ganze Weile angespannt bleiben.

Ein Grundsteuerbescheid liegt auf einem Tisch (Symbolbild)
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