Die Verbraucher reagieren zum Teil übermäßig stark auf die zuletzt gestiegenen Preise und schränken sich deshalb regelrecht ein. Wie das Statistische Bundesamt feststellte, sind die Umsätze bei einigen Produkten in den Supermärkten rückläufig – trotz der Inflation. Das heißt: Es wird so viel gespart, dass die Umsätze der Händler trotz der höheren Preise niedriger ausfallen.
Umstellung: Weniger Fleisch und Billigmarken helfen sparen
Vor allem bei Lebensmitteln reagieren die Konsumenten auf den Preisanstieg, so dass Waren in den Regalen liegen bleiben. Die Marktforscher von POSpulse haben bei einigen Produkten einen "Käuferstreik" festgestellt. So gaben viele Verbraucher an, keinen Fisch mehr zu kaufen und wenn dann nur Sonderangebote. Für Billigprodukte wie Fischstäbchen werden deshalb Engpässe befürchtet. Ähnlich sei das Verhalten bei Fleisch, auf das viele Befragte jetzt öfter verzichten wollten.
Viele wechselten auch von teuren Markenartikeln zu preiswerteren Handelsmarken. Markentreu sind Verbraucher vor allem bei Milchprodukten. Lebensmittelhändler machen deshalb viele Sonderangebote zum Beispiel mit Butter oder bekannten Joghurtsorten.
Einige Verbraucher schränken sich zusätzlich ein durch eine Änderung ihrer Ernährung. So gaben rund 40 Prozent der Befragten bei POSpulse an, sich bei Süßigkeiten jetzt stärker zurückzuhalten. Aber auch bei gesunden Lebensmitteln wie Obst und Gemüse, haben der Umfrage zufolge mehr als ein Drittel der Befragten ihre Ausgaben inzwischen eingeschränkt. Betroffen sind möglicherweise auch die Hersteller von Bio-Produkten, die naturgemäß teurer sind.
Abwärtstrend schon vor Kriegsbeginn
Vor allem bei teuren Saisonprodukten wie Spargel und frischen Erdbeeren, aber auch bei Fisch und Fleisch wird offenbar kräftig gespart, weil hier die Preisunterschiede zu früher besonders hoch sind. Schon im Vorfeld des Russland-Ukraine-Kriegs verteuerten sich Energie und Agrarrohstoffe. Beide spielen bei der Herstellung von Lebensmitteln und als Futtermittel für die Viehzucht eine entscheidende Rolle.
So landen laut Bundeslandwirtschaftsministerium 58 Prozent des in Deutschland angebauten Getreides in den Futtertrögen von Schweinen und Rindern, deren Haltung sich damit enorm verteuerte. Und beim Verbrauch von Erdgas in Deutschland steht die Erzeugung von Nahrungsmitteln an erster Stelle von allen Industriebranchen.
Gesamter Einzelhandel betroffen
Schon im April sind in Folge des Ukrainekriegs und weiterer Preissprünge im gesamten Einzelhandel in nur einem Monat gegenüber März die Umsätze um 5,4 Prozent eingebrochen - real, also nach Abzug der Preiserhöhungen.
Besonders ausgeprägt war der Rückgang mit minus 7,7 Prozent bei den Lebensmitteln. Dort war es dem Statistischen Bundesamt zufolge der größte Umsatzeinbruch zum Vormonat seit Beginn der Zeitenreihe im Jahr 1994. Dieser Trend hat sich offenbar seit Beginn des Frühjahrs weiter verstärkt.
Fleisch im Fokus: Zentrale Rolle bei Inflation
Seit Mai gehen nun auch noch die Schlachtpreise für Schweine und Rinder deutlich zurück aufgrund von Marktturbulenzen. Die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) hat in Deutschland einen Rückgang des gesamten Fleisch-Verbrauchs festgestellt wegen höherer Preise an der Ladentheke, nicht jedoch in den Schlachthöfen. Bereits im ersten Quartal seien zehn Prozent weniger Schweine und 14 Prozent weniger Rinder geschlachtet worden mangels Nachfrage, die den Preis dort drückt.
Bereits in der Corona-Krise wurde 2021 weniger Schlachtvieh nach Deutschland importiert. Umgekehrt führte die gesamte EU zu Beginn des Jahres 2022 deutlich weniger Schweinefleisch in Drittländer aus, ein Exportrückgang um 30 Prozent. Ein Teil davon mag auf die globale Lieferkrise zurück zu führen sein. Aber vielleicht ändern sich ja auch einige Gewohnheiten der Verbraucher.
Bauern im Nachteil: Viele profitieren nicht von hohen Preisen
Für die Schweinemäster sind im ersten Halbjahr laut AMI die Erlöse von den Schlachtpreisen gesunken und gleichzeitig die Kosten für Futtermittel und Energie drastisch gestiegen. Betroffene Bauern schrieben oft Verluste. Insgesamt kommt weniger Fleisch auf den Markt, zum Beispiel aus Neuseeland, von wo sonst sehr viel Lamm- und Rindfleisch importiert wird. Beim Metzger oder im Supermarkt sind zum Beispiel für Lamm deshalb sehr hohe Preise zu zahlen.
Es gibt also derzeit viele außergewöhnliche Faktoren, die Lebenspreise wie beim Fleisch beeinflussen. Teils laufen die Märkte einfach nicht rund, wie bei den globalen Transportwegen. Andere Kosten werden wohl eher hoch bleiben wie die der Energie. Bei Getreide, Ölsaaten und Futtermitteln wie Mais wirkt sich wiederum der Krieg in der Ukraine direkt aus, weil Russland die Agrarexporte dort bislang weitgehend blockiert.
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