Menschen warten an einer Bushaltestelle.
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Teure Energiewende: Auf Fahrgäste des Nahverkehrs könnten bald höhere Tarife zukommen.

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Elektrobusse könnten Ticketpreise im Nahverkehr verteuern

Der Umstieg auf emissionsfreie Nahverkehrsmittel wird teuer. Schon jetzt wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten. Die Betreiber sagen: Auch die Ticketpreise könnten steigen. Ein #Faktenfuchs.

Die Energiewende im bayerischen Nahverkehr beginnt gerade erst. Die Kosten dafür sind hoch. Steigen am Ende die Fahrpreise?

ÖPNV-Gesetz: Der Staat muss Fehlbeträge der Betreiber ausgleichen

Wenn Betreiber auf Elektro umstellen, fallen Mehrkosten an. Wenn nicht genügend Fördermittel zur Verfügung stehen, könnten Fehlbeträge entstehen. Die Aufgabenträger (Landkreise und kreisfreie Gemeinden) müssen diesen nach Artikel 19 des bayerischen ÖPNV-Gesetzes ausgleichen – und können dafür dann Finanzhilfen beantragen.

Fahrpreise: Betreiber melden an, Verbünde legen fest

Den Fahrpreis legen nicht die Betreiber fest, sie melden miteinander abgestimmt einen Bedarf an. Die Verkehrsverbünde legen die Tarife dann fest. Am Ende muss noch die Politik zustimmen, zum Beispiel Stadträte und die Kreistage aller im Verbund zusammengefassten Landkreise. Dabei spielen nicht nur die betriebswirtschaftlichen Überlegungen der Verkehrsunternehmen eine Rolle, sondern auch volkswirtschaftliche und politische Ziele der jeweiligen Kommunen.

Allein über die Fahrpreise kann kaum ein Betreiber seine Kosten decken. Die Tickets brachten im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg 2018 beispielsweise nur 43,5 Prozent der Kosten des Verkehrsangebots bei.

Die Finanzierung des ÖPNV in Bayern ist komplex. Nur ein paar Aspekte seien genannt: Die Länder erhalten beispielsweise sogenannte Regionalisierungsmittel vom Bund für den Nahverkehr, vom Freistaat gibt es Geld zur Defizitminimierung oder für die Schülerbeförderung. Für ermäßigte Tickets gibt es Ausgleichszahlungen der Länder.

Bleibt am Ende also die Frage: Bezahlt der Steuerzahler die Umrüstung auf Elektrobusse? Oder bezahlt der Fahrgast in Form höherer Tarife?

Betreiber halten höhere Tarife für möglich

Aus dem Bundesumweltministerium (BMU) heißt es, derzeit lägen keine Erkenntnisse dazu vor, dass Betreiber aufgrund hoher Elektrobuskosten höhere Ticketpreise erheben. Allerdings befinde man sich noch in der "Markthochlaufphase", so dass dazu noch keine Aussagen getroffen werden könnten.

Bei der Münchner Verkehrsgesellschaft möchte man nicht ausschließen, dass es teurer wird.

"Wie sich die schrittweise Umstellung auf E-Busse auf die Ticketpreise auswirkt, hängt letztlich von der weiteren Entwicklung ab. Einflussgrößen sind hier etwa die künftige Höhe der finanziellen Unterstützung von Bund, Land und Stadt, auch die Laufzeiten etwaiger Förderprojekte, sowie die Preisentwicklung bei den Elektrobussen. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nicht ausschließen, dass sich die Mehrkosten auch in den Ticketpreisen niederschlagen." Matthias Korte, Pressereferent Münchner Verkehrsgesellschaft

Bei der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) sieht man das ähnlich.

"Sofern die fehlenden Mittel nicht vollständig durch die Städte und Landkreise als Aufgabenträger des ÖPNV bereitgestellt werden können, müsste über zusätzliche Tarifanpassungen diskutiert werden." Jürgen Dornberger, Pressestelle WWV

Wenn Politiker oder Fahrgäste da nicht mitmachen, könnten Betreiber erwägen, bei der Umstellung auf die Bremse zu gehen.

Die Neuanschaffungen seien dabei aber nicht der einzige Faktor, meint der Sprecher des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Lars Wagner. Es fehle die Erfahrung in Sachen Zuverlässigkeit der Elektrobusse. Was, wenn zum Beispiel die Akkus der Busse häufiger ausgetauscht werden müssen als gedacht? Wenn Busse ausfallen, wie viele Reserven braucht man dann? Höhere Betriebskosten wären die Folge.

Der Strom für Elektrobusse könnte billiger sein

Ein Posten des Betriebs sind die Energiekosten. Welchen Anteil sie an den Tarifen eines Verkehrsverbunds haben, ist unterschiedlich. Im Ingolstädter Verbund machen sie 15 bis 20 Prozent aus, im städtischen Würzburger ÖPNV mit Bus und Straßenbahn nur rund sechs Prozent, im Nürnberger Verbund 14 Prozent. Die Preise für Strom und Öl halten sich für die Betreiber laut VDV derzeit ungefähr die Waage.

Eigentlich könnte der Strom aus erneuerbaren Energiequellen aber günstiger sein. Mit der EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) finanzieren alle Stromverbraucher den Ausbau erneuerbarer Energien. Die Umlage verteuert in diesem Jahr für alle Verbraucher den Strom um 6,405 Cent pro Kilowattstunde. Beim Strom für Schienenbahnen gilt sie nur begrenzt. Für Elektrobusse gibt es noch keine Regelung, die Betreiber müssten derzeit den kompletten Preis bezahlen. Hier gäbe es laut VDV noch Spielraum, um die Betreiber entlasten.

Ein Vorteil beim Strom: Dort gibt es in der Regel länger laufende Lieferverträge mit den Versorgern, man ist also nicht so konjunkturabhängig wie beim Öl. Außerdem geht man im Bundesumweltministerium davon aus, dass die Kosten für die Batterien und den Stromverbrauch in Zukunft sinken. Man stehe erst am Anfang des Einsatzes einer neuen Technologie, weshalb hier noch wesentlich mehr Fortschritte zu erwarten seien.

Fazit:

Betreiber erwarten staatliche Investitionen für die Energiewende im Nahverkehr. Diese gibt es, aber sie reichen nicht aus. Manche Betreiber erwarten höhere Tarife, falls die Subventionen weiterhin zu knapp sind. Bei den Stromkosten könnte der Gesetzgeber die Betreiber allerdings noch mehr entlasten.

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