Walking Man vor Münchner Rück

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Sieben Mythen über die Munich Re

Beim Rückversicherer Munich Re ist der Gewinn im vergangenen Jahr wegen Naturkatastrophen massiv eingebrochen. Dass Naturkatastrophen aber jedes Mal besonders hart treffen, ist nur einer von mehreren Mythen über das Unternehmen.

1. Naturkatastrophen sind schlechte Nachrichten für Rückversicherer wie die Munich Re

Nicht unbedingt. Rein ökonomisch betrachtet nur dann, wenn sie dort passieren, wo die Munich Re stark vertreten ist – das heißt, in Gegenden mit hoher Versicherungsdichte. Ein Tsunami oder Flächenbrand in Asien oder in Afrika betrifft den Versicherer deutlich weniger als ein Ereignis in Europa oder den USA. Während dort etwa 80 Prozent am weltweiten Umsatzvolumen anfallen, sind es in Asien und Afrika nur etwa 15 Prozent.

2. Der Versicherer der Versicherer verdient sein Geld mit Versicherungen

Ja. Aber 2016 erwirtschaftete die Munich Re fast dreimal soviel auf dem Kapitalmarkt (insgesamt 7,9 Milliarden Euro) – mit Anleihen, Aktien und anderen Zinsanlagen.

Die aktuellen Zahlen für 2017 zeigen ein starkes Missverhältnis bei der Gewinnverteilung: Lediglich 73 Millionen Euro verdiente die Munich Re mit dem eigentlichen Geschäft mit Versicherungen. Fakt ist: Aktienspekulationen führten nach massiven Verlusten um die Jahrtausendwende zu einer ernsten Krise des Unternehmens.

3. Sind niedrige Zinsen deshalb eine Gefahr für die Munich Re?

Eine Belastung ja, nicht zwingend eine Gefahr. Denn erst dann zeigt sich, wie stark das eigentliche Geschäft mit Versicherungen wirklich ist. Deshalb folgen künftig Schicksalsjahre für die Geschäftsfelder der Munich Re. Die klassische Rückversicherung muss neue Geschäftsfelder suchen und finden. Die Erstversicherer-Tochter Ergo ist auf Sinnsuche im Digitalen.

4. Eine Stelle bei der Munich Re ist wie ein Beamtenjob: Lebenslange Sicherheit, 14. Montagsgehalt und freies Kantinenessen

Dieser Eindruck entstand zwar mitunter in der Vergangenheit, das wird künftig aber wohl anders sein. Denn bevor die Munich Re von bitter nötigen Produktideen und digitalunterstützten Abläufen profitierten kann, müssen erst einmal die Kosten runter. Und das bedeutet in diesem schreibtisch- und datenlastigen Großunternehmen zwangsläufig: Jobs in Gefahr.

5. Langweilig, aber solide und ertragreich: Mit der Munich Re-Aktie schlafen Investoren gut.

Nicht zwangsläufig. Das zeigt schon der Blick auf die Kursentwicklung der vergangenen Jahre: Wer am 10. November 2000 kaufte und am 28. März 2003 verkaufte, musste einen Verlust von rund 85 Prozent verschmerzen. Seither stieg der Kurs wieder um rund 220 Prozent. Dazu muss man aber wissen: Um den Kurs zu stützen, hat die Munich Re seit 2006 eigene Aktien im Wert von zehn Milliarden Euro zurückgekauft, sie gehört sich also zum Teil selbst.

Verlässlich ertragreich ist die ausgeschüttete Dividende: Seit 2008 stieg die Ausschüttung je Aktie von 5,50 auf 8,60 Euro. Als Aktionär muss man das nicht automatisch gut finden, wenn man das ausgeschüttete Kapital lieber in Zukunftsinvestitionen als in die eigene Tasche stecken würde.

6. Rückversicherungspreise haben keine Auswirkungen auf den Endkunden

Doch. Aber genauer können auch Analytiker nicht werden. Ein Beispiel: Die Munich Re wurde 2017 von der US-Hurrikansaison stark gebeutelt – wird dadurch auch die Wohngebäudeversicherung beim Tochter-Unternehmen Ergo teurer? Hier hilft ein Blick auf die sogenannte „Schaden-Kosten-Quote“. Diese gibt das Verhältnis des Aufwands für Schäden zu den Prämieneinnahmen wieder. In der Vergangenheit ist die Quote in der Rückversicherungssparte der Munich Re stark gestiegen. Die Folge: Auch die Beitragssumme in der Schaden- und Unfallversicherung bei der Tochter Ergo stieg in den vergangenen Jahren an.

7. Die steigenden Schadensummen der Munich Re belegen den Klimawandel

So einfach ist es nicht. Weil mehr Menschen mit mehr Eigentum in Risikogebieten leben, ist zum Beispiel in Deutschland die mittlere Schadensumme auch stark gestiegen. Und der US-Bundesstaat Florida erlebte in den vergangenen Jahren einen massiven Zuzug – trotz der akuten Gefahr verheerender tropischer Wirbelstürme, wie das Beispiel „Irma“ im Herbst 2017 zeigte.

Die umfassendste Informationsquelle zu Klimaereignissen in Deutschland bietet der Klimamonitoringbericht des Umweltbundesamtes.