18.03.2023, Schweiz, Luzern: Die Flagge der Schweiz weht neben dem Logo der Schweizer Bank Credit Suisse. Die Lage der angeschlagenen Schweizer Großbank hat am Samstag (18.03.) die Regierung auf den Plan gerufen.
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Schweizer Bank Credit Suisse

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Schweiz berät unter Zeitdruck über Rettung der Credit Suisse

In der Schweiz beraten Banken, Behörden und Regierungsmitglieder unter hohem Zeitdruck über die Rettung der angeschlagenen Großbank Credit Suisse. Die UBS soll inzwischen eine Milliarde Dollar für die Übernahme der Credit Suisse geboten haben.

Die Lage der angeschlagenen Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) hat am Samstag die Regierung auf den Plan gerufen. Die sieben Mitglieder des Bundesrates trafen am späten Samstagnachmittag zu einer außerordentlichen Sitzung in Bern zusammen, wie die "Neue Züricher Zeitung" berichtete. Am Abend seien weitere Beamte und Experten hinzugestoßen. Regierungssprecher André Simonazzi wollte sich gegenüber Reportern der Zeitung nicht zu dem Geschehen äußern.

UBS bietet eine Milliarde Dollar für Credit Suisse

Die Schweizer Behörden haben am Sonntag ihre Bemühungen zur Rettung der angeschlagenen Credit Suisse fortgesetzt. Die Verhandlungen seien zäh, erklärte eine mit der Sache vertraute Person. Die "Financial Times" berichtete derweil, dass die UBS angeboten habe, ihre kleineren Rivalen für bis zu eine Milliarde Dollar zu kaufen. Am Freitag war die Schweizer Großbank an der Börse noch rund acht Milliarden Franken wert. Die UBS habe auf einer Klausel bestanden, dass der Deal hinfällig werde, wenn die Kreditausfall-Versicherungen (CDS) für die eigenen Anleihen um 100 Basispunkte oder mehr stiegen.

Die Schweizer Behörden planten, die Gesetze zu ändern, um eine Aktionärsabstimmung über die Transaktion zu umgehen, berichtete die "Financial Times" weiter. Der Deal zwischen den beiden größten Banken der Schweiz könnte bereits am Sonntagabend unterzeichnet werden.

Übernahmepläne durch UBS weit fortgeschritten

Medienberichten vom Samstag zufolge sind die Gespräche zu einer Übernahme durch die größte Schweizer Bank UBS bereits recht weit fortgeschritten. Ziel ist es demnach, noch vor Öffnung der Börsen am Montag zu einer Lösung zu kommen, um Investoren zu beruhigen. Der "Financial Times" zufolge verhandelt UBS darüber, die Rivalin Credit Suisse mit dem Segen der Schweizer Aufsichtsbehörden ganz oder anteilig zu übernehmen. Die Notfusion werde wohl zustandekommen, berichtete die allgemein gut informierte Boulevardzeitung "Blick" in der Nacht zum Sonntag. Alles deute aber "auf eine Schweizer Lösung am Sonntag" hin, schrieb "Blick": "Wenn am Montag die Schweizer Börse öffnet, könnte die Credit Suisse Geschichte sein."

Die Übernahme der zweitgrößten Bank durch die UBS soll demnach im Laufe des Tages bei einem außerordentlichen Treffen in Bern besiegelt werden, bei dem Regierung und Führungskräfte der Banken zusammenkommen. Später solle dann die Öffentlichkeit informiert werden. Eine Einigung steht der Zeitung zufolge möglicherweise kurz bevor, es gebe aber "keine Garantie".

UBS fordert Garantien in Milliardenhöhe

Ein Kauf dieser Größe wäre eine komplexe Angelegenheit: Die Schweizer Großbank UBS fordert Insidern zufolge umfangreiche Staatsgarantien für die mögliche Notübernahme der Credit Suisse. Es gehe um eine Größenordnung von rund sechs Milliarden Dollar, sagte eine mit der Sache vertraute Person am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters. Abhängig von den Bedingungen der Transaktion seien aber auch höhere oder geringere Beträge möglich. Die Garantien würden die Kosten für die Abwicklung von Teilen der Credit Suisse und mögliche weitere bisher nicht bekannte Risiken abdecken, sagten zwei Personen.

Credit Suisse "too big to fail"

Zudem könnte die Übernahme der zweitgrößten Bank des Landes durch die größte Bank bei der Schweizer Wettbewerbskommission für Stirnrunzeln sorgen. Die UBS und die Credit Suisse gehören zu den 30 Banken weltweit, die also "too big to fail" eingestuft werden, da ihre Insolvenz eine verheerende Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft haben würde.

Die Schweizer "SonntagsZeitung" sprach von der "Fusion des Jahrhunderts". Das Undenkbare werde wahr, die Credit Suisse stehe vor der Übernahme durch die UBS, schrieb das Wochenblatt. Demnach sahen Regierung, Finma und SNB keine andere Möglichkeit: Der Druck aus dem Ausland sei zu groß geworden - und die Angst, dass die taumelnde Credit Suisse eine globale Finanzkrise auslösen könnte. Eine Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS wäre die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise.

Immense Geldabflüsse bei Credit Suisse

Die Schweizer Zeitung "Tages-Anzeiger" sieht als einzigen Ausweg die Übernahme der Bank durch die UBS. Das Vertrauen der Kunden sei komplett weg, der Abfluss von Geld immens. Mehrere internationale Banken hätten ihre Geschäfte mit der Credit Suisse eingeschränkt. Da nütze auch der Kredit über 50 Milliarden Franken von der Nationalbank nichts. "Alle haben Angst vor dem Kollaps", so das Blatt.

Auch Deutsche Bank an Credit Suisse interessiert

Die Deutsche Bank ist ebenfalls am Erwerb von Teilen der Credit Suisse interessiert, sagte eine der Personen. Allerdings könnte eine Vereinbarung mit dem deutschen Geldhaus länger dauern. Ein Sprecher des deutschen Instituts lehnte eine Stellungnahme ab. Über ein Interesse der Deutschen Bank hatte zuvor bereits die Agentur "Bloomberg" berichtet.

Mit Spannung erwarteter Handelsbeginn am Montag

Die Credit Suisse war nach einer Reihe früherer Skandale zuletzt weiter unter Druck geraten - unter anderem durch die Schließung der beiden US-Banken Silicon Valley Bank und Signature Bank, die den Sektor beunruhigt hatten. Äußerungen des größten Anteilseigners aus Saudi-Arabien, der Saudi National Bank, die Investitionen in das Schweizer Institut nicht erhöhen zu wollen, schickten den Kurs dann auf Talfahrt. Trotz massiver Unterstützung durch die SNB brach der Kurs der Credit Suisse nach kurzer Erholung am Freitag erneut ein. Jetzt wird mit Spannung erwartet, ob die Großbank ein weiteres Abrutschen vermeiden kann, wenn am Montag um 09.00 Uhr MEZ der Handel an der Schweizer Börse beginnt.

Mittelgroße US-Banken bitten Behörden um Hilfe

Unterdessen bittet die Vereinigung mittelgroßer US-Banken (MBCA) die Aufsichtsbehörden einem Medienbericht zufolge um Hilfe, um einen Kunden-Ansturm auf die Geldhäuser zu verhindern. Die Institute hätten den US-Einlagensicherungsfonds FDIC um eine Versicherung für alle Kunden-Einlagen für die nächsten zwei Jahre gebeten, berichtet die Agentur "Bloomberg". Das würde unmittelbar den Abzug von Kunden-Geldern bei den kleineren Banken verhindern, schreibt die Agentur unter Berufung auf ein Schreiben der Gruppe an die FDIC. Zudem würde die Versicherung den Bankensektor stabilisieren und die Wahrscheinlichkeit weiterer Banken-Zusammenbrüche erheblich verringern. Das Vertrauen in das Bankensystem als Ganzes müsse sofort wiederhergestellt werden. Sollte eine weitere Bank zusammenbrechen, werde dies zu weiteren panikartigen Geldabhebungen bei anderen Instituten führen. Zu der MBAC gehören den Angaben zufolge etwa 110 Banken mit einer Bilanzsumme von maximal 100 Milliarden Dollar.

Angeblich Kaufinteressenten für Silicon Valley Bank

In den USA gibt es einem Medienbericht zufolge Kaufinteressenten für die zusammengebrochene Silicon Valley Bank (SVB). First Citizens BancShares erwäge ein Gebot, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Mindestens ein weiteres Unternehmen denkt demnach ebenalls ernsthaft über eine Übernahme nach. Bei SVB und First Citizens war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.

Warren Buffet: Gespräche über Bankenkrise mit US-Regierung?

Der legendäre US-Investor Warren Buffett spricht laut einem mit der Angelegenheit vertrauten Person mit hochrangigen Beamten der Biden-Administration über die Bankenkrise. Das bestätigte die Person gegenüber Reuters, wollte aber keine Einzelheiten zu den Gesprächen geben. Das Weiße Haus und das US-Finanzministerium lehnten eine Stellungnahme ab.

Mit Material von dpa und Reuters

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