Die Kritik, die dem umstrittenen 45-jährigen Tiroler Investor René Benko immer wieder entgegenschlägt: Gewinne privatisiere er und lasse sie in seinen Taschen landen. Bei Verlusten solle hingegen der Steuerzahler einspringen. Dann würden auch massenhaft Beschäftigte entlassen.
Ein weiterer Vorwurf, den vor allem Kaufhof- und Karstadt-Angestellte und Gewerkschaften erheben: Benko habe kein Interesse am Kaufhausgeschäft, für ihn seien nur die Immobilien und die Dividenden wichtig. Aktuell sind mehr als 5.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon bedroht, ihre Jobs zu verlieren. 47 von 129 Galeria-Kaufhof-Karstadt-Filialen bundesweit sollen geschlossen werden.
Anfänge des Immobilien-Auffrischers
Der geborene Innsbrucker René Benko stammt aus relativ bescheidenen Verhältnissen. Er ist Sohn eines Gaswerks-Beamten und einer Erzieherin. Bereits mit 17 Jahren tauchte er ins Immobilienbusiness ein und verließ die Schule, auch weil er zu viele Fehlstunden hatte, um zum Abitur zugelassen zu werden. Seine erste Geschäftsidee: alte Dachböden in Innsbruck kaufen, renovieren und zu Luxuswohnungen ausbauen.
Ab dem Jahr 2000 verlagerte er sein Geschäft auch nach Wien. Er gründete die Firma Immofina, die später in die Signa Holding GmbH überging, ein Unternehmen für Immobilien und Handelsbeteiligungen, mit Geschäftssitz in Innsbruck und Wien.
Der "Wirtschafts-Wunderwuzzi"
Benko baute fortan ganze Häuser aus, in besten Lagen. Schnell wurde er zum "Wirtschafts-Wunderwuzzi", wie er in Österreich genannt wird, zum genialen Aufsteiger, der alles, was er anfasst, zu Geld macht. Benko erwarb Immobilie um Immobilie und beteiligte sich an Kaufhäusern und Unternehmen in aller Welt.
So baute er unter anderem die Shoppingmall "Kaufhaus Tyrol" in der Innsbrucker Innenstadt. Er hält Anteile am Chrysler Building in New York, am Nobelkaufhaus Selfridges in London und am KaDeWe in Berlin. Einer seiner spektakulärsten Immobiliendeals ist der 245 Meter hohe Elbtower in der Hamburger Hafencity, der bis 2025 fertiggestellt werden soll. Außerdem stieg Benko ins Mediengeschäft ein und erwarb Anteile am Boulevard-Blatt Kronen Zeitung, der auflagenstärksten österreichischen Zeitung.
Der drittreichste Österreicher: Auf dem Weltparkett
Benko arbeitete sich hoch, bis zum drittreichsten Österreicher, mit einem geschätzten Vermögen von 5,6 Milliarden Dollar (Forbes 2021). Er zeigte Nähe zu einigen der wichtigsten Politikern Österreichs, wie Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) oder Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Mit Kurz war er unter anderem auf Staatsbesuch in Abu Dhabi. Kurz stellte Benko dem russischen Präsidenten Wladimir Putin als "einen der ganz großen österreichischen Unternehmer" vor.
Zwischen versuchter Korruption und Briefkastenfirmen
Doch Benko hatte auch eine Menge Ärger am Hals. 2012 wurde er wegen versuchter Schmiergeldzahlung zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Die Richterin sprach damals von einem "Musterfall von Korruption". Das Geld sollte der kroatische Ex-Premier Ivo Sanader bekommen, um mitzuhelfen, über seinen Freund Silvio Berlusconi ein Steuerverfahren in Italien gegen eine Tochter der Signa-Holding zu beschleunigen.
Laut einer WDR-Recherche benutzte Benko immer wieder Finanztricks, wie das so genannte Share-Deal-Modell, um sich die Grunderwerbssteuer zu sparen. Er arbeitete demnach auch mit umstrittenen Geldgebern zusammen und nutze Briefkastenfirmen.
Undurchsichtiges Geflecht aus hunderten Firmen
Die Signa Gruppe an sich sei ein undurchsichtiges Geflecht aus hunderten Firmen. "Benko ist jemand, der Steuern vermeidet, wo er kann. Die Gewinne aus Immobilien in Deutschland werden teilweise nach Luxemburg verschoben und wandern von dort weiter in die Benko-Familienstiftung, zu einem Teil nach Liechtenstein, mit dem Ziel Steuern zu vermeiden, so gut es geht", sagte Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit dem WDR.
2022 wurde Benko wie auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz durch Thomas Schmid belastet, den ehemaligen ÖBAG-Vorstand und Spitzenbeamten im österreichischen Finanzministerium. Schmid sagte aus, dass ein österreichischer Unternehmer ihm eine gut bezahlte Führungsposition in seinem Konzern angeboten habe. Dabei handelte es sich - laut Medienberichten - eindeutig um René Benko.
Hausdurchsuchungen bei der Signa Holding
Es sei darum gegangen, dass Schmid, aus dem Finanzministerium heraus, ein Steuerprüfungsverfahren verhindere, zu Benkos Gunsten. Dabei ging es um eine Forderung von 50 Millionen Euro, weil Benko beim Kauf des Wiener Geschäftsviertels "Goldenes Quartier" zu wenig Steuern gezahlt haben soll. Im Anschluss an diese Vorwürfe gab es Hausdurchsuchungen bei der Signa Holding. Benko hat sich nicht zu den Vorwürfen geäußert, er wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen, wobei das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
Karstadts Pleite 2009 als günstige Gelegenheit
Benko hatte schon länger ein Auge auf die wertvollen Kaufhausimmobilien der angeschlagenen deutschen Konzerne Karstadt und Galeria Kaufhof geworfen und wartete auf eine günstige Gelegenheit zuzuschlagen. Karstadt rutschte 2009 in die Pleite.
Benko versuchte 2009/2010 zunächst erfolglos, Galeria Kaufhof zu übernehmen. 2012 kaufte er dann für 1,1 Milliarden Euro 17 Karstadt-Häuser. 2018 fusionierte er Karstadt mit Galeria Kaufhof und wurde zum alleinigen Eigentümer. Er bekam damit Zugriff auf viele Immobilien in Toplage, die dann auch ordentlich aufgewertet wurden.
Höhere Miete, weniger Service, 500 Millionen Euro Dividenden
Benko ließ die Warenhäuser nach dem Shop-in-Shop-Prinzip in kleine Malls umbauen. Er erhöhte die Mieten kräftig und baute Servicepersonal ab. Tausende Angestellte verloren ihre Jobs und gleichzeitig schüttete die Signa Holding über 500 Millionen Euro Dividenden an die Aktionäre aus, dabei laut WDR-Recherche über 100 Millionen an den Aktionär René Benko selbst.
Werden die deutschen Steuermillionen je zurückgezahlt?
Silke Zimmer von der Gewerkschaft Verdi forderte gegenüber dem WDR einen Stopp dieses Geschäftsgebarens. "Benko ist nicht nur im Besitz der Immobilien, sondern auch der Warenhäuser. Die Beschäftigten fordern Investitionen in die Zukunft der Warenhäuser", sagt Zimmer. Laut WDR-Recherche ist es fraglich, ob der deutsche Staat die bei der ersten Insolvenz 2021 gezahlten knapp 700 Millionen Euro jemals zurückbekommt. Es stehe vielmehr der Verdacht im Raum, dass der deutsche Steuerzahler indirekt die fragwürdigen Immobiliengeschäfte des René Benko subventioniere.
Video: Zehn Galeria-Filialen werden dicht gemacht

Zehn Galeria-Kaufhof-Karstadt-Filialen in Bayern werden dicht gemacht. Bitter auch für die Kundschaft und die Kultur vieler Innenstädte.
"Sonntags um 11" - der Talk auf BR24.
Diskutieren Sie mit uns über das Thema der Woche - live und eine Stunde lang. Unser Thema am Sonntag, 19.03.23: "Amazon statt Kaufhof: Sind wir mit schuld an der Verödung der Innenstädte?"
Diskutieren Sie live mit uns über das Thema der Woche. Melden Sie sich unter der kostenfreien Telefonnummer 0800/80 80 789 oder per Sprachnachricht unter 0172/3 61 68 31.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!