Wer auf dem Wochenmarkt einen kleinen Becher Oliven kauft oder im Supermarkt den Ein-Kilo-Eimer griechischen Joghurt, hat damit möglicherweise ein Produkt der Firma Fürst in der Hand. Die FürstGroup aus Hallerndorf in Oberfranken hat sich auf Kunststoffverpackungen spezialisiert. Die Firma braucht dafür viele Rohstoffe und Energie. Wenn also im Bundestag über den Jahreswirtschaftsbericht 2022 debattiert wird, hören die Fürsts auch genauer hin.
Wachstum in diesem Jahr bei 0,2 Prozent
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) macht in seiner Regierungserklärung in Berlin deutlich, dass er Licht am Ende des Tunnels sieht. Die Bundesregierung erwartet in diesem Jahr nun doch keine Rezession, sondern ein leichtes Wachstum von 0,2 Prozent. Man werde die Inflation eindämmen, verspricht Habeck, die Preisspirale bei den Energiepreisen müsse durchbrochen werden.
Bei solchen Worten stutzt Firmenchefin Helen Fürst. Sie leitet auch ein Schwesterunternehmen in Frankreich. Dort beobachtet sie andere, in ihren Augen bessere Entscheidungen der französischen Regierung. In Frankreich habe man die Strompreise günstiger gehalten, sagt Helen Fürst. Im Jahr 2022 habe ihre Firma 160 Prozent mehr an Strom bezahlt als im Vorjahr.
Ampel lobt Mut zum Risiko, Opposition mahnt
Robert Habeck wird nicht müde zu betonen, dass das Wachstum in Höhe von 1,9 Prozent im Jahr 2022 auch auf das Handeln der Bundesregierung zurückzuführen sei. Die Wirtschaft habe "Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit" gehabt. Habeck spricht von Entschlossenheit und "politischer Disziplin", mit der man Krisen bewältigen könne.
Die Oppositionsparteien wollen dem grünen Wirtschaftsminister diese, wie die Fraktionsvorsitzende der Linken, Amira Mohamed Ali, sagt, "Schönfärberei" nicht durchgehen lassen. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn (CDU) erklärt: "Weniger schlimm ist immer noch schlimm." Er warnt vor allem vor der hohen Inflation.
Gehen oder bleiben? Standort Deutschland in Gefahr
Dass viele Firmen unter den aktuellen Bedingungen wie den hohen Energiepreisen ächzen, aber auch unter bürokratischen Vorgaben, ist auch der Ampelregierung klar. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Reinhard Houben, mahnt, das Pokern um die Standorte sei daher in vollem Gange.
An der Firma Fürst kann man das gut ablesen: Wenn die Strompreise weiterhin so hoch bleiben, sei die Grenze irgendwann erreicht, sagt Firmenchefin Helen Fürst. Sie schließt nicht aus, dass sich ihr Produktionsstandort mehr und mehr von Franken nach Frankreich verlagert: "Noch bleiben wir hier. Wir haben einiges an Produktion für 2023 nach Frankreich gegeben."

Wirtschaftsminister Habeck
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