In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Produktrückrufe in Deutschland mehr als verfünffacht – von 56 im Jahr 2010 auf 297 im Jahr 2019. Dazu kommen noch 454 Warnungen vor gefährlichen Konsumprodukten. Von diesen hatte es im Jahr 2010 noch 125 gegeben.
Lebensmittel und Autos besonders betroffen
Normalerweise startet ein Unternehmen einen Rückruf, wenn bei der Herstellung oder Verarbeitung eines Produkts etwas schiefgelaufen ist – und der Fehler bei der Qualitätskontrolle übersehen wurde. Am häufigsten von Rückrufen betroffen sind die Automobilbranche und die Lebensmittelindustrie. Der Airbag des Autos öffnet sich von selbst, das Hackfleisch ist voller Keime: Gerade Mängel in diesen Branchen können zu schweren gesundheitlichen Schäden führen.
Gründe für steigende Zahl von Produktrückrufen
Aus der Zunahme von Rückrufen in den vergangenen Jahren lässt sich aber nicht unbedingt folgern, dass die Qualität der Produkte in diesen Branchen gesunken ist. Denn in der Lebensmittelproduktion sind in den vergangenen Jahren die Vorschriften immer strenger geworden; der Automobilindustrie machen es mit zunehmender Globalisierung die weltweiten Lieferketten schwieriger, umfassende Qualitätskontrollen durchzuführen. Dazu kommt die generelle Bereitschaft der Unternehmen, fehlerhafte Produkte schneller vom Markt zu nehmen, als es früher der Fall war – all das lässt die Statistik der Rückrufe nach oben steigen.
Unternehmen müssen nicht unbedingt Rückruf starten
Ob der Hersteller eines fehlerhaften Produkts einen Rückruf startet, liegt dabei meist in seinem eigenen Ermessen. Denn wenn das Unternehmen der Ansicht ist, dass kein allzu großer Schaden entstehen kann, kann es die Ware auch auf dem Markt belassen – allerdings auf eigenes Risiko. Bei schwerwiegenden Mängeln können die zuständigen Behörden einen Hersteller jedoch zu einem Rückruf verpflichten, notfalls auch gerichtlich.
Ein Rückruf kann das Unternehmen neben einem Imageverlust auch viel Geld kosten: Die eingezogenen Produkte müssen gelagert, wegen versicherungstechnischer Fragen untersucht und dann entsorgt und vernichtet werden. Wie hoch die Kosten für einen Rückruf sind, darüber schweigen sich die Unternehmen jedoch meistens aus.
So erfahren Kunden von Rückrufen
Da das Unternehmen meist nicht weiß, wer genau seine Produkte gekauft hat, informiert es die Kunden über Medien, Online-Portale oder auch durch einen Aushang beim Händler. Darin steht, bei welchem Produkt ein Fehler aufgetreten ist, um welchen Fehler es sich handelt und welche Risikogruppe – bei Spielzeug zum Beispiel Kinder - besonders betroffen ist.
Was Betroffene tun sollten
Der Kunde, der von einem Rückruf betroffen ist, wendet sich am besten an den Händler. "Prinzipiell habe ich als Verbraucher immer das Recht auf einwandfreie Ware. Dann bekomme ich beim Händler entweder das Produkt ersetzt oder das Geld ausgezahlt. Wenn offiziell ein Rückruf stattgefunden hat, brauche ich dafür nicht einmal einen Kassenzettel", erläutert Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern.
Verbraucher können fehlerhafte Produkte melden
Wenn einem selbst ein Produktmangel auffällt, kann man diesen - auch anonym - den zuständigen Behörden melden. Bei Automobilen ist das das Kraftfahrt-Bundesamt, bei Lebensmitteln und Kosmetika ist die Lebensmittelüberwachung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständig. Aber man kann auch den Hersteller direkt kontaktieren. Dieser muss dann die für die Marktüberwachung zuständige Behörde informieren. In Bayern sind das die Gewerbeaufsichtsämter bei den Regierungen. Wenn ein Hersteller die entsprechende Behörde nicht rechtzeitig von einem Produktmangel unterrichtet, droht ihm eine Geldbuße von bis zu dreitausend Euro.
Informationen zu Rückrufaktionen finden Sie auf den Internetseiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, in der Rückrufdatenbank des Kraftfahrt-Bundesamts oder beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Produktrückrufe aus allen Branchen listen die privat betriebenen Portale produktrueckrufe.de oder produktwarnung.eu. auf.
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