Angehöriger und Pflegeheimbewohnerin mit Rollator im Heim
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Für Angehörige ist die Suche nach einem geeigneten Pflegeheimplatz oft schwierig und kostet viel Zeit

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Pflegeheime: So finden Angehörige einen guten Platz

Plätze in Pflegeheimen sind rar. Zudem fällt die Suche nach einem sicheren und guten Heimplatz oft schwer. Doch es gibt Kriterien, auf die Angehörige achten können.

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Wenn Angehörige für pflegebedürftige Familienmitglieder einen Heimplatz suchen, kann das schwierig werden. Trotz neuem "Pflege-TÜV" und Daten, die die Heime und der Medizinische Dienst erheben, ist es für Angehörige oft schwer, einen guten Heimplatz zu finden. Wer die Daten einsehen will, braucht in Bayern die Einwilligung der Pflegeheime.

Verzweifelte Suche nach einem Heimplatz

Dorothee Möhle durchlebte eine Odyssee: Ihre 82-Jährige Tante aus Nordrhein-Westfalen war im August überraschend ins Krankenhaus gekommen. Schnell wurde klar, dass sie einen Pflegeheimplatz brauchte. Vom Sozialdienst erhielt die Nichte eine Liste mit Adressen, die sie abtelefonierte. "Ich dachte, ich rufe drei oder vier an, dann wird sich schon etwas ergeben. Nach 20 Absagen war ich dann schon ziemlich frustriert", erinnert sich Dorothee Möhle.

Die 50-Jährige ist die einzige Verwandte. Ihre Tante im Rollstuhl zu sich zu holen, war unter anderem wegen der vielen Treppen in ihrem Haus keine Option. Die Nichte suchte sowohl am Heimatort ihrer Tante, als auch nahe der eigenen Familie im Landkreis Eichstätt. Bei rund 60 Heimen fragte sie telefonisch an – in ihren Mittagspausen.

"Ich hätte jeden Platz genommen"

Trotz der Notlage wünscht sich Dorothee Möhle einen sicheren und guten Platz für ihre Tante. Doch wie Pflegeheime wirklich aufgestellt sind? Solche Informationen sind kaum zu bekommen. Mangelnde Transparenz beklagt auch die Bertelsmannstiftung. Zwar dokumentieren Pflegeheime ihre Qualität, doch Angehörige bekommen diese Einblicke kaum zu Gesicht. Denn in den meisten Bundesländern müssen die Heime ihre Qualitätsstandards nicht offenlegen.

Transparente Informationen in den Online-Listen fände Dorothee Möhle gut, aber "in der konkreten Situation, muss ich zugeben, habe ich nicht mehr darauf geschaut, welche Qualitätsstandards dieses Heim erfüllt. Weil soweit bin ich gar nicht gekommen in der Suche, ich hätte jeden Platz genommen, den ich gekriegt hätte." Seit sechs Monaten hofft sie nun auf einen Platz. Bei 20 Heimen steht die Tante inzwischen auf der Warteliste.

Heimplätze sind Mangelware

Am Pflegestützpunkt Eichstätt helfen Berater individuelle Wünsche zu erfüllen, wo es nur geht. Doch selbst ein wohnortnahes Heim, welches die meisten suchen, ist derzeit kaum zu finden. Vor allem, wenn der Pflegefall akut eintritt. Und das ist eher die Regel als die Ausnahme, wie Florian Hopfenbeck, Berater am Pflegestützpunkt Eichstätt bestätigt. "Das ist für uns eine sehr, sehr frustrierende Situation, wir haben das Gefühl wir verwalten Not und Elend."

Langfristige Suche und "richtiges Bauchgefühl"

Wohnortnähe ist oft das wichtigste Kriterium bei der Wahl eines Pflegeheimplatzes. Auch für Werner Pluta aus Altötting. Seine Mutter lebte in einer Wohnanlage ganz in der Nähe. Weil sie immer schlechter sehen konnte, suchten sie schon länger nach einem Pflegeheim – und fanden mit Glück eines in direkter Nachbarschaft: St. Klara in Altötting.

Werner Pluta verließ sich beim ersten Besuch des Pflegeheims vor allem auf sein Bauchgefühl und den Eindruck vor Ort: Der Gang im Erdgeschoss schien zuerst zu dunkel für die schlecht sehende Mutter. Doch schon eine Etage darüber war es schön hell. "Es ist Helligkeit, es ist die Freundlichkeit, es ist das Ambiente, wenn man reinkommt. Es ist etwas Gemütliches, etwas Heimeliges", beschreibt Werner Pluta seine Eindrücke. Inzwischen lebt Wilhelmine Pluta seit Januar in St. Klara. Sie ist gut angekommen im Heim. Ihr Sohn ist erleichtert. Er hat die richtige Wahl getroffen und weiß seine Mutter gut aufgehoben.

Woran erkennt man ein gutes Heim?

Pflegeexperte Claus Fussek hat sein Leben lang Beschwerden von Betroffenen und Angehörigen auf den Tisch bekommen. Doch so langsam packt er zusammen: Er geht in den Ruhestand. Mit seinen fundierten Einblicken gibt er seit mehr als 40 Jahren Tipps zur Heimsuche: "Man muss das Gefühl haben es ist ein angstfreies Arbeitsklima, das Personal ist freundlich. Das zweite ist natürlich die fachärztliche Versorgung: Kommt ein Zahnarzt, kommt ein Geriater, und ist dort gelebte Hospizkultur, kann man sicher sein, wenn man am Ende des Lebens ist, dass da eine würdevolle palliative Versorgung garantiert ist?"

Auf eine Bewertungsskala im Internet sollten sich Suchende nicht verlassen, sagt Fussek. Denn die Dokumente der Häuser seien oftmals geschönt. "Wir brauchen mehr Ehrlichkeit: Ich fordere die Pflegekräfte auf, endlich nur noch das zu dokumentieren, was sie tatsächlich leisten können, ist ja absurd zu jammern: 'wir kollabieren, wir können nicht mehr' und gleichzeitig präparieren sie das Haus für die Kontrollen um dann zu sagen: 'Wir haben die Note 1,2'."

Ehrliche Transparenz: Das ist für Heimleiter Georg Sigl-Lehner in St. Klara in Altötting ein Grundsatz. Er hört den Angehörigen zu. Als ausgebildeter Krankenpfleger setzt er sich stark für ein ehrlicheres Bild vom Pflegeberuf ein. Vorkommnisse wie im Skandalheim am Schliersee mit abgemagerten, verwahrlosten Bewohnern machen den Ruf der ganzen Branche schlecht. Die Kontrollen laufen falsch, sagt Sigl-Lehner. "Anstatt dass fünf Prüfer an einem Tag in eine Einrichtung kommen, möge doch bitte ein Prüfer an fünf Tagen oder auch zwei Prüfer an fünf Tagen kommen, und wirklich mit sehr offenen Augen in die Einrichtung hineinschauen. Weil dann bekommen sie ein Gefühl, ob in der Einrichtung Qualität gelebt wird."

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