Ein rauchender Kamin steht auf einem mit Neuschnee bedeckten Dach im bayerischen Ruderatshofen im Sonnenschein.
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Ein rauchender Kamin steht auf einem mit Neuschnee bedeckten Dach im Sonnenschein.

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Noch mehr Energiesparen trotz Kälte – wie soll das gehen?

Die Temperaturen drehen derzeit ins Minus. Angesichts der Kälte stellt sich die Frage, ob Deutschlands Gasreserven reichen. Die Bundesnetzagentur ruft die Verbraucher auf, noch mehr zu sparen. Doch wie soll das gehen?

Nur noch einzelne Räume heizen oder den Regler auf 19 Grad drehen: Menschen in Bayern sparen beim Heizen – trotz winterlicher Kälte. Das belegen auch die Zahlen der Bundesnetzagentur. Im Vergleich zu den letzten vier Jahren haben die Bürger in Deutschland Anfang Dezember 13 Prozent weniger geheizt. Aber "das reicht nicht", sagt der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller: "Wir dürfen nicht nachlassen." Er hält 20 Prozent Einsparung für nötig. Zwar sind die Gasspeicher mit 95 Prozent sehr gut gefüllt. Doch beim Gasverbrauch sei die Lage angespannt.

Grafik: Füllstände der Gasspeicher in Deutschland

Sparen für den Extremfall

Der Geschäftsführer der "Initiative Energien Speichern", Sebastian Bleschke vertritt fast alle Betreiber der deutschen Gasspeicher und hat die extremsten Szenarien durchkalkuliert: "Wenn es ganz extrem kalt wird, wie zum Beispiel 2010, wenn es so knackig kalt wird, dann kann es zu einer Gasmangelsituation kommen, vor allem im März." Wenn man auf die Extremsituationen vorbereitet sein will, müsse man noch mehr sparen.

Kritisch werde die Situation, wenn die Temperaturen im Schnitt pro Monat auf minus vier Grad und kälter sinken würden. Das sei derzeit nicht der Fall. Dennoch ruft Bleschke weiter zum Gassparen auf, dass Deutschland am Ende des Winters nicht das Gas ausgehe.

"Mehr Sparen möchte ich nicht"

Jetzt wo die eisige Winterzeit beginnt, fragen sich viele, ob sie noch weiter sparen sollen. Bei Temperaturen von minus fünf Grad sagten Passanten in der Münchner Innenstadt beispielsweise: "Mehr Sparen möchte ich nicht, ein Raum muss schon warm sein." Stattdessen sollten Läden ihre Temperaturen runterdrehen und damit Gas sparen. Auf die Verbraucher, so der Geschäftsführer der "Initiative Energien Speichern" Sebastian Bleschke, entfallen 50 Prozent des Gasverbrauchs. Die andere Hälfte verbrauche die Wirtschaft, vor allem die Industrie. Das Sparen wird damit zur geteilten Herausforderung.

So können Verbraucher im Winter noch stärker sparen

  • Die Verbraucherzentrale Bayern rät zu digitalen Heizkörperventilen, um auf 20 Prozent Einsparung zu kommen. Jedes Grad weniger im Haushalt bringe fünf Prozent Einsparung. Allerdings soll die Raumtemperatur wegen der Gefahr von Schimmelbildung 16 Grad nicht unterschreiten.
  • Heizkörper sollten möglichst nicht mit Vorhängen verdeckt oder mit Möbeln zustellt werden, da sich die Wärme dann nicht gleichmäßig im Raum verteilen kann. Ein Sofa solle laut Verbraucherzentrale mindestens 30 Zentimeter Abstand zur Heizung haben. Ebenso wichtig sei es, die Heizkörper sauber zu halten, da Staubablagerungen die Heizleistung mindern.
  • Wenn die Heizung gluckert oder unterschiedlich warm wird, könnte Luft im System sein. Das verbraucht mehr Energie. Die heiße Luft können Bewohnerinnen und Bewohner mit einem "Entlüfterschlüssel" selbst aus dem heißen Heizkörper lassen.
  • Besser ist es, die Fenster für wenige Minuten ganz zu öffnen, statt sie dauerhaft zu kippen. Durch das Stoßlüften wird die Luft im Raum schnell ausgetauscht, ohne dass die Wände innen auskühlen.
  • Wer prüfen will, ob die Fenster überhaupt dicht sind, kann ein Blatt Papier zwischen den Rahmen und das geschlossene Fenster klemmen. Wenn sich das Blatt wieder herausziehen lässt, ist das Fenster undicht. Um Heizverluste zu verringern, können Verbraucherinnen und Verbraucher die Dichtung erneuern.

Mehr Sparen geht für manche nicht

Tobias Utters vom Landes-Caritasverband Bayern befürchtet, dass gerade Leute in den unteren Einkommensschichten diesen Winter in Schwierigkeiten geraten könnten. Oftmals wohnen sie in weniger gut isolierten Wohnungen, die mehr Energie verbrauchen. Bei Minusgraden würden die Betroffenen zwar nur das Nötigste heizen, dabei aber Schulden riskieren. Er rechnet Anfang des kommenden Jahres mit einem hohen Andrang in den Sozialberatungsstellen, wenn die Heizkosten abgerechnet werden und Menschen ihre Rechnungen nicht mehr begleichen können.

Die Malteser in Augsburg haben zuletzt auch erste Fälle registriert, in denen Menschen nicht mehr in ihrer Wohnung bleiben konnten, weil sie diese nicht heizen konnten. So sind die Malteser etwa im Landkreis Aichach-Friedberg auf einen Mann gestoßen, der wegen der Kälte in seiner Wohnung in eine Notunterkunft mit Holzofen umziehen musste. Malteser-Sprecherin Christiane Martine geht davon aus, dass er nicht der letzte gewesen sein wird und sagt: "Ich rechne damit, dass da noch deutlich mehr Menschen auf uns zukommen werden."

Absicherung: Gas aus Norwegen, Holland und Belgien

Grundsätzlich sei die Versorgung gesichert, so die Bundesnetzagentur. Außerdem bekomme Deutschland jetzt Gas aus verschiedenen Quellen. Drei Terminals für Flüssiggas werden demnächst liefern - aus Norwegen, Holland und Belgien.

Grafik: Füllstände der für Bayern wichtigen Gasspeicher

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