Viele Unternehmen aus Niederbayern und der Oberpfalz sind eng mit der chinesischen Wirtschaft verbunden. Sie verfolgen die China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz daher mit besonderem Interesse.
Für die niederbayerische Wirtschaft ist China vor allem beim Export einer der wichtigsten Handelspartner, wie die IHK Niederbayern auf BR-Anfrage bestätigt: Die Rahmenbedingungen im Handel mit China würden für niederbayerische Unternehmen jedoch seit der Corona-Pandemie immer schwieriger. "Zum einen ist es daher wichtig, nach Möglichkeit die Abhängigkeiten zu reduzieren. Zum anderen ist aber auch klar, dass unsere Unternehmen auf den Handel mit China nicht verzichten können, wenn sie auch in Zukunft global erfolgreich sein wollen."
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China wichtiger Handelspartner
Für die Oberpfalz ist China nach den USA zweitwichtigster Handelspartner. Laut Dominique Mommers, Abteilungsleiterin International bei der IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim, haben rund 350 Firmen im IHK-Bezirk Geschäftsbeziehungen zu China. 100 davon sind mit Niederlassungen oder Produktionsstätten sogar direkt in China vertreten. Knapp 200 Firmen exportieren in das Land, etwa 90 importieren.
Die meisten dieser 350 Unternehmen und Betriebe kommen laut IHK aus den Branchen Elektronik, Textilien, Elektrotechnik, Maschinen und Chemie. "Natürlich beobachten wir mit großer Sorge, dass das Zugpferd China gerade stark lahmt", sagte Mommers dem BR. Nichtsdestotrotz bleibe dieser Markt wie auch in Niederbayern wichtig für die Unternehmen: "Und auch trotz wirtschaftspolitischer Spannungen, die immer wieder auftauchen, macht es keinen Sinn diesen Markt aufzugeben. Er wird weiterhin wichtig für die Unternehmen bleiben."
Komponenten, die gebraucht werden, kommen aus China
Das bestätigt auch Andreas Schmidbauer von der Straubinger Maschinenbau-Firma Strama: "China ist für uns ein wichtiger Markt. Wenn der Markt wegbricht, haben wir ein Problem – dann müssen wir Ersatzmärkte erschließen." Strama macht einen großen Teil ihres Umsatzes über China, die Firma hat auch einen Standort dort, an dem 100 Mitarbeiter beschäftigt sind. Abhängig sei man vor allem bei Lieferketten: Schmidbauer sagt, zehn bis 20 Prozent der Komponenten, die man zum Bauen brauche, kommen aus China. Eine Umstellung der Lieferketten würde mindestens fünf Jahre dauern.
"Enorme Bedeutung" Chinas für Unternehmen
Ein weiteres Beispiel für enge Verflechtungen mit China ist der Automobilzulieferer Grammer mit Sitz in Ursensollen im Landkreis Amberg-Sulzbach. Dort hat der chinesische Autozulieferer Ningbo Jifeng 2018 die Mehrheit der Anteile übernommen. Während der Pandemie hat der Investor 20 Millionen Euro zugeschossen und kürzlich auch die 40 Millionen Euro teure Konzernzentrale finanziert. Grammer betreibt außerdem zwei eigene Werke in China. Als weltweit größter Einzelmarkt für Pkw und Nutzfahrzeuge habe China für das Unternehmen eine "enorme Bedeutung", heißt es im Geschäftsbericht. Vom letztjährigen Gesamtumsatz, 400 Millionen Euro, wurden etwas weniger als 20 Prozent in China erwirtschaftet.
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Chinesische Investoren in Niederbayern
Ohne China würde es aus wirtschaftlicher Sicht auch im 2.000-Einwohner-Ort Aholming im Kreis Deggendorf nicht gehen: Im Jahr 2020 haben chinesische Investoren hier die Firma MueTec für 25 Millionen Euro gekauft: "Sie waren die Gewinner des Verkaufsprozesses – es gab auch deutsche Interessenten, aber deren Gebote haben nicht im Ansatz den Firmenwert widergespiegelt", sagt Michael Fröschl im BR-Interview. Die deutsche GmbH sei aber weiterhin eigenständig. Fröschl ist CEO der Firma MueTec, ein weltweiter Anbieter von optischen Mess- und Inspektionssystemen für die Halbleiterindustrie. Heißt: Es werden Geräte für Firmen gebaut, die Chips herstellen. Für ausländische Investoren wie der chinesischen Firma TZTEK Technology ist das interessant.
Im Gespräch klingt durch: Kleine und mittelständische Unternehmen haben es in Bayern nicht leicht – China jedoch hat investiert. Doch Fröschl betont: Es sei vertraglich eindeutig geregelt, dass die Firma 30 Jahre in Deutschland bestehen muss. Auch hier: Vorsicht und Absicherung.
Bayerisches Know-How soll in Bayern bleiben
Wie Fröschl sagt, sei man aber mit den chinesischen Investoren zufrieden, sie wollen den Standort Aholming stärken: "Wir planen einen Erweiterungsbau in Aholming, der ohne unsere chinesischen Investoren nicht machbar wäre." Seit der Übernahme der Chinesen seien zudem zehn neue Mitarbeiter eingestellt worden. Bestehende Vorurteile gegenüber China könnte er nicht bestätigen – dennoch klingt auch hier Vorsicht durch: "Prognosen und Daten werden zwar ausgetauscht, aber wir tauschen kein Know-How aus, das bleibt bei der deutschen GmbH". Seine Aussage verdeutlicht die wirtschaftliche Gratwanderung bei Geschäften zwischen China und Deutschland, zwischen Partner und Konkurrent.
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