Ein Mann fällt mit einer Kettensäge im Regenwald des Amazonas einen Baum.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Werner Rudhart

Die EU-Mitgliedsländer haben einem Gesetz zugestimmt, das den Handel von Produkten verbietet, wenn dafür Regenwälder neu abgeholzt wurden.

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Regenwaldschutz: Wie die EU neue Rodungen bekämpfen will

Europa steht immer wieder in der Kritik, durch sein Konsumverhalten zur Zerstörung des Regenwalds beizutragen. Die EU-Staaten haben deshalb nun ein Gesetz verabschiedet, das neue Rodungen unterbinden soll. Bei Verstößen drohen Firmen massive Strafen.

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Intensiv haben die EU-Mitgliedsländer mit dem EU-Parlament verhandelt, zustande gekommen ist ein Gesetz, das die Abholzung des Regenwaldes zum Beispiel im südamerikanischen Amazonasgebiet deutlich reduzieren soll: Produkte wie Soja, Kaffee, Holz und Palmöl dürfen demnach künftig nur noch in der EU verkauft werden, wenn dafür nach 2020 keine Wälder gerodet wurden.

Unternehmen müssen Sorgfaltserklärung abgeben

Wie aus einer Mitteilung der EU-Mitgliedsstaaten hervorgeht, stimmte der Ministerrat am Dienstag in Brüssel dem entsprechenden Gesetz zu "entwaldungsfreien Lieferketten" zu, das vorher mit dem Europaparlament ausgehandelt worden war. Konkret müssen Unternehmen künftig vor der Ein- oder Ausfuhr solcher Waren eine Sorgfaltserklärung an die zuständigen Behörden abgeben abgeben, dass für ihr Produkt nach dem 31. Dezember 2020 kein Wald gerodet oder geschädigt wurde.

Hierzu zählt auch die Umwandlung von Urwäldern in Plantagenwälder. Die Sorgfaltspflicht soll dabei auch den Schutz von Menschenrechten und Rücksicht auf Interessen der betroffenen indigenen Völker einschließen. Die Regeln gelten auch für weiterverarbeitete Produkte wie Schokolade, bedrucktes Papier oder Möbel aber auch Leder und Rindfleisch. Größere Unternehmen haben bis Dezember 2024 Zeit, die Vorschriften umzusetzen, für kleinere Firmen greift das Gesetz ab Juni 2025.

Europa für großen Teil der Rodungen verantwortlich

Laut EU-Parlament gehen die Rodungen zwischen 1990 und 2020 zu zehn Prozent auf den Konsum von Verbraucherinnen und Verbrauchern in der EU zurück. Vonseiten der EU-Staaten hieß es: "Die Hauptursache für die weltweite Entwaldung und Waldschädigung ist die Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzflächen."

Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO wurden in dem Zeitraum insgesamt 420 Millionen Hektar Wald in landwirtschaftlich genutzte Fläche umgewandelt. Das ist eine Fläche größer als die gesamte EU. Mehr als zwei Drittel der verbrauchten Flächen entfallen auf Palmöl und Soja.

Bundesregierung begrüßt Einigung innerhalb der EU

Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bezeichnete das Gesetz als Meilenstein: "Auch wir in Europa tragen mit unserem Konsum zur Abholzung von Wäldern in Afrika, Südamerika und Südostasien bei." Man dürfe die Menschen in den Erzeugerländern mit der neuen Gesetzgebung nicht alleinlassen, deshalb unterstütze man gerade Kleinbäuerinnen und Kleinbauern dabei, ohne Entwaldung zu produzieren und dies auch nachzuweisen. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) betonte: "Unsere Aufgabe ist es, die Wälder für die Zukunft unserer Kinder und Enkel zu schützen."

Bei Verstößen drohen empfindliche Strafen

Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss mit hohen Geldstrafen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes in der EU rechnen. Zudem sollen Firmen vorübergehend von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden können.

Für die Festsetzung der Strafen sind die Mitgliedstaaten verantwortlich. Wie scharf die Regeln überwacht werden, richtet sich nach der Einstufung der Herkunftsländer in drei verschiedene Risikoklassen. Bei Hochrisikoländern haben Behörden in den EU-Staaten künftig neun Prozent der Waren und Importeure zu überprüfen, in den anderen Ländergruppen drei beziehungsweise ein Prozent.

Umweltschutzorganisationen zweifeln Wirkung der Regelung an

Die Deutsche Umwelthilfe sprach in Berlin von einem "historischen Tag für den internationalen Wald- und Klimaschutz". Die gemeinnützige Organisation mahnte bei der Bundesregierung aber zugleich "risikobasierte Kontrollen und wirksame Sanktionen" an.

Auch die Umweltschutzorganisation WWF fordert, dass nun Kontrollbehörden in Deutschland, etwa der Zoll, deutlich verstärkt und Regelverstößen mit abschreckend hohen Strafen geahndet werden. Kritiker haben Zweifel, ob die EU der Entwaldung in Drittstaaten wirklich kontrollieren kann.

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